Freisinger im Krisenmodus:Nicht ohne Schutz

Schachbrett in Germerng, 2020

Schachspielen am echten Brett fällt für Hans-Jürgen Werner und seinen Schach-Klub erst mal flach. Stattdessen organisieren sich die Spieler jetzt online, um virtuell gegeneinander anzutreten.

(Foto: matthiasdoering.com)

Warum Zahnarztpraxen schließen müssen, obwohl sie auf haben dürften - und wie sich die Schachspieler neu organisieren.

Von Peter Becker und Nadja Tausche, Freising

Die harten Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie treffen auch die Menschen im Landkreis Freising auf den unterschiedlichsten Ebenen. Für manche bedeuten sie nur Einschränkungen in ihrem Freizeitverhalten, die weitaus meisten haben aber konkrete Sorgen - ob es nun um Gefahren für die eigene Gesundheit, um die schwierige Betreuung der Kinder oder die Rettung des eigenen Geschäfts oder Unternehmens geht. Die Freisinger SZ gibt in einer kleinen Serie Einblicke in das Leben der Menschen im Krisenmodus.

Der Zahnarzt

Zwei Probleme hat der Freisinger Zahnarzt Niko Güttler derzeit. Das eine ist, dass ihm die Patienten wegbleiben. "Vielen ist noch nicht klar, dass sie normal zum Zahnarzt gehen dürfen", sagt Güttler. In seine Praxis kämen mittlerweile fast nur noch Schmerzpatienten. Das sei für Zahnarztpraxen wegen des finanziellen Risikos extrem schwierig: "Wir haben nicht nur Angst vor dem Virus, wir haben auch Angst um unsere Existenz", sagt Güttler. Das zweite Problem sei die fehlende Schutzausrüstung. Denn sowohl Handschuhe als auch Desinfektionsmittel und Mundschutz würden langsam knapp, berichtet der Zahnarzt. Er habe das Material im Normalfall immer nur für einige Wochen auf Vorrat: "Man hat ja nicht damit gerechnet, dass das nicht mehr lieferbar ist."

Eigentlich sollten die Zahnarztpraxen auch während der Corona-Krise weiterhin geöffnet bleiben, um die Grundversorgung zu sichern, berichtet Güttler. Allerdings mussten nach Angaben der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns bereits 190 Praxen in Bayern vorübergehend schließen, weil es an Schutzausrüstung fehlt. Aktuell schließen sich die Zahnarztpraxen in Bayern demnach zusammen, um - statt nur am Wochenende - auch unter der Woche einen Notdienst anbieten zu können.

Wenn die aktuelle Lage nur einige Wochen andauere, könne seine Praxis das verkraften, sagt Güttler. Er rechnet aber damit, dass es länger dauert - und sich die Situation weiter zuspitzt. "Dann werden die Kollegen reihenweise pleite gehen", prophezeit er.

Freisinger im Krisenmodus

Die Corona-Krise betrifft alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, im Öffentlichen wie im Privaten. In der Serie fragt die Freisinger SZ bei Menschen im Landkreis Freising nach, wie es ihnen in der Krise geht und wie das Coronavirus ihren Alltag verändert.

Teil 1: Kinobesitzerin, Sportlerin und Pfarrer - "Man hängt total in der Luft"

Teil 2: Apothekerin, Verkäuferin und Bürgermeisterkandidat - Erstaunlich ruhig

Teil 3: Taxifahrer und Shuttledienst - Die Nerven liegen blank

Teil 4: Schachspieler und Zahnarzt - Nicht ohne Schutz

Teil 5: Marktbeschicker, Kirchenmusikdirektor und Tanzlehrer - Im Zwangsurlaub

Teil 6: Fahrlehrer und Physiotherapeutin - Banger Blick in die Zukunft

Teil 7: Landschaftsgärtnerin und Kletterer - Abgespeckte Gartentage

Teil 8: Familienzentrum und Volkshochschule - Honorarkräfte ohne Einnahmen

Teil 9: Lebensmittellieferanten, Caritas und Leseratte - Zustrom bei Lieferdiensten

Teil 10: Tankstellen, Makler und Fitnessstudios - Besichtigung mit Mundschutz

Teil 11: Standesbeamtin und Reisebüro - Brautpaare auf Abstand

Teil 12: Musikschule - Musikunterricht auf vielen Kanälen

Teil 13: Klinikclowns und Musikverein - Videovisiten und Videounterricht

Teil 14: Schneiderin und Nordallianz - Nähen, um zu helfen

Teil 15: Schwimmer, Nagelpflegerin und Beraterin - Radeln statt schwimmen

Teil 16: Clown und Friseurin - Der Bart bleibt dran

Teil 17: Tierheim, sozialpsychiatrischer Dienst und Entsorgungsunternehmen - Schmusen nach Feierabend

Teil 18: Eisverkäufer und Spediteur - "Gegessen wird immer"

Teil 19: Buchautorin - Ohne Publikum

Teil 20: Tierärztin - Immer schön Abstand halten

Teil 21: Bühnenbildner und Billardspieler - Physik statt Billard

Teil 22: Lungenfacharzt und Werbetechnik-Firma: "Die Krankheit zieht sich oft lange hin"

Teil 23: Kinobetreiberin und Radsportlerin: Kino mit Abstand

Teil 24: Kaminkehrer, Schneiderin und das Kaufhaus Rentabel: Arbeiten unter erschwerten Bedingungen

Teil 25: Neufahrner Freizeitbad - Der Zeitplan ist auf den Kopf gestellt

Der Schachspieler

Hans-Jürgen Werner ist Vorsitzender des Freisinger Schach-Klubs und als solcher natürlich begeisterter Schachspieler. Umso härter trifft ihn die Absage des Spielbetriebs durch den Verband. Erst im April könnte es weitergehen.

"Es fehlt einem das Treffen mit Freunden", sagt er. Doch Werner und weitere Freisinger Schachspieler arbeiten einer Lösung, wie sie ihrer Leidenschaft weiter frönen können. Im Internet ist der Verein derzeit dabei, eine Plattform fürs Onlinespiel aufzubauen (https://lichess.org/team/sk-freising). Dort können Gruppen gegeneinander antreten. "Wir können da sogar Turniere veranstalten", sagt Werner. Wie das funktionieren soll, das kann der Vorsitzende des Freisinger Schach-Klubs noch nicht im Detail erklären, weil Vieles noch im Aufbau ist. Nur der Modus steht schon fest: wie im Blitzschach mit einer Bedenkzeit von fünf Minuten.

Natürlich gibt es auch jetzt schon im Internet Plattformen, wo es möglich ist, gegen Computer zu spielen. Werner nützt diese Gelegenheit aber nur, um Partien zu analysieren. Die Möglichkeit, über den Computer mit einem menschlichen Gegner zu spielen, gäbe es natürlich auch. Mit einer Webcam könnte man sich sogar gegenseitig ansehen, Reaktionen des Gegners beobachten.

Doch das spielt laut Hans-Jürgen Werner keine so große Rolle beim Schach. "Man schaut nicht so auf Reaktionen", sagt der Vorsitzende des Freisinger Schach-Klubs", sondern man konzentriert sich auf die Partie."

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Wegen zuletzt deutlich gesunkener Nachfrage hat das Impfzentrum Freising seine Kapazitäten zuletzt reduziert. Alle Entwicklungen rund um die Coronapandemie im Landkreis Freising in unserem Newsblog.

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