Corona im Landkreis:Nur nicht leichtsinnig werden

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Staatsminister Florian Herrmann zeigt sich im Freisinger Impfzentrum sicher, "dass wir die Pandemie besiegen". Sorge bereiten ihm aber die Delta-Variante und nicht wahrgenommene Impftermine

Von Peter Becker, Freising

Im Sommer vor gut einem Jahr waren die Inzidenzwerte in Freising etwa auf ähnlich niedrigem Level wie in diesen Tagen. Der entscheidende Unterschied zu 2020 ist, dass damals noch kein Impfstoff gegen Covid-19 existierte. Ein Grund, warum die Inzidenzzahlen dann im darauffolgenden Herbst in die Höhe schnellten. Staatsminister Florian Herrmann (CSU), der unter anderem die Coronamaßnahmen im Freistaat koordiniert, geriet bei seiner Stippvisite an diesem Mittwochmorgen im Freisinger Impfzentrum deshalb fast ins Schwärmen. Als historisch bezeichnete er es, dass es binnen eines Jahres gelungen sei, "hochwirksame Wirkstoffe zu entwickeln, mit denen wir die gesamte Menschheit durchimpfen können". Auch wenn sich das ein wenig pathetisch anhöre, gab Herrmann zu.

Der Staatsminister erinnerte bei seinem Besuch im Freisinger Impfzentrum daran, dass nach dem Ende des Ersten Weltkriegs die Spanische Grippe in mehreren Wellen um den Erdball raste und Millionen Tote forderte. Erst 18 Jahre später sei es gelungen, einen Impfstoff dagegen zu entwickeln. Herrmann lobte das Drei-Säulen-System, bestehend aus den Impfzentren, den Haus- und Betriebsärzten. Alle arbeiteten gut zusammen. Ziel sei es, über den Sommer eine Herdenimmunität zu erreichen, die dem Virus eine weitere Verbreitung erschwert.

Er sei sich sicher, "dass wir die Pandemie besiegen". Herrmann hat aber auch die Delta-Variante des Virus im Blick, die sich gerade ausbreitet und ihm Sorge bereitet. "Wir müssen die vierte Welle verhindern", sagte er. "Wir dürfen nicht leichtfertig lockern", warnte Herrmann und appellierte daran, sich an die AHA-Regeln zu halten, bestehend aus Abstand, Hygiene und im Alltag Maske tragen.

Landrat Helmut Petz (FW) verwies darauf, dass das Freisinger Impfzentrum "in Windeseile" aufgebaut worden sei. "Wir sind mit Zug aufs Tor ans Werk gegangen", benutzte er eine Metapher in Anlehnung an die derzeit laufende Fußball-Europameisterschaft. Der öffentliche Dienst brauche sich beim Aufbau des Impfzentrums nicht hinter der Privatwirtschaft zu verstecken. Diese hätte die schwierige Aufgabe sicher nicht schneller und besser bewältigen können, meint er.

Petz verwies darauf, dass der Landkreis Freising hinsichtlich der niedrigen Inzidenzzahl vor Kurzem noch auf Platz eins in Oberbayern gelegen habe. Er führte das auf die drei Faktoren Impfen, Testen und das vernünftige Verhalten der Bevölkerung zurück. "Die Bürger im Landkreis Freising gehen besonnen mit der Pandemie um", lobte der Landrat. Allerdings werde das verantwortliche Verhalten auf eine harte Probe gestellt. "Die Leute werden nervös", registrierte Petz. Denn wenn sie hörten, dass der Landkreis an letzter Stelle in Bayern liege, was die Quote der Erstimpfungen gegen das Coronavirus anbelangt, mache sich Verunsicherung breit.

Nicht zuletzt deshalb hatte Petz in der vergangenen Woche einen "Brandbrief" an den bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) geschickt. Darin fragte er nach, ob Freising bei der Versorgung mit Impfstoff tatsächlich genauso behandelt werde wie andere Landkreise. Denn seit Wochen würden das Landratsamt, das Bayerische Rote Kreuz sowie die Johanniter als Betreiber des Impfzentrums wegen des vergleichsweisen geringen Impffortschritts von Bürgern beschimpft. Dies liege aber an den Reglungen zur Verteilung des Impfstoffs, erklärte Petz während der Pressekonferenz nach einem Rundgang durchs Impfzentrum.

"Wir verimpfen alles, was wir haben", versicherten Petz und Herrmann unisono. Die Impfungen müssten zügig vorangehen, sagte der Staatsminister. Da passt es ganz gut, dass der Landkreis wie weitere 27 in Bayern mit zusätzlichen Impfdosen versorgt wird. Dazu zählen auch diejenigen, mit denen sich bereits von Corona Genesene an den Wochenenden 3./4. Juli und 10./11. Juli in Au impfen lassen können. Voraussetzung für die Coronaimpfung ist ein positiver PCR-Test, der älter als sechs Monate ist.

Angesichts des Umstands, dass am vergangenen Wochenende 14 Impftermine offen geblieben waren, appellierte Florian Hermann an die Vernunft der Bürger. Die sollten "einmal weniger in den Biergarten gehen" und sich stattdessen ihre Spritze geben lassen.

© SZ vom 24.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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