Süddeutsche Zeitung

Denkmalsanierung:Einfach großartig

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Die Familien Tahlhuber und Herzog haben ihre Jahrhunderte alten Häuser an der Luckengasse originalgetreu in mühevoller Arbeit saniert. Dafür sind sie jetzt mit dem Stadtbildpflegepreis 2018 ausgezeichnet worden

Von Katharina Aurich, Freising

Für die originalgetreue Sanierung ihrer drei Häuser an der Freisinger Luckengasse sind die beiden Familien Thalhuber und Herzog am Dienstag mit dem Stadtbildpflegepreis 2018 ausgezeichnet worden. Die Hausbesitzer hätten "Großartiges und etwas ganz Besonderes" geleistet, sagte Bernhard Reiml, der Vorsitzende des Stadtbildpflegevereins, der die kunstvoll gestalteten Urkunden bei einer kleinen Feier im Hof des Hauses Nummer vier überreichte.

Heidi und Volker Herzog, der als Architekt arbeitet, hatten über persönliche Kontakte die Gelegenheit, 2013 die beiden nebeneinander liegenden Häuser Nummer acht und zehn von den Besitzern des Kyrios-Verlags zu erwerben. Im Laufe der jahrelangen Renovierung hatte sich die Familie entschlossen, selbst dort zu wohnen. Denn der ehemalige Stadtheimatpfleger Norbert Zanker hatte detailliert die Geschichte der beiden Häuser aufgearbeitet, "dadurch entstand bei uns die Liebe zu den beiden Gebäuden", erzählte Herzog. Nun leben drei Generationen der Familie in den beiden Stadthäusern, die schon einige hundert Jahre alt sind und sicher noch einmal so lange hier stehen werden, vermutete der Architekt.

Während der Sanierungsarbeiten wurde die alte Substanz der Gebäude freigelegt. "Wir wollten den historischen Charakter wieder herstellen", schilderte Herzog. Dazu gehörte auch, Heizungen und Lampen unsichtbar einzubauen, denn diese gab es vor hundert Jahren schließlich nicht. Auch der Wandputz aus Kalk wurde wie früher von Hand aufgetragen. Einen Eindruck davon, wie schön es sich mitten in der eng bebauten Freisinger Innenstadt leben lässt, bekamen die Gäste der Preisverleihung im Garten des Anwesens. Hier standen früher die Gewerbegebäude der Druckerei, jetzt glitzert die Oberfläche eines Wasserbeckens, daneben lädt eine Art Lounge mit einer großen Sitzecke zum Verweilen ein, Gemüsehochbeete und Rasenflächen machen die Oase perfekt.

Auch im Anwesen Luckengasse vier der Familie Thalhuber ist im kühlen Innenhof Lebensqualität spürbar. Vor allem die Fenster in dem um 1690 errichteten Gebäude seien eine Herausforderung gewesen, schilderte Johann Thalhuber. Sie wurden aus Holz originalgetreu nachgebaut, weiß gestrichen und mussten dann in die inzwischen leicht schiefe Hauswand eingepasst werden. Denn im Laufe der Jahrhunderte hatte sich das Haus etwas verschoben, die Statik hatte sich verändert. Deshalb mussten die Balken im Dachgeschoss mit Winkeln verstärkt werden.

Früher befand sich hier die Metzgerei Hermann, das Anwesen war das "Hermannhaus", berichtete Thalhuber, der in des Erdgeschoss mit seiner Polsterei einziehen wird. Auch er hat sich inzwischen offensichtlich in das alte Haus verliebt und kennt jede Wand und jeden Winkel. Besonders stolz ist er auf den alten Brunnen, der im Hausflur mit einer Glasplatte abgedeckt zu besichtigen ist. In rund zwei Meter Tiefe schimmert das Wasser. Der Brunnen war eigentlich auf dem Hof hinter dem Haus, nachdem das Gebäude aber 1860 verlängert wurde, befand er sich mitten darin. Im ersten und zweiten Stock, wo einstmals auf dem Heuboden das Futter für die Schlachttiere gelagert wurde, gibt es jetzt mehrere Apartments mit einer Gemeinschaftsküche. "Wir haben uns an der früheren Nutzung orientiert, als hier mehrere alleinstehende Damen lebten, welche die Küche zusammen nutzten", sagte Thalhuber. Im Gegensatz zu früheren Zeiten verfügt heute aber jedes Apartment über eine kleine Mini-Nasszelle.

Beide Familien sind nun glücklich, dass sich die viele Arbeit gelohnt hat. Über die Geschichte dieser kleinen Straße berichtete Norbert Zanker, der darauf hinwies, dass hier Häuser aller Stilrichtungen stehen würden und jedes Giebelhaus einen ganz eigenen Charakter ausstrahle. Früher habe sich auf diesen hundert Metern der ganze Kosmos der Stadt im Kleinen versammelt: es gab viele Handwerker, Metzger, Bäcker und vieles mehr. "In dieser Gasse können wir heute die ganze Stadtgeschichte erleben", so Zanker.

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Quelle:
SZ vom 16.08.2018
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