Freisinger im Krisenmodus:Brautpaare auf Abstand

Freisinger im Krisenmodus: Die Neufahrner Standesbeamtin Martina Schwarz muss künftig aufpassen, dass sich die Brautpaare in Zeiten von Corona nicht zu nahe kommen.

Die Neufahrner Standesbeamtin Martina Schwarz muss künftig aufpassen, dass sich die Brautpaare in Zeiten von Corona nicht zu nahe kommen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Hochzeiten im großen Kreis sind nicht mehr möglich und für die Reisebranche ist 2020 wohl gelaufen.

Von Nadja Tausche und Gudrun Regelein, Freising

Die harten Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie treffen auch die Menschen im Landkreis auf den unterschiedlichsten Ebenen. Für manche bedeuten sie nur Einschränkungen in ihrem Freizeitverhalten, die meisten haben aber konkrete Sorgen - ob es nun um Gefahren für die eigene Gesundheit, um die schwierige Betreuung der Kinder oder die Rettung des eigenen Geschäfts oder Unternehmens geht. Die Freisinger SZ gibt in einer Serie Einblicke in das Leben der Menschen im Krisenmodus.

Die Standesbeamtin

Heiraten im Kreise aller Familienmitglieder und der engsten Freunde? Dieser Vorstellung macht Corona einen Strich durch die Rechnung. Um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen, gelten auch in Standesämtern neue Regeln: Bei der standesamtlichen Hochzeit dürfen neben dem Standesbeamten nur noch das Brautpaar, die beiden Trauzeugen und bei Bedarf ein Dolmetscher dabei sein. Das habe der Bayerische Gemeindetag angeordnet, berichtet die Neufahrner Standesbeamtin Martina Schwarz. "Für uns wird das schon eine Umstellung", sagt Schwarz: "Ich denke nicht, dass es so herzlich ablaufen wird wie sonst." Denn zusätzlich zur eingeschränkten Gästezahl gibt es noch einige Einschränkungen: Die Stühle des Brautpaares stehen weiter weg von der Standesbeamtin als sonst, per Handschlag gratulieren darf sie nicht mehr und ein Sektempfang nach der Trauung ist tabu.

Beim Standesamt Neufahrn will man sich trotzdem alle Mühe geben, die Trauung schön zu gestalten. "Dafür tut man alles", sagt Schwarz: "Das ist man dem Brautpaar auch schuldig." Im Trauungszimmer werden dafür Kerzen angezündet, die Gemeinde schenkt dem Brautpaar eine Flasche Sekt und man bemüht sich um eine möglichst persönliche Traurede. Außerdem, gibt die Standesbeamtin zu bedenken, gebe es auch ohne Corona Paare, die nur zu zweit heiraten wollen - und das könne durchaus sehr schön und intim sein.

Die neuen Regelungen treffen in Neufahrn dabei nicht allzu viele Trauungen. In den kommenden Wochen werden sich hier zwei Paare das Jawort geben. Abgesagt habe seine Trauung wegen Corona in der Gemeinde bisher noch niemand, berichtet Schwarz. Sollte das passieren, würde die Gemeinde den Paaren finanziell entgegenkommen: Denn die Anmeldung für Eheschließungen sei nur ein halbes Jahr gültig, wenn ein Brautpaar seine Trauung wegen des Coronavirus verschiebt, müsste es die Gebühren für die Anmeldung womöglich noch einmal zahlen.

Freisinger im Krisenmodus

Die Corona-Krise betrifft alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, im Öffentlichen wie im Privaten. In der Serie fragt die Freisinger SZ bei Menschen im Landkreis Freising nach, wie es ihnen in der Krise geht und wie das Coronavirus ihren Alltag verändert.

Teil 1: Kinobesitzerin, Sportlerin und Pfarrer - "Man hängt total in der Luft"

Teil 2: Apothekerin, Verkäuferin und Bürgermeisterkandidat - Erstaunlich ruhig

Teil 3: Taxifahrer und Shuttledienst - Die Nerven liegen blank

Teil 4: Schachspieler und Zahnarzt - Nicht ohne Schutz

Teil 5: Marktbeschicker, Kirchenmusikdirektor und Tanzlehrer - Im Zwangsurlaub

Teil 6: Fahrlehrer und Physiotherapeutin - Banger Blick in die Zukunft

Teil 7: Landschaftsgärtnerin und Kletterer - Abgespeckte Gartentage

Teil 8: Familienzentrum und Volkshochschule - Honorarkräfte ohne Einnahmen

Teil 9: Lebensmittellieferanten, Caritas und Leseratte - Zustrom bei Lieferdiensten

Teil 10: Tankstellen, Makler und Fitnessstudios - Besichtigung mit Mundschutz

Teil 11: Standesbeamtin und Reisebüro - Brautpaare auf Abstand

Teil 12: Musikschule - Musikunterricht auf vielen Kanälen

Teil 13: Klinikclowns und Musikverein - Videovisiten und Videounterricht

Teil 14: Schneiderin und Nordallianz - Nähen, um zu helfen

Teil 15: Schwimmer, Nagelpflegerin und Beraterin - Radeln statt schwimmen

Teil 16: Clown und Friseurin - Der Bart bleibt dran

Teil 17: Tierheim, sozialpsychiatrischer Dienst und Entsorgungsunternehmen - Schmusen nach Feierabend

Teil 18: Eisverkäufer und Spediteur - "Gegessen wird immer"

Teil 19: Buchautorin - Ohne Publikum

Teil 20: Tierärztin - Immer schön Abstand halten

Teil 21: Bühnenbildner und Billardspieler - Physik statt Billard

Teil 22: Lungenfacharzt und Werbetechnik-Firma: "Die Krankheit zieht sich oft lange hin"

Teil 23: Kinobetreiberin und Radsportlerin: Kino mit Abstand

Teil 24: Kaminkehrer, Schneiderin und das Kaufhaus Rentabel: Arbeiten unter erschwerten Bedingungen

Teil 25: Neufahrner Freizeitbad - Der Zeitplan ist auf den Kopf gestellt

Der Reisebüroleiter

"Die Corona-Krise trifft die Reisebranche sehr hart", sagt Ali Tiryakioglu. Der Inhaber des Atalya Reisebüros arbeitet inzwischen im Home-Office, sein Reisebüro in der Innenstadt hat momentan zu. Wenn er einen Anruf bekommt, dann ist es aber ein Kunde, der eine Reise stornieren oder zumindest verschieben möchte - um Monate: "Die meisten wollen ihren Urlaub nicht mehr in diesem Jahr, sondern erst 2021 machen", berichtet Ali Tiryakioglu. Buchungen aber habe es in den vergangenen Tagen, seitdem sich die Corona-Krise zugespitzt hat, keine mehr gegeben.

Bis zum 1. Mai sind sämtliche Reisen von den Fluggesellschaften gecancelt worden. Ob sich die Situation danach wieder ändern wird und Flugreisen wieder stattfinden werden, denkt Tiryakioglu nicht. Auch fast alle Pauschalreisen für die Sommermonate wurden von den Kunden um Monate nach hinten verschoben. "Das heißt für mich, dass die ganze Arbeit, die ich in diese Buchungen gesteckt habe, umsonst war", sagt Tiryakioglu. Denn er bekommt seine Provision für eine gebuchte Reise vom Reiseveranstalter erst nach Reiseantritt gezahlt. "Ich denke, dass für die Reisebüros und die ganze Branche das Geschäft 2020 bereits gelaufen ist", sagt er. Ob nach der Krise dann wieder Kunden kommen, kann er nicht sagen. Er habe "zum Glück" nur ein kleines Büro. Nur zwei Teilzeitkräfte arbeiten für ihn, aber auch die Miete und Nebenkosten müssen bezahlt werden. Einnahmen habe er keine mehr, lange könne er diese Situation nicht überbrücken. Schon in der vergangenen Woche hat Tiryakioglu einen Antrag auf Soforthilfe losgeschickt - "gehört habe ich aber bis heute nichts."

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