Anfangs habe er sich gar nicht so viele Gedanken gemacht, ob das in Freising funktionieren könnte, er habe sich einfach einen "Herzenswunsch" erfüllt, erzählt Andreas Muschler. Zehn Jahre später weiß er: Das Konzept ist aufgegangen. Die Chocolaterie Muschler hat auch nicht ganz so einfache Zeiten wie die Großbaustelle in der Innenstadt und die Pandemie gemeistert und profitiert jetzt von der neu gestalteten Oberen Hauptstraße mit schönen Außensitzplätzen an der geöffneten Moosach.
"Die Zeit ist schnell vergangen", resümiert Muschler. Am Samstag, 27. April, feiert er das zehnjährige Bestehen seiner Manufaktur einen Tag lang mit Gästen und viel Musik.
An diesem verregneten Dienstagvormittag herrscht in dem schmalen Laden und Gastraum ein ständiges Kommen und Gehen. Die einen treffen sich mit Freunden auf einen Kaffee, andere kaufen Pralinen, Macarons oder Törtchen. Fast ebenso viel Bewegung ist hinter der Glaswand in der kleinen Manufaktur, wo "Mathilda" darauf wartet, verpackt zu werden - feine Pralinen mit Zitronenzeste und Mandelnugat. Die süßen Schätze haben hier alle Namen.
Lange hatte Andreas Muschler den Plan, die traditionsreiche Bäckerei der Eltern in Freising weiterzuführen. Parallel zur Chocolaterie aber wollte er das nicht. Dann hätte er für die Produktion keine Zeit mehr gehabt, sagt er, sondern hätte sich in erster Linie um die Organisation kümmern müssen. Das aber wollte er nicht. "Es war eine klare Entscheidung für die Chocolaterie".
Muschler war 30, als er sich den Traum von einer kleinen Schaumanufaktur mit Café im französischen Stil in seiner Heimatstadt erfüllte. Wie sehr er nach wie vor dafür brennt, spürt man im Gespräch, etwa wenn er von seinen Schlüsselmomenten erzählt. Einen erlebte er in Wien vor dem Schaufenster des K. u. K. Hofzuckerbäckers Gerstner. Dort, in der Stadt der Strudel und Mehlspeisen, habe er 2007 zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum kleine Törtchen gesehen. Muschler beschloss: Dort will er hin.
Zuvor hatte er bereits Ausbildungen zum Bankkaufmann, zum Konditor und Bäcker abgeschlossen. Nach Praktika bei Gerstner und in der Konditorei Demel, einem weiteren Traditionsbetrieb in Wien, gelang ihm - mit der besten Meisterprüfung im Konditorenhandwerk in Oberbayern in der Tasche - sogar der Sprung nach Paris mit einer Anstellung bei Pierre Hermé. Muschler gerät noch heute ins Schwärmen, wenn er vom "Godfather der feinen Patisserie" erzählt. Hermé habe die Patisserie in Frankreich auf den Kopf gestellt und alles selbst gemacht, vom Kaffeeextrakt bis zum Nugat. Und das in einer Zeit, als in Deutschland die industrielle Produktion in den Konditoreien mehr und mehr in den Fokus rückte, mit einem breiten Sortiment, das gut, aber günstig sein sollte.
"International Chocolate Awards" in Gold, Silber und Bronze
Die Zeit in Paris sei für ihn eine Offenbarung gewesen, erzählt Muschler. An seinem ersten Tag dort bereitete das Team ein Gelee aus Orangen- und Zitronenschalen sowie Vanilleschoten zu. "Die ganze Backstube hat danach gerochen", erinnert sich der Freisinger Chocolatier. Genau solch ein Topf steht gerade auch in seiner Manufaktur.
Nach den Törtchen hat sich Andreas Muschler auch auf die Pralinenherstellung verlegt. Mit großem Erfolg. Mehrmals wurden seine Kreationen bei den "International Chocolate Awards" mit Gold, Silber und Bronze ausgezeichnet. Optisch setzt er bei den Pralinen auf eine klare, rechteckige Form. Dadurch habe man bei jedem Biss das gleiche Verhältnis von Überzug und Fülle, erklärt der Konditormeister. Durch das einfache Design könne man sich ganz auf den Genuss fokussieren. Die Rohschokolade bezieht Muschler aus Frankreich und der Schweiz, sie stammt aus fairem Handel, das ist ihm wichtig. Ebenso, dass er im Verkauf ohne Plastik auskomme.
Anfangs haben ihn in der Chocolaterie zwei Kollegen unterstützt, mittlerweile sind es 28 Mitarbeitende, nicht alle allerdings in Vollzeit. Produktionsleiterin Yoojin Boo ist schon fast zehn Jahre im Team. Es mache Spaß, gemeinsam Neues zu kreieren, schildert Muschler. Bei der Entwicklung des Korbinian-Törtchens zum Freisinger Stadtjubiläum etwa experimentierten sie mit einer Reihe von Zutaten, bis der Geschmack rund war. Dabei zeigte sich, dass Preiselbeeren nicht dazu passten, stattdessen aber Johannisbeerkompott.
In der Corona-Zeit, als Muschler in seinem Café wegen der vorgeschriebenen Abstände nur zwei Tische anbieten konnte und wegen der Innenstadt-Baustelle keine Außenbestuhlung möglich war, eröffnete er im benachbarten Entleutnerhaus das "Café Nebenan", ein Jahr später das "Café im Hinterhof". Der alternative Charme kommt an bei den Gästen, allerdings weiß Muschler nicht, wie lange er die Räume noch nutzen kann, weil für das Gebäude eine Abbruchgenehmigung vorliegt.
Der Innenstadt-Umbau sei eine anstrengende Zeit gewesen, "mit einem schönen Ergebnis", hält er fest. In Freising sei in den vergangenen zehn Jahren "sehr, sehr viel passiert". Gäste kommen auch aus München, Ingolstadt und Landshut. Dass seine Idee so gut angenommen wird, "ist etwas, was mich sehr glücklich macht". Er habe einen Ort der Begegnung schaffen wollen. "Schön, was daraus entstanden ist".
Der Blick durch das Fenster zu den Chocolatiers in der Manufaktur ist übrigens nicht einseitig. Muschler beobachtet seine Gäste gerne dabei, wie unterschiedlich sie ein Törtchen wie die klassische Bayerisch Creme genießen - ob sie sich langsam vorarbeiten bis zum Himbeerkern oder Schicht für Schicht abheben. Er selbst isst übrigens immer noch gerne Süßes. Gut muss es sein, aber nicht unbedingt abgehoben. Der beste Erdbeerkuchen sei der von seiner Großmutter gewesen, erzählt er.
Party zum Jubiläum mit Klezmer und Hiphop
Die Jubiläumsparty der Chocolaterie Muschler beginnt am Samstag, 27. April, um 10 Uhr vor dem Geschäft an der Oberen Hauptstraße in Freising. Zunächst gibt es Klezmermusik von Pitu Pati, mit dabei ist auch BR-Moderatorin Traudi Siferlinger. Nachmittags treten Bollymania Freising, Hip-Hopper Bene Mordstein und Lieber Nina als Hagen auf, abends - bei der Nacht der Musik - Lisa Fitzek & Band, Bene Mordstein und DJ B. Leiwand.