Das  Jahr  2015 im Landkreis:Wie Hase und Igel

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Auch der Kreis Freising muss 2015 von Monat zu Monat mehr Flüchtlinge unterbringen - eine große Herausforderung

Von Peter Becker, Freising

Wie der Wettlauf zwischen Hase und Igel, so kommt Landrat Josef Hauner (CSU) mitunter die Belegung der Unterkünfte für Asylbewerber vor. Kaum glaubt der Landkreis, sich durch Aufstellen und Genehmigungen von Sammelunterkünften etwas Luft verschafft zu haben, schon weist ihm die Regierung von Oberbayern wieder ein größeres Kontingent an Asylbewerbern zu, die er unterbringen muss. Rückblickend sagte der Landrat, 2015 sei ein besonderes Jahr gewesen. Die Zahl der im Januar 740 Asylbewerber wuchs auf 2070 im Dezember an.

Sollte sich die Prognose der Bundesregierung bestätigen, werden es in 52 Wochen noch einmal doppelt so viele Flüchtlinge sein. Sie rechnet mit einer weiteren Million Flüchtlinge, die den Weg nach Deutschland finden werden. Für den Landkreis bedeutet das, dass er in etwa noch einmal so viele Asylbewerber in seinen Grenzen unterbringen muss. Dies stellt eine weitere immense Herausforderung für die Beschäftigten im Landratsamt und die ehrenamtlichen Betreuer dar.

In der ersten Jahreshälfte schaffte es der Landkreis, sich immer so durchzulavieren. Im Sommer ging es aber Schlag auf Schlag. Erst musste das Landratsamt die Turnhalle der Wirtschaftsschule für die Unterbringung von etwa 200 Flüchtlingen requirieren. Es folgte die Sporthalle in Moosburg. Diese dient der Regierung von Oberbayern als Notquartier, wenn von heute auf morgen eine größere Anzahl von Neuankömmlingen untergebracht werden muss. Im Herbst wurde schließlich die Echinger Realschulturnhalle mit Flüchtlingen belegt.

Landrat Hauner betont immer wieder, dass es Ziel sei, die Sportstätten so schnell wie möglich wieder Schulen und Vereinen zur Verfügung zu stellen. Doch alle Mühen werden vergebens sein, wenn sich die politische Großwetterlage nicht ändert. Erst wenn die bewaffneten Auseinandersetzungen in Syrien, Afghanistan und Irak beendet sind, werden weniger Menschen nach Europa und Deutschland drängen.

Das Landratsamt hat auf die Notwendigkeiten auf jeden Fall prompt reagiert. Im November zogen die ersten Flüchtlinge von der Turnhalle der Wirtschaftsschule auf die andere Seite der Wippenhauser Straße. Dort hatte die Behörde die erste große Wohnanlage für Asylbewerber im Landkreis errichten lassen. Etwa 560 Menschen haben darin Platz. Zwischenzeitlich waren auch in das Stabsgebäude auf dem Gelände der ehemaligen Steinkaserne Flüchtlinge eingezogen.

Insgesamt verfügt der Landkreis über 80 dezentrale Gebäude. Weitere größere und kleinere Wohnanlagen sollen folgen. Hauner stellt für 2016 in Aussicht, dass Projekte in Zolling, Moosburg, Marzling, Hohenkammer, Kirchdorf und Langenbach verwirklicht werden. Weitere große Anlagen sollen in Freising an der Katharina-Mair-Straße, am Bahnhof und an der Gartenstraße entstehen. Hauner setzt auch auf Traglufthallen, zum Beispiel in Neufahrn. "Die sind schnell umsetzbar", sagt er. Einige dieser Unterkünfte laufen unter der Regie der Regierung von Oberbayern.

Die Unterbringung der Flüchtlinge ist das eine Problem, deren Betreuung das andere. Eigentlich hatte die Verwaltung geplant, den Stellenplan ordentlich auszuweiten. Doch Sozialpädagogen, welche sich um die Asylbewerber kümmern könnten, gibt es derzeit nicht. Seit Monaten kann das Landratsamt nur melden, dass der "Markt leer gefegt ist". Hausmeister sollen als "Kümmerer" künftig den Fachkräften so weit wie möglich zur Hand gehen.

56 Menschen in den Unterkünften sind Fehlbeleger. Das heißt, sie müssten sich eigentlich auf dem freien Wohnungsmarkt eine neue Bleibe suchen. Würde der Landkreis das umsetzen, so wie es die Regierung von Oberbayern es wünscht, fielen diese Menschen den Gemeinden, in denen sie untergebracht sind, als Obdachlose zur Last. "Das will keiner", betont Hauner immer wieder. Und angesichts der Menge an Flüchtlingen, die bereits im Landkreis leben oder im nächsten Jahr erwartet werden, fragt sich Hauner, wie diese Neuankömmlinge alle integriert werden können. "Das ist fast nicht zu stemmen", warnt er.

Der Landrat fürchtet, dass die bislang positive Stimmung gegenüber den Flüchtlingen irgendwann kippen könnte. Während Informationsgesprächen zu geplanten Unterkünften äußern besorgte Bürger immer wieder die Angst, sie könnten ihre Töchter und Frauen nachts nicht mehr allein auf die Straßen lassen. Polizei und Landratsamt betonen aber immer wieder, dass bislang keine Übergriffe passiert seien. Außer natürlich Rangeleien in den Unterkünften - kein Wunder, wenn eine so große Menge Menschen auf engstem Raum zusammengesperrt ist.

Landrat Hauner war denn auch froh, dass ein Brand in der Moosburger Turnhalle kürzlich "nur" durch ein Plastikteil ausgelöst worden war. Dieses war in einen Wäschetrockner geraten. Kleidung hatte Feuer gefangen. Ein Turnhallenbewohner hatte das Kleidungsstück zum Löschen in die Toilette bringen wollen, was misslang. Bis zum Eintreffen der Feuerwehr hatten andere Personen das Feuer gelöscht. Niemand war von außen in die Turnhalle eingedrungen und hatte Feuer gelegt. "Die Polizei schließt Brandstiftung aus", sagte Hauner am Tag nach dem Ereignis erleichtert.

Der Landrat lobt im Zusammenhang mit der Unterbringung der Flüchtlinge sowohl Angestellten im Landratsamt, als auch die vielen ehrenamtlichen Helfer. Ohne letztere sei alles nicht zu stemmen, sagt er. Deshalb findet für sie Ende Januar ein Helferfest in der Luitpoldhalle statt.

© SZ vom 28.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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