Das Jesuskind als Seelentrösterle::Mystische Frömmigkeit hinter Klostermauern

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Seelenkinder und verborgene Klosterschätze: Eine Weihnachtsausstellung ím Freisinger Diözesanmuseum, die eigentlich gar keine ist.

Birgit Goormann-Prugger

- Eigentlich geht es bei der neuen Ausstellung "Seelenkind" im Freisinger Diözesanmuseum gar nicht so richtig um Weihnachten und das hübsche Christkind im prächtigen Gewand. Es geht vielmehr um ein karges Frauenleben hinter dicken Klostermauern voller harter Arbeit, Einsamkeit und Entbehrungen. Den Frauen, die sich früher für den radikalen Bruch und ein Leben in klösterlicher Abgeschiedenheit entschieden hatten, sei es nun freiwillig oder oft auch aus sozialer Not heraus - erhielten beim Eintritt von ihrer Familie ein "Seelentrösterlein": Eine geschnitzte Figur eines Jesusknaben, die ihnen den Abschied von der Familie und den Beginn eines neuen Lebens erleichtern sollten. Das war hart, der Tag begann in aller Herrgottsfrühe, ohne Heizung und fließend Wasser. Fastengebote gab es für jede Gelegenheit, und Freundschaften unter den Nonnen waren nicht erlaubt. "Aber die Frauen hatten dennoch menschliche Bedürfnisse und Sehnsüchte und sie knüpften darum eine innige oft mystische Beziehung zu dem Jesuskind, das ihnen als Mitgift mitgegeben wurde", erläutert Museumsdirektor Christoph Kürzeder bei einem Presserundgang das Konzept der Ausstellung, die am Samstag, 24. November, um 17 Uhr von Kardinal Reinhard Marx offiziell eröffnet wird.

Seit dem frühen Mittelalter konnten die Eltern ihre Töchter bereits im Alter von acht Jahren oder noch früher einem Kloster zur Obhut übergeben. Was zunächst der Erziehung dienen sollte, schloss einen späteren Eintritt nicht aus. Erst um 1560 wurde festgesetzt, dass eine Postulantin mindestens 16 Jahre alt sein musste. Fern von der Familie, hinter den vergitterten Klosterfenstern, brauchten diese Mädchen Trost und aus diesem "Spannungsbogen zwischen Sehnsucht und tiefer mystischer Frömmigkeitswahrnehmung", so Kürzeder, habe sich eine eigene Kultur klösterlicher Jesuskindverehrung entwickelt, die nun im Diözesanmuseum gezeigt werde. 90 Prozent der gezeigten Exponate sind Leihgaben aus Frauenklöstern, teilweise seit Jahrhunderten verborgene Schätze, die zuvor noch nie der Öffentlichkeit präsentiert worden waren. Gezeigt wird auch eine der ältesten Einzelfiguren des Jesusknaben überhaupt, die in der Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden ist: das "Haushälterle" des Franziskanerinnen-Klosters Heilig Kreuz in Mindelheim. Diese Figur ist übrigens nackt und in ihrer Ausgestaltung auch deutlich als männliches Kind zu erkennen, was von den Nonnen zu der Zeit auch gewünscht war. "Aber die Nacktheit wurde irgendwann zu einem Problem, galt als unschicklich", erzählt Christoph Kürzeder.

Also wurden dem Jesuskind Kleider angezogen, die bald prächtiger nicht sein konnten, gefertigt aus kostbarsten Stoffen, verziert mit schimmernden Flussperlen und Halbedelsteinen, Söckchen aus Seide mit Stickereien aus Goldfäden und Schuhen mit echten Glattledersohlen. Solche trägt auch das Altenhauer "Columba-Kindl" und es geht die Legende, dass die Sohlen an den kleinen Schuhen immer durchgelaufen waren, weil das Jesuskind nachts durch die Klostergänge lief, um die Schwestern zu segnen. Zu der Ausstellung ist auch ein 390-Seiten-starker Katalog erschienen mit beeindruckenden Detailaufnahmen der vielen "Seelenkinder" und Fotos, die auch ein wenig von dem abgeschiedenen Klosterleben in heutiger Zeit erahnen lassen. Die Ausstellung dauert bis zum 10. Februar.

© SZ vom 23.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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