Der etwas andere Weihnachtsschmuck:Aufgeknüpft

Warum es in Freising nicht verwerflich ist, einen Mohrenkopf als Christbaumkugel zu haben

Birgit Goormann-Prugger

- Darf man sich die Köpfe von dunkelhäutigen Menschen mit Migrationshintergrund im katholischen Freising bedenkenlos als Christbaumkugel an den Baum hängen? Darf man nicht, findet eine Userin, die das Foto von den Kugeln im "Freisinger Mohr"-Design unlängst auf der Facebook-Seite der SZ entdeckt hat. Das Schmuckstück kann man in der Devotionalienabteilung des Diözesanmuseums käuflich erwerben.

Aber: "Geschmackvoll ist was anderes, oder? Ich bin entsetzt über so viel Gedankenlosigkeit. Tradition hin oder her. Irgendwo sollte es Grenzen geben. Die sind hier weit überschritten", so der Kommentar der Userin. Eine andere hat gar die Vision vom "aufgeknüpften" Mohren, den man sich an den Christbaum hänge, während ein Dritter die bayerische Lebensart beschwört: "Dem wos gfoit - für den is des s'Hechste." Ein weiterer gibt zu. "Ich finde da nichts Schlimmes dran. Aber ich mochte auch den Sarotti Mohr. . ."

Im Diözesanmuseum selbst ist man ob der Kritik einigermaßen überrascht, gehört der "gekrönte Afrikaner" doch seit dem Jahr 1284 zum Wappen der Freisinger Fürstbischöfe. "Der Freisinger Mohr ist ein heraldisches Zeichen der Stärke und in unser Region überaus positiv besetzt, schon weil er gekrönt ist, ein machtvoller Mensch also", erklärt Christoph Kürzeder, Direktor des Freisinger Diözesanmuseums. "Aber wenn wir damit jemandem zu nahe getreten sind, tut uns das natürlich leid, das war nicht unsere Absicht", so der Theologe und Volkskundler. Dabei gebe es auch kleine Jesulein, mit denen man den Christbaum schmücken könne - auch hier nur die Köpfe.

Der gekrönte Mohrenkopf ist das ehemalige Herrschaftszeichen der Freisinger Fürstbischöfe, traditioneller Bestandteil des Wappens der Erzbischöfe von München und Freising und derzeit auch das des amtierenden Papstes. Auch der Landkreis Freising trägt ihn in seinem Wappen. Das Diözesanmuseum war in der Ausstellung "Der Mohr kann gehen" vor einigen Jahren einmal der Frage nachgegangen, wie der Mohr eigentlich ins Wappen kam. Eine Theorie: Mit dem Bildnis des stolzen Afrikaners - Symbol für Stärke - wollte man dem mächtigen Wappentier der Wittelsbacher Herzöge, dem Löwen, etwas entgegensetzen.

Den "Freisinger Mohr" als Christbaumkugel gibt es in drei Versionen, mit weißer, blauer und roter Haube - und er erfreut sich allgemeiner Beliebtheit. Die Variante mit weißer Mütze musste sogar schon nachbestellt werden. Auch Günther Lehrmann, Vorsitzender des Historischen Vereins in Freising, konnte nicht widerstehen. "Ich finde, das ist eine ganz nette Idee und ich habe mir gleich zwei gekauft", berichtet er. Gefertigt wurde das weihnachtliche Accessoire von der Firma "Oberfränkische Glas und Design" in limitierter Auflage. Der Vollständigkeit halber sei noch Folgendes angeführt. Jedes Jahr verleiht der Landkreis Freising einen Kulturpreis, und den Preisträgern wird das Bildnis eines gekrönten Mannes afrikanischer Herkunft überreicht - auch nur der Kopf, und der steht dann im Regal.

Der etwas andere Weihnachtsschmuck: Der Kopf mit der weißen Mütze ist bereits vergriffen. Die Kritik an den "Christbaumkugeln" überrascht das Diözesanmuseum.

Der Kopf mit der weißen Mütze ist bereits vergriffen. Die Kritik an den "Christbaumkugeln" überrascht das Diözesanmuseum.

(Foto: Marco Einfeldt)
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