Deutschklassen an Schulen:Besser, aber immer noch nicht gut

Mädchen in Schulklasse

Symbolbild: Fast ein Drittel der Grund- und Mittelschüler im Landkreis Freising hat einen Migrationshintergrund. Wer nicht gut deutsch spricht, kann spezielle Deutschklassen besuchen.

(Foto: dpa)

Ein Drittel der Grund- und Mittelschüler im Landkreis Freising hat einen Migrationshintergrund. Wer kein oder kaum Deutsch spricht, besucht Deutschklassen. In den Regelklassen aber bräuchte es noch mehr Lehrer für eine bessere Förderung.

Von Gudrun Regelein, Landkreis

Unter den vielen Asylbewerbern, die vor drei Jahren in den Landkreis kamen, waren auch schulpflichtige Kinder. Die Schulen traf das unvorbereitet. Plötzlich hatten sie Kinder und Jugendliche in ihren Klassen, die kaum oder nur wenig Deutsch sprachen. Viele waren nicht einmal alphabetisiert, andere durch ihre Erlebnisse traumatisiert.

Aufgefangen wurden sie in Übergangsklassen, die mittlerweile Deutschklassen heißen. Aktuell hat fast ein Drittel der 9248 Grund- und Mittelschüler im Landkreis einen Migrationshintergrund, wie Schulamtsleiterin Irmintraud Wienerl berichtet. Es sind freilich nicht alles Flüchtlingskinder, und es "bedeutet nicht automatisch, dass alle dieser 2801 Schüler auch einen Förderbedarf haben", so Wienerl. Diejenigen Schüler mit nur geringen oder ohne Deutschkenntnisse besuchen eine der vier Deutschklassen an Mittelschulen im Landkreis. Dort liegt der Fokus auf dem Erlernen der deutschen Sprache, vermittelt von speziell geschulten Lehrkräften.

Die Schüler verstehen sich auch untereinander oft nicht

An der Paul-Gerhardt-Schule in Freising gibt es eine Deutschklasse für die 7., 8. und 9. Jahrgangsstufe mit maximal 16 Schülern. "Das liegt an der hohen Fluktuation, die wir haben", sagt Schulleiterin Karin Buchner. Hauptproblem in dieser Klasse seien die unterschiedlichen Herkunftsländer, die Schüler würden sich oft auch untereinander nicht verstehen. "Für die Klassenleiterin ist das eine Riesenaufgabe, bei den unterschiedlichen Levels alle miteinander zu organisieren - und dann immer wieder Neue integrieren zu müssen", schildert Buchner. Kontinuität sei so kaum möglich. Für diese Klasse an ihrer Schule gebe es eine Warteliste, nicht alle Anfragen können erfüllt werden.

An der Mittelschule Lerchenfeld läuft die Deutschklasse als gebundene Ganztagsklasse. Das sei optimal, denn so hätten die Teilnehmer den ganzen Tag über Kontakt zu deutschen Schülern, sagt Schulleiter Thomas Dittmeyer, "und können die Sprache noch schneller lernen." Weiterer Vorteil: Bei einer gebundenen Ganztagsklasse gebe es zusätzliche Lehrerstunden für einen differenzierten Unterricht, der sich am Leistungsstand des einzelnen orientiert. Fünft- und Sechstklässler - derzeit sind es 17 - besuchen diese Deutschklasse. Für den Klassenleiter sei es, alleine schon wegen der großen Leistungsunterschiede, ein anspruchsvoller Job, sagt auch Dittmeyer. Christina Sojer leitet eine der beiden Deutschklassen an der Moosburger Mittelschule. "Das ist eine sehr spannende Aufgabe", sagt sie. Derzeit neun Schüler aus der 5. und 6. Jahrgangsstufe sind in ihrer Klasse. "Arbeitsintensiv sind für mich vor allem die Vorbereitung der Stunden für die doch sehr heterogene Gruppe", berichtet Sojer. Denn alle sollen einen Lernerfolg haben. Ziel sei, nach spätestens eineinhalb Jahren wieder in die Regelklasse zurückkehren zu können.

Keine Deutschklassen an Grundschulen

Im Landkreis gibt es derzeit Deutschklassen nur an den Mittelschulen, nicht aber an Grundschulen. Für die zweiten Klassen habe man vor Beginn des Schuljahres eine Abfrage gemacht, "aber der Bedarf war nicht zwingend gegeben", erklärt Schulamtsleiterin Irmintraud Wienerl. Aber auch in den Regelklassen gebe es eine besondere Unterstützung: 230 Lehrerwochenstunden für Deutsch-Förderkurse sind an den verschiedenen Grund- und Mittelschulen in diesem Schuljahr eingeplant. Optimal sei die derzeitige Situation in vielen Klassen aber dennoch nicht, sagt Schulleiterin Karin Buchner. "Wir haben auch dort das Problem, dass es Schüler gibt, die kein Wort Deutsch sprechen, die noch nie eine Schule besucht haben und nicht alphabetisiert wurden." An der Grund- und Mittelschule in Hallbergmoos beispielsweise gibt es relativ viele Schüler aus dem EU-Ausland, berichtet Schulleiter Rudolf Weichs. "Für die Lehrkraft ist es natürlich eine Belastung, eine Klasse zu unterrichten, in der ein oder auch mehrere Kinder sind, die nicht oder nur wenig Deutsch sprechen", sagt er. Zwar gebe es verschiedene Fördermaßnahmen - wie die Drittmittelkräfte, also externe Lehrer, die drei bis vier Stunden Deutsch unterrichten - aber für den Klassenleiter sei das dennoch keine sehr große Erleichterung. "Es wäre schon schön, wenn manche Klassen mit zwei Lehrkräften beschult werden könnten", sagt Weichs. Aber das sei alleine schon wegen des derzeitigen Lehrermangels nicht möglich.

Gabriele Potthast, Leiterin der Grundschule Marzling, dagegen ist zufrieden. Inzwischen gebe es die Vorkurse in den Kindergärten, in denen gezielt diejenigen Kinder, die noch Defizite haben, gefördert werden. Im letzten Jahr vor der Einschulung unterrichte diese Kinder zusätzlich eine Lehrkraft mit drei Wochenstunden. "Wenn die Kinder dann zu uns in die Schule kommen, haben sie gute Deutschkenntnisse", so Potthast. Zusätzlich gebe es auch noch Deutschförderstunden, bei denen ein Lehrer mit zwei Kindern zusammenarbeite.

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