Der Tag danach:Akribisches Zahlenstudium bei der CSU

Der Tag danach: Die Zeit läuft ab für Erich Irlstorfer und die CSU im Landkreis Freising.

Die Zeit läuft ab für Erich Irlstorfer und die CSU im Landkreis Freising.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der wiedergewählte Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer will wissen, wo und warum die CSU so viele Stimmen verloren hat.

Von Peter Becker, Freising

Der Tag danach: Am Montag saß Erich Irlstorfer (CSU), der alte und neue Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises, zu Hause und ließ die Ereignisse des Sonntags noch einmal auf sich wirken. Die waren dramatisch genug. Die CSU wurde bayernweit auf ein nie gekanntes Maß zurechtgestutzt. Auch im Landkreis lagen die Stimmenverluste oft im zweistelligen Prozentbereich. Antworten auf Fragen, warum dem so ist, hat Irlstorfer an diesem Montag noch nicht parat. Wie er schon am Wahlabend sagte, wird er sein Abschneiden und das der Christsozialen "Ortsverband für Ortsverband" akribisch durcharbeiten und schauen, wo es eventuell Versäumnisse gab.

Die Arbeit wird ihm dadurch nicht leichter gemacht, dass am Montagvormittag das Gerücht auftauchte, die CSU wolle nicht mehr mit ihrer Schwesterpartei CDU eine Fraktion bilden. "Dann musst du dich damit wieder beschäftigen", sagt Irlstorfer. Gegen Mittag war er zumindest diese Sorge los, als Ministerpräsident Horst Seehofer das Gegenteil verkündete. Wie die CSU auf das schlechte Abschneiden reagieren und sich auf die bevorstehenden Landtagswahlen im kommenden Jahr ausrichten wird, das vermag Irlstorfer nicht zu sagen. Dass die Christsozialen einen raueren Ton anschlagen und selbst gehörig nach rechts rücken werden, um dort die vermeintlich offene Flanke wieder zu schützen? Dazu könne er nichts sagen, meint der Bundestagsabgeordnete. Da sei weder etwas gesprochen noch entschieden.

Jeder muss die Schuld bei sich selber suchen

Irlstorfer liegt es fern, die Schuld an dem CSU-Debakel bei anderen zu suchen. "Jeder soll bei sich selbst anfangen", meinte er. Deshalb geht er gedanklich die Stationen seines Wahlkampfs noch einmal durch. Er prüft, ob er irgendwo zu wenig war, irgendwas übersehen hat. Seine Erkenntnisse will er in angemessener Zeit mit dem Kreisvorstand erörtern. Die nächsten Tage wird Irlstorfer jedenfalls mit dem Studium der Ergebnisse in den Gemeinden zubringen. Gerade in den kleinen Ortschaften im nördlichen Landkreis haben er und die CSU dramatisch verloren.

Warum, weiß Irlstorfer noch nicht. Den Leuten geht es doch offenbar gut. Aber in den Menschen hat sich Verunsicherung breit gemacht, die Angst vor den Fremden, die da plötzlich in den Dörfern aufgetaucht sind und nicht mehr weggehen. Die etablierten Parteien haben es nicht verstanden, auf dieses Gefühl der Verunsicherung Antworten zu geben und darauf, wie die Integration der Flüchtlinge gelingen soll. Für sie müssen Wohnungen gefunden werden, auch auf dem Land. Und in Gammelsdorf etwa sei es halt so, dass die Einheimischen untereinander reden, wenn da plötzlich Fremde auf der Straße auftauchen.

So studiert Irlstorfer weiterhin die Zahlen, wägt die Wahlbeteiligung vom Sonntag gegen die vor vier Jahren ab. Er will wissen, was sich hinter den Ergebnissen verbirgt. So wie in Mauern etwa, wo er gegenüber 2013 acht Prozent verloren hat. Dabei will er ermittelt haben, dass er dort diesmal nur eine Handvoll Stimmen weniger bekommen hat. In den kleinen Gemeinden verschieben sich die Gewichte rascher als in den Städten.

Andererseits sind am Sonntag acht Prozent mehr Bürger zur Wahl gegangen als noch vor vier Jahren. Und die sind offenkundig ins Wahllokal gegangen, um aus Protest AfD zu wählen. Obwohl sie vielleicht gar keine rechte Gesinnung haben, wie FDP-Kreisvorsitzender Martin Alberti aus Gesprächen herausgehört haben will. Sondern einfach, um den etablierten Parteien einen gehörigen Denkzettel zu verpassen.

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