Das Umland soll helfen:Abkühlung für München

Weil es in der Landeshauptstadt zu heiß wird, sollen "Frischluftschneisen" freigehalten werden. Doch in den Kommunen regt sich Widerstand gegen den "Baustopp"

Gudrun Regelein

Die im Landesentwicklungsprogramm (LEP) vorgesehenen Frischluftschneisen sorgen bei den betroffenen Bürgermeistern im Landkreis teilweise für große Empörung. Die Gemeinde Marzling beispielsweise hat in ihrer Stellungnahme nicht nur eine Einwendung gegen diese so genannten Kaltluftentstehungszonen abgegeben, sondern erwägt als letztes Mittel sogar eine Klage. Auch der Langenbacher Bürgermeister Josef Brückl will sich dagegen wehren - der Gemeinderat sprach sich vehement gegen diese Ausweisung aus. Denn sollte der Entwurf des LEP realisiert werden, wäre in der Gemeinde, die von regionalen Grünzügen umgeben ist, keine Siedlungsentwicklung mehr möglich.

Rechtfertigung für die Frischluftschneisen, die im Regionalplan München festgeschrieben werden sollen und neben dem Norden Freisings die Gemeinden Marzling und Langenbach tangieren, seien die steigenden Temperaturen in der Stadt München, erklärt Marzlings Bürgermeister Dieter Werner: "Im Zentrum der Stadt wird es aufgrund der Versiegelung zu heiß." Mit einem Grüngürtel entlang der Fluss- und Bachläufe im Norden Münchens soll letztendlich die Temperatur in der Stadt gesenkt werden. Im LEP heißt es dazu, dass "insbesondere in verdichteten Räumen klimarelevante Freiflächen von Bebauung frei gehalten werden sollen". Darunter seien Kaltluftentstehungsgebiete und Frischluftschneisen zu verstehen, die dann in den Regionalplänen als "landschaftliche Vorbehaltsgebiete festzulegen" sind.

Prinzipiell sei man zwar für den Klimaschutz, so Werner. Aber die geplanten Gebiete würden bis "scharf an unsere Ortsgrenze reichen" und dadurch extrem die Entwicklung der Gemeinde - gerade auch bei Bauvorhaben - beeinträchtigen. "Das alles würde bedeuten, dass wir nach außen nicht mehr frei planen können", macht Werner deutlich. Verärgert ist der Bürgermeister auch, weil die vorgelegte Kartierung nur äußerst unscharf sei. "Keiner kann genau sagen, bis wohin - 50, 100 oder auch 200 Meter an Marzling heran - diese Zonen genau gehen", sagt Werner. Das bedeute in der Konsequenz, dass bei zukünftigen Gutachten der untersuchte Bereich "immens" ausgedehnt werden müsste. Denn die Gemeinde müsse nun bei geplanten Vorhaben - wie Wohnbaugebieten - in sehr kostenintensiven Gutachten nachweisen, dass diese Zonen dadurch nicht beeinträchtigt werden.

"Wir sind genauso betroffen wie Marzling oder Freising. Und wir werden - so wie Marzling - vehement dagegen angehen", sagt die Bauamtsleiterin der Gemeinde Langenbach, Susanne Hoyer. Laut Hoyer würde die Zone vom Norden Freisings etwa entlang der B 11 mit einem Lückenschluss zwischen Isar- und Ampertal bis nach Langenbach führen. Bereits im LEP, so die Juristin Hoyer, finde sich nun zum Thema Frischluftschneise eine im Vergleich verschärfte Formulierung. War da früher noch zu lesen "soweit (die Vorhaben) der Funktion des Grünzugs nicht entgegenstehen", so sind nun bereits jene Vorhaben nicht mehr zulässig, die den "Grünzug beeinträchtigen". "Das gleicht aber nahezu einem Baustopp", macht Hoyer deutlich. Denn zukünftig wären in diesen Bereichen nur mehr Windkraftanlagen, privilegierte Vorhaben oder Straßenbaumaßnahmen möglich. Der Gemeinde bliebe dann kein Freiraum mehr bei der Planung - die Planungshoheit sowie die Entwicklungsmöglichkeiten seien äußerst beschnitten, beklagt die Bauamtsleiterin.

Die Stadt Freising dagegen wird sich erst Ende Oktober endgültig zu dem Thema Frischluftschneisen äußern. Da die Stellungnahme zum Regionalplan momentan erst erarbeitet werde, könne sie dazu konkret nichts sagen, so Margit Stetka vom Planungsamt der Stadt Freising. Eine erste Sichtung der Unterlagen allerdings habe gezeigt, dass die Kaltluftentstehungsgebiete, die in den regionalen Grünzügen vorgesehen sind, große Teile des nördlichen Stadtgebietes treffen würden. Daher behalte man sich entsprechende Einwendungen zu den Vorgaben des LEP vor. Die Stadt nehme diese Thematik sehr ernst, ebenso "wie wir auch den Umweltaspekt ernst nehmen", sagt Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher. Grundsätzlich aber würden diese Frischluftschneisen aus städtebaulicher Sicht ein "großes Problem" darstellen. Denn das Entwicklungspotenzial der Stadt gehe nach Norden - dorthin, wo die Schneisen geplant sind.

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