Der größte Hof im Dorf:"Landwirtschaft ist eine Lebenseinstellung"

Der größte Hof im Dorf: Georg Schmid betreibt im Marzlinger Ortsteil Unterberghausen eine Schweinezucht und bewirtschaftet Wiesen und Ackerland.

Georg Schmid betreibt im Marzlinger Ortsteil Unterberghausen eine Schweinezucht und bewirtschaftet Wiesen und Ackerland.

(Foto: Marco Einfeldt)

Kreisobmann Georg Schmid über seine erfüllte Kindheit auf dem Bauernhof, das nötige Fingerspitzengefühl beim Führen eines modernen Betriebes und neugierige Schweine, denen es ohne das passende Spielzeug in ihrem Stall schnell langweilig wird

Von Katharina Aurich, Marzling

Vor 100 Jahren haben Georg Schmids Großeltern den landwirtschaftlichen Betrieb in Unterberghausen gekauft, das zur Gemeinde Marzling gehört. Schmid, dem der Betrieb heute gehört, wuchs mit seinen beiden älteren Schwestern auf dem Hof auf. Es machte ihm von Kindesbeinen an viel Freude, auf dem Hof mitzuarbeiten, erinnert er sich. Nach seinem Abitur stellte sich die Frage, ob er eine Ausbildung als Landmaschinentechniker machen oder aber Landwirtschaft an der TU München studieren solle. Schließlich entschied er sich für das Studium mit dem Schwerpunkt Tierwissenschaften. Seine Eltern hätten ihn nie dazu gedrängt, den Hof weiter zu führen, aber nachdem keine seiner beiden Schwestern daran Interesse hatte, entschied er sich, nach dem Studium vor 15 Jahren, den Betrieb zu übernehmen. Mittlerweile ist Schmid verheiratet, seine Frau arbeitet als Produktmanagerin, das Paar hat zwei Töchter.

SZ: Sie kennen die Ortschaft Unterberghausen, ein typisches kleines Bauerndorf, von Kindesbeinen an. Was hat sich hier im Laufe der Jahrzehnte verändert?

Schmid: Ursprünglich gab es hier acht bewirtschaftete Höfe, die unterschiedlich groß waren. Heute sind es noch vier, davon sind wir mit hundert Hektar, davon zwei Drittel Pachtflächen, der Größte. Die unbewirtschafteten Hofstellen werden als Wohnungen genutzt, manches steht auch leer.

Wie war Ihre Kindheit auf dem Bauernhof, mussten Sie viel mithelfen?

Es war kein "Müssen", sondern ich war mit Begeisterung und Freude dabei, es ist für mich immer eine Erfüllung, auf dem Hof zu arbeiten. Während meine Kumpels früher zum Fußballspielen gingen, kümmerte ich mich um die Tiere oder reparierte eine Sämaschine. Das machte mich selbstbewusst.

War Ihnen das Studium nicht zu theoretisch?

Nein, gar nicht, es war eine Bereicherung. Wir behandelten viele Themen, die auch in der Praxis relevant sind. Außerdem lerne ich ja immer weiter, die Landwirtschaft ist ständig im Wandel und manchmal krame ich etwas hervor, was wir im Studium behandelten und was mir dann nach Jahren nützlich ist. Natürlich kann man gerade in der Betriebswirtschaft viel berechnen, aber es sind die kleinen, praktischen Schrauben, an denen der Landwirt drehen und den Betriebserfolg beeinflussen kann. Es geht um Fingerspitzengefühl, Erfahrung und auch die Bereitschaft, etwas Neues auszuprobieren.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht müssten doch eigentlich viele Landwirte aufhören.

Ich betrachte das langfristig. Wir hatten vor rund acht Jahren eine gute Zeit, das waren die fetten Jahre. Leider sind auch die Kosten zusammen mit den guten Preisen für landwirtschaftliche Produkte gestiegen und dann auf dem hohen Niveau geblieben. Außer der Diesel, der wurde billiger. Unsere Erlöse dagegen sind wieder deutlich gesunken. Ich spekuliere auf die Zukunft und bin überzeugt, dass sich die Preise wieder erholen.

Auf jeden Fall müssen Sie keine Arbeitskräfte mitfinanzieren.

Nein, ich bewirtschafte den Betrieb alleine, den Ackerbau erledige ich mit großen Maschinen, ein-, zweimal am Tag schaue ich bei den Schweinen nach dem Rechten. Ich beobachte die Tiere und lerne, wie es ihnen geht.

Wie halten Sie Ihre Schweine ?

Auf Spaltenböden, dadurch vermeide ich viele Krankheiten. Der Stall kann einfach desinfiziert werden, die Schweine haben trockene Klauen.

Halten Sie Ihren Schweinestall für tiergerecht?

Ich bin mir sicher, dass es den Schweinen gut geht. Schweine sind neugierig, verspielt und schlau. Deshalb erwischen Jäger ja auch Wildschweine so selten. Meine Schweine haben Spielmaterial aus lebensmittelechtem Plastik, damit ihnen nicht so langweilig ist. Die Schwänze wurden bei den Ferkeln kupiert, um das gegenseitige Schwanzbeißen zu verhindern. Man weiß nicht, warum die Tiere das machen. Sie liegen dicht nebeneinander, um sich zu wärmen, wenn neben ihrer Nase ein Schwänzchen wackelt, dann knabbern sie daran. Auf Stroh verzichte ich, da dadurch Pilze eingeschleppt werden könnten, wenn es nicht ganz trocken ist.

Welche Kulturen bauen Sie an ?

Getreide und Raps, seit kurzem auch ein wenig Erbsen, Ackerbohnen und Soja als Eiweißlieferanten, um von den Importen unabhängiger zu werden. Aber die Erntemengen schwanken sehr stark, diese Kulturen sind sehr witterungsempfindlich. Ich probiere jetzt aus, wie wir sie hier an unseren Standorten am besten anbauen können.

Sie engagieren sich auch im Bauernverband und im Freisinger Kreistag, was motiviert Sie dazu?

Wir Landwirte müssen unsere Stimmen erheben, es gibt viel zu viele Fachunkundige, die uns erklären wollen, was wir tun sollen. Wir Landwirte müssen uns noch mehr in den Gremien, wo beispielsweise neue Richtlinien zum Gewässerschutz oder Düngung erlassen werden, einbringen. Im Kreistag vertrete ich die Interessen der Landwirte.

Wir würden Sie beispielsweise die Nitratbelastung unseres Grundwassers reduzieren?

Es ist viel zu wenig bekannt, woher eine hohe Nitratbelastung des Grundwassers kommt. Das muss noch viel genauer erforscht werden. Es spielen mit Sicherheit mehrere Faktoren zusammen, es hängt beispielsweise auch vom Niederschlag ab, wie viel Stickstoff durch die Böden transportiert wird. Der Humusgehalt in unseren Böden war noch nie so hoch und gut wie heute. Wenn wir nicht düngen, geht er uns verloren. Außerdem befinden sich in den Böden unzählige Kleinstlebewesen, wir wissen einfach zu wenig, was dort genau passiert.

Sie haben den Betrieb von Ihren Eltern übernommen, die auch noch hier leben, und eine eigene Familie gegründet. Was empfehlen Sie anderen Hofnachfolgern oder Nachfolgerinnen, die keine Partner finden?

Ich habe auch eine Weile gesucht. Meine Frau kommt vom Bauernhof und hatte sich einen Landwirt als Partner gewünscht. Landwirtschaft ist eine Lebenseinstellung, das muss man mit Herzblut wirklich wollen. Die familiäre Situation auf den Höfen ist oft nicht einfach, gerade für die neue Partnerin. Ganz wichtig sind klare Verhältnisse und der Respekt der Privatsphäre. Das ist bei der räumlichen Nähe, wenn alle unter einem Dach leben, unerlässlich. Aber das Leben auf einem Bauernhof hat gerade für junge Familien viele Vorteile. Ich kann spontan einen Kaffee trinken und eine kleine Pause machen, habe keine langen Arbeitswege, wir essen gemeinsam und ich bin für meine Kinder erreichbar.

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