Das Baugewerbe im Winter:Ein Instrument, das greift

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Baufirmen nutzen verstärkt das Saison-Kurzarbeitergeld, um ihre erfahrenen Mitarbeiter auch in der kalten Jahreszeit halten zu können. Wenn es das Wetter erlaubt wie gerade jetzt, wird ohnehin durchgearbeitet.

Petra Schnirch

- Der frühe Kälteeinbruch im Dezember hat den Arbeitsmarkt nicht verschont: Bau- und Gartenbaubetriebe mussten Arbeiten im Freien ungewohnt früh einschränken oder sogar ganz einstellen. 366 Arbeitnehmer im Landkreis Freising meldeten sich im Dezember aus diesem Grund arbeitslos - allerdings haben sie die Zusage ihrer Arbeitgeber bereits in der Tasche, dass sie wieder eingestellt werden, sobald die Witterung dies zulässt. 29 Betriebe umgingen jedoch Entlassungen, indem sie Saison-Kurzarbeitergeld für insgesamt 160 Mitarbeiter beantragten.

Die Chefin der Freisinger Arbeitsagentur, Karin Weber, wirbt derzeit verstärkt dafür, dieses Instrument zu nutzen. Es müsse nicht sein, dass eingearbeitetes Personal witterungsbedingt ausgestellt werde. Vor allem kleinere Betriebe machten von dieser "praktikableren Lösung" Gebrauch, erklärt Christine Schöps, Sprecherin der Arbeitsagentur. Ihnen sei es besonders wichtig, ihre erfahrenen Mitarbeiter über die Wintermonate hinweg zu halten. Im gesamten Agenturbezirk, zu dem auch die Landkreise Erding, Dachau und Ebersberg gehören, bewilligte die Behörde bisher 77 Anzeigen für insgesamt 598 Arbeitnehmer.

Das Saison-Kurzarbeitergeld war im Winter 2006/2007 eingeführt worden, um Bauunternehmen, Gerüstbauern, Dachdeckern sowie Garten- und Landschaftsbaubetrieben zu helfen, Arbeitsausfälle in der kalten Jahreszeit zwischen Dezember und Ende März besser zu überstehen. Schon im ersten Jahr nutzen in den Landkreisen Freising und Erding 60 Arbeitgeber für insgesamt etwa 290 Beschäftigte diese Möglichkeit, wie die Agentur damals bilanzierte.

Für Prognosen in diesem Winter ist es noch zu früh, zumal nach der frühen Frostperiode sehr milde Tage folgten. Gerade bei sehr wechselhafter Witterung erlaubt das Saison-Kurzarbeitergeld jedoch große Flexibilität. Lassen es Wetter- und Auftragslage zu, kann wieder gearbeitet werden, denn selbst wenn das Geld von der Agentur bewilligt wurde, muss es nicht abgerufen werden.

60 beziehungsweise 67 Prozent ihres Nettogehalts erhalten die Mitarbeiter bei einem saisonbedingten Arbeitsausfall. Diese Vergütung wird den Arbeitgebern von der Agentur erstattet, ebenso die Sozialversicherungsbeiträge. Wird im Winter auf dem Bau trotz der Kälte dennoch gearbeitet, gibt es für die Beschäftigten einen Zuschlag von einem Euro pro Stunde - auch das gehört zum Gesamtpaket. Kreishandwerksmeister Martin Reiter lobt den größeren Handlungsspielraum durch das Saison-Kurzarbeitergeld. Insgesamt mildere Winter, aber auch besseres Material ermöglichten es auf dem Bau, oft auch in der kalten Jahreszeit weiterzuarbeiten. Die Auftragsbücher der Freisinger Unternehmen "sind bis zum Frühjahr voll." Nach starken Niederschlägen und anschließendem Frost müsse man aber selbst mit modernem Beton kapitulieren. Für seinen eigenen Trockenbaubetrieb habe er noch nie auf das Saison-Kurzarbeitergeld zurückgreifen müssen. Nur einmal, vor 27 Jahren, habe er pausieren müssen, weil es einfach zu kalt geworden sei, erinnert sich Reiter. Damals mussten die Mitarbeiter in einem solchen Fall stempeln gehen.

Was ihn stört, sind die ständigen Änderungen, etwa beim Kündigungsschutz oder der Urlaubsvergütung. Die Arbeitgeber müssten da "brutal aufpassen". Geschenkt bekämen die Unternehmen zudem nichts, betont er, da sie über Umlagen zur Kasse gebeten würden.

Gerade in einer Boomregion wie Freising, mit geringen Arbeitslosenzahlen, sei es für die Unternehmen von großem Vorteil, wenn sie ihr angestammtes Personal halten könnten, resümiert Christine Schöps. Die Tendenz, Saison-Kurzarbeitergeld in Anspruch zu nehmen, sei deshalb steigend.

© SZ vom 04.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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