Freisinger im Krisenmodus:"Man hängt total in der Luft"

Hochsaison für Kinobetreiber

Wie viele andere Unternehmen, kulturelle und sportliche Einrichtungen müssen sich auch Kinos im Landkreis auf schwierige Zeiten vorbereiten. Kinobetreiberin Verena Dollinger und andere Freisinger erzählen von dem Umgang mit der Krise.

(Foto: dpa)

Ob Geschäftswelt, Sport oder Seelsorge - die Ungewissheit macht den Menschen in vielen Bereichen zu schaffen.

Von Friederike Streib und Gudrun Regelein, Freising

Die harten Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie treffen auch die Menschen im Landkreis Freising auf den unterschiedlichsten Ebenen. Für manche bedeuten sie nur Einschränkungen in ihrem Freizeitverhalten, die weitaus meisten aber haben konkrete Sorgen - ob es nun um Gefahren für die eigene Gesundheit, um die schwierige Betreuung der Kinder oder die Rettung des eigenen Geschäfts oder Unternehmens geht. Die Freisinger SZ will in einer kleinen Serie in den kommenden Tagen Einblicke in das Leben der Menschen im Krisenmodus geben.

Die Kinobetreiberin

Freisinger im Krisenmodus: Wochen, vielleicht Monate, kann das Kino von Verena Dollinger (links, mit der Auszeichnung zum "Lokal des Jahres in der Kategorie "Kino-Gastronomie") die Corona-Krise überleben - aber das hängt vor allem von staatlichen Hilfen ab.

Wochen, vielleicht Monate, kann das Kino von Verena Dollinger (links, mit der Auszeichnung zum "Lokal des Jahres in der Kategorie "Kino-Gastronomie") die Corona-Krise überleben - aber das hängt vor allem von staatlichen Hilfen ab.

(Foto: Marco Einfeldt)

Erst zu Beginn des Jahres hat Verena Dollinger die Rosenhof Lichtspiele in Moosburg von ihrem Vater Josef Dollinger übernommen. Die neue Aufgabe ist für sie durch die Ausbreitung des Coronavirus nun besonders intensiv: "Das ist eine Herausforderung, die man so bis jetzt nie hatte. Sonst war ich immer in der glücklichen Situation, auf die Erfahrungen meiner Eltern oder Kollgen zurückgreifen zu können. Aber niemand hat Erfahrung mit so einer Lage." Im Moosburger Kino liefen am Montag noch die letzten Filme, seit Mittwoch ist der gesamte Rosenhof inklusive der Gastronomie geschlossen. Dollinger erklärt im Gespräch, dass man sich aktiv dagegen entschieden habe, das Restaurant zu verkürzten Öffnungszeiten oder mit To-Go-Angeboten geöffnet zu lassen. Die Maßnahmen zur Einschränkung des Virus gehören laut Dollinger konsequent durchgesetzt - vor allem auch zum Schutz der rund 20 Mitarbeiter.

Die Ungewissheit darüber, wie lang die Schließung andauern werde, sei momentan die größte Schwierigkeit und belastend. "Man hängt total in der Luft und weiß auch nicht, was man den Mitarbeitern sagen soll", sagt Dollinger. Wie lange die Lichtspiele in solch einer Situation überleben können, sei schwer zu sagen: "Mehrere Wochen, vielleicht Monate. Das hängt davon ab, in wie weit wir staatliche Hilfe bekommen." Vieles sei an dieser Stelle noch unklar, und Auskunft nur schwer zu bekommen.

In der Zwischenzeit versuche man das Beste aus der Situation zu machen, den Frühjahrsputz vorzuziehen und alle Arbeiten zu erledigen, die bei laufendem Betrieb nicht möglich sind. Man müsse versuchen, die Krise so gut es geht zu meistern und abwarten, ab wann wieder Filme gezeigt werden dürfen. Sollte es in absehbarer Zeit dazu kommen, dass der Kinobetrieb wieder aufgenommen werden darf, würden sich vermutlich aber Folgeprobleme ergeben, sagt Dollinger: "Viele kleine und große Filmverleiher haben die Starts ihrer neuen Filme verschoben. So kommt der neue James Bond beispielsweise erst Ende des Jahres in die Kinos. Auch andere Filme verschieben sich, teilweise bis ins nächste Jahr hinein." Das sei einerseits verständlich, meint Dollinger, aber so entstehe auch die Gefahr, dass man nur wenige oder gar keine interessanten Filme habe, sobald das Publikum wieder zurück in die Kinosäle dürfe. Für den Moment hoffe sie, dass es bald besser werde. "Wie die Lage ist, wenn wir wieder öffnen dürfen, müssen wir sehen, wenn es so weit ist."

Freisinger im Krisenmodus

Die Corona-Krise betrifft alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, im Öffentlichen wie im Privaten. In der Serie fragt die Freisinger SZ bei Menschen im Landkreis Freising nach, wie es ihnen in der Krise geht und wie das Coronavirus ihren Alltag verändert.

Teil 1: Kinobesitzerin, Sportlerin und Pfarrer - "Man hängt total in der Luft"

Teil 2: Apothekerin, Verkäuferin und Bürgermeisterkandidat - Erstaunlich ruhig

Teil 3: Taxifahrer und Shuttledienst - Die Nerven liegen blank

Teil 4: Schachspieler und Zahnarzt - Nicht ohne Schutz

Teil 5: Marktbeschicker, Kirchenmusikdirektor und Tanzlehrer - Im Zwangsurlaub

Teil 6: Fahrlehrer und Physiotherapeutin - Banger Blick in die Zukunft

Teil 7: Landschaftsgärtnerin und Kletterer - Abgespeckte Gartentage

Teil 8: Familienzentrum und Volkshochschule - Honorarkräfte ohne Einnahmen

Teil 9: Lebensmittellieferanten, Caritas und Leseratte - Zustrom bei Lieferdiensten

Teil 10: Tankstellen, Makler und Fitnessstudios - Besichtigung mit Mundschutz

Teil 11: Standesbeamtin und Reisebüro - Brautpaare auf Abstand

Teil 12: Musikschule - Musikunterricht auf vielen Kanälen

Teil 13: Klinikclowns und Musikverein - Videovisiten und Videounterricht

Teil 14: Schneiderin und Nordallianz - Nähen, um zu helfen

Teil 15: Schwimmer, Nagelpflegerin und Beraterin - Radeln statt schwimmen

Teil 16: Clown und Friseurin - Der Bart bleibt dran

Teil 17: Tierheim, sozialpsychiatrischer Dienst und Entsorgungsunternehmen - Schmusen nach Feierabend

Teil 18: Eisverkäufer und Spediteur - "Gegessen wird immer"

Teil 19: Buchautorin - Ohne Publikum

Teil 20: Tierärztin - Immer schön Abstand halten

Teil 21: Bühnenbildner und Billardspieler - Physik statt Billard

Teil 22: Lungenfacharzt und Werbetechnik-Firma: "Die Krankheit zieht sich oft lange hin"

Teil 23: Kinobetreiberin und Radsportlerin: Kino mit Abstand

Teil 24: Kaminkehrer, Schneiderin und das Kaufhaus Rentabel: Arbeiten unter erschwerten Bedingungen

Teil 25: Neufahrner Freizeitbad - Der Zeitplan ist auf den Kopf gestellt

Die Sportlerin

Frederike Fell (DAV Freising)

In die Kletterhalle kann Frederike Fell nicht, stattdessen geht sie Joggen und macht Yoga. "Die Situation für uns Sportler ist schon bitter", sagt sie.

(Foto: oh)

Frederike Fell ist Kletterin im Nationalkader, sie startet für die DAV Sektion Freising. Normalerweise trainiert sie fast jeden Tag: in den Kletter- und Boulderhallen in Freising, München und Nürnberg. Seit diesem Dienstag aber geht das nicht mehr, seitdem sind alle Hallen geschlossen - für wie lange, weiß momentan niemand. "Das ist für uns Sportler natürlich frustrierend", sagt Frederike Fell. Die 18-jährige Marzlingerin ist vielfache deutsche Meisterin und erfolgreiche Teilnehmerin bei Europäischen Jugendcups und Jugend-Weltmeisterschaften. Nach einer längeren Verletzungspause konnte sie vor einigen Wochen wieder mit dem Training beginnen - und wollte sich nun auf die startende Wettkampfsaison vorbereiten. Wie es weitergehen wird, kann sie nicht sagen. Die ersten Wettkämpfe auf nationaler und internationaler Ebene zumindest wurden bis Ende Mai abgesagt. Lehrgänge des Bundeskaders finden nicht mehr statt, gemeinsame Trainings werden nicht mehr angeboten. "Das heißt, dass wir jetzt zu Hause nach Möglichkeit selber etwas machen müssen - beispielsweise Fingerkraft am Campusboard oder Stabilität trainieren, täglich Yoga oder Dehnen steht auch auf dem Programm." Außerdem geht sie viel laufen. Das alles sei noch möglich, nur das Klettertraining eben nicht mehr. "Und das fehlt schon sehr. Auch kopfmäßig ist es schwer, weil man es eben gewohnt ist", sagt sie. Eine optimale Vorbereitung sehe zumindest anders aus. Ob die Saison aber überhaupt noch stattfindet, und ob die abgesagten Wettkämpfe im Herbst nachgeholt werden können, wisse niemand. "Die Situation ist für uns Sportler schon bitter." Aber irgendwie müsse man damit umgehen. Die Schließung der Hallen hält Frederike Fell dennoch für absolut notwendig. "Dort stapeln sich normalerweise die Leute, auch am vergangenen Wochenende war noch viel los."

Der Stadtpfarrer

Freisinger im Krisenmodus: Gottesdienste, wie hier an Weihnachten, kann Pfarrer Peter Lederer aktuell nicht geben.

Gottesdienste, wie hier an Weihnachten, kann Pfarrer Peter Lederer aktuell nicht geben.

(Foto: Marco Einfeldt)

"Die Situation ist sehr einschneidend", sagt Freisings Stadtpfarrer Peter Lederer. Dadurch, dass keine Gottesdienste, Altennachmittage und Ähnliches mehr stattfinden könnten, sei das Gemeindeleben spürbar eingeschränkt. Lederer: "Die Gemeinde lebt von Begegnungen und davon, mit Leuten ins Gespräch zu kommen. All das gibt es nun für den Moment nicht." Eigentlich stecke man gerade mitten in der Vorbereitung für die Erstkommunionen im Mai. Aber ob diese überhaupt stattfinden könne, sei unklar. "Um den Unterricht weiterzuführen, verschicken wir nun Arbeitsblätter für Zuhause. Die persönliche Begegnung in der Gruppe fehlt aber natürlich", sagt Lederer.

Gottesdienste gibt es bis Anfang April zwar vorerst nicht, die Seelsorge findet telefonisch aber weiterhin statt: "Das Risiko ist einfach zu groß, deshalb mussten wir auch das Pfarrbüro schließen. Aber alles, was geht, läuft über das Telefon." Aus der Situation heraus ist im Pfarrverband aber sogar schon etwas Neues entstanden: eine Nachbarschaftshilfe-Börse. Diese läuft seit Donnerstag an.

"Es können sich sowohl Menschen bei uns melden, die Hilfe leisten wollen, als auch die, die Hilfe benötigen", so Lederer. Auf alle Fälle freue er sich, wenn er wieder durchstarten könne und die "gespenstische" Lage vorüber sei.

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