Süddeutsche Zeitung

Dellnhausen:Der Powerziach

Lesezeit: 4 Min.

Martin Kraft ist mit Herz und Seele Alleinunterhalter. Sein Programm reicht von der Volksmusik bis zu Gedichten. 2015 ist der hauptberufliche Kämmerer sogar bei einem Schlagerwettbewerb auf Mallorca aufgetreten

Von Matthias Weinzierl, Dellnhausen

"Power", das heißt Kraft. Hinter dem Musiker "Powerziach" steht Martin Kraft. Da lag das Wort "Power" für den Künstlernamen gar nicht so fern. "Ziach" ist ein altbayerischer Ausdruck für Akkordeon, Quetschn. Weil die meisten Stücke, neben der Gitarre, hauptsächlich mit dem Akkordeon gespielt werden, kommt also auch dieser Namensteil nicht irgendwo her. Steht das nicht im Widerspruch zueinander, das moderne Wort "Power" und der altbayerische Ausdruck "Ziach"? Nein. "Powerziach verbindet Tradition und Moderne", kann man auf www.powerziach.de, der offiziellen Seite lesen.

Dabei wäre Martin Kraft auf den ersten Blick gar nicht so außergewöhnlich, würde man diese Seite nicht kennen. Sein Hauptberuf ist eigentlich Kämmerer im Schweitenkirchener Rathaus. Ende März hat er die Kämmerei voll übernommen, vorher nur in Stellvertretung. Die Auftritte als "Powerziach" sind zur Zeit "nur" ein Nebenberuf, dafür belegen sie bei seinen Nebentätigkeiten aber Platz 1: Vergangenes Jahr legte Kraft sein Amt als Gemeinderat nieder, um sich mehr der Musik widmen zu können: "Ich bin zurückgetreten, weil es zeitlich nicht mehr machbar war. Gemeinderat ist ein Amt, das man nicht im Vorbeigehen macht. Ich habe versucht, das mit ganz viel Zeitaufwand zu stemmen, aber stand dann vor der Entscheidung, ob ich die Musik aufgebe oder den Gemeinderat. Ich habe mir das auch nicht leicht gemacht, habe mich aber für mein Hobby, für meine Leidenschaft entschieden."

Angefangen hat es mit der Leidenschaft zur Unterhaltung schon vor fast 21 Jahren. Der erste Auftritt als Alleinunterhalter kam 1995: "Meine Frau hat mich angerufen und gesagt, dass ein Bekannter einen Musiker für ein Weinfest suche und ich dachte mir, ja gut. Ich habe ja schon vorher Musik gemacht, nur nicht so, dass ich viel aufgetreten wäre. Es hat sich so entwickelt und ist peu à peu immer mehr geworden."

2004 nahm Kraft mit Steffi Breu als Duo "Hopfen und Malz" am Josef-Eberwein-Preis auf dem ersten Dellnhauser Volksmusikfest teil. Dafür schrieb er sein erstes Lied, den "Chatroom-Zwiefachen", mit dem er und Breu den dritten Platz gewannen. Als Preis durften die beiden ihren Gewinnertitel im Funkhaus des Bayerischen Rundfunks aufnehmen. "So hat das mit dem Liederschreiben bei mir angefangen", erinnert sich Kraft.

Kurz darauf entstand auch der Name "Powerziach", unter dem Kraft ein inzwischen gut durchdachtes Alleinunterhalterprogramm anbietet: Neben der Volksmusik, die er auf Akkordeon oder Gitarre begleitet, und der Liedermacherei, schreibt Kraft kabarettistische Texte und veröffentlichte beim Spielberg-Verlag schon drei Gedichtbände in oberbayerischer Mundart, aber "wenn es von der Stimmung her passt, kann es auch sein, dass ich als Powerziach mit dem Akkordeon einen Partyschlager runter reiß".

Auch Schlager sind nämlich Martin Krafts Leidenschaft: "Mir macht beides Spaß, auf der einen Seite die Volksmusik und auf der anderen Seite diese Partyschiene. Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Ich habe angefangen, in Richtung Schlager zu schreiben und dachte mir, da möchte ich mehr machen. Der Name Powerziach passt aber in diese Mallorca-Schiene nicht, weil es ja doch eher einen bayerischen Touch hat."

Also musste ein neuer Name her - auch hier verhalf der eigene zu Inspiration - und das zweite Projekt "M.A.R.K." war geboren. "Damit am Anfang auch jeder weiß, wer hinter M.A.R.K. steht, wird dieser Name sozusagen erweitert. Es heißt dann, wenn Partyschlager und Hochstimmung pur angesagt ist, M.A.R.K. aka POWERZIACH", wird auf Krafts Homepage erläutert.

2008 stieg Kraft mit "Kühe machen Mühe" voll ins Schlagergeschäft ein und konnte vergangenes Jahr auf Mallorca musikalisch schon einen Fuß in die Tür bekommen: "Letztes Jahr war ich auf Malle und habe bei diesem Crazy Sunday mitgemacht, einem Newcomer-Wettbewerb, und war dort insoweit ganz erfolgreich, weil sie da knallhart sind. Ich sag' es mal so: Wenn man nicht von der Bühne runtergepfiffen wird, hat man schon gewonnen." Sicherlich mache man sich in Mallorca nicht von heute auf morgen einen Namen. Schön wäre es trotzdem, findet Kraft. Ende April will er deshalb noch einmal hinfliegen und versuchen, ein weiteres Mal beim Crazy Sunday aufzutreten.

Auf die Ideen für seine Lieder komme er beim Joggen oder Radfahren, weil er da den Kopf frei habe: "Ich singe dann vor mich hin und habe meistens irgendeinen Refrain im Kopf oder eine Textzeile, wo ich mir denke: das passt. Dann setze ich mich hin und baue das Drumherum", erläutert Kraft.

Seinen neusten Song, "Die beste Party ever", aber schrieb mit Daniel Gramer ein echter Profi, der unter anderem dem "König von Mallorca" Jürgen Drews schon einige Lieder auf den Leib geschneidert hat. Er erschien auf einer gleichnamigen Sampler-CD neben etablierten Künstlern wie Peter Wackel, Tim Toupet oder der Drag Queen Olivia Jones.

Bei diesem Songtitel liegt die Frage nahe, wie man denn die "beste Party ever" haben könnte. Kraft sagt, in erster Linie müsse man selber gut drauf sein. Dann brauche man gute Musik und wenn man noch Menschen um sich herum habe, die man mag, die einem sympathisch sind, habe man schon das Wichtigste für die beste Party zusammen. Alles andere sei sekundär.

Kraft liegt sehr viel an seinen Auftritten: "Ich vergleiche es immer mit einem Bungeesprung. Bevor man auf die Bühne geht, ist es so ein Kribbeln, ein angenehmes Gefühl ein Adrenalinstoß. Auch dieses unmittelbare Arbeiten und das unmittelbare Feedback, das man bekommt, gefällt mir sehr gut."

Wenn dieses Feedback schlecht wäre, müsse man auch damit leben können, sonst dürfe man nicht auf die Bühne gehen: "Man würde sich Illusionen machen, wenn man meint, dass jeder einen gut findet. Ich sage immer, man muss sich jede Kritik erarbeiten, egal ob gut oder schlecht." Auch könnten böse Zungen behaupten, um für Schlager auf die Bühne zu gehen, müsse man doch vollkommen zu sein und im Prinzip so viel Alkohol im Atem haben, dass der nächste Sänger das Mikrofon nicht mehr benutzen möchte. Kraft sieht das professioneller: "Ich bin der Meinung, ich muss immer eine amtliche Arbeit abliefern. Das ist das Wichtigste. Es ist noch nie vorgekommen, dass ich so viel getrunken habe, dass ich einen Auftritt nicht spielen könnte. Das wäre mir auch peinlich. Wobei das sowieso schwierig ist, weil ich meistens allein fahre und dann nichts trinke. Man versucht immer, das Beste zu geben und dann gelingt es in den meisten Fällen auch, die Leute mitzunehmen."

Wer sich live von Krafts Qualitäten überzeugen möchte, hat dazu viele Möglichkeiten: "Ich bin eigentlich so gut wie jedes Wochenende unterwegs. Dafür dass es nur ein Nebenberuf ist, reicht es locker aus."

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Quelle:
SZ vom 04.04.2016
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