Chauffeur Alexander Guß:Für Schumi auch mal schneller

Er transportiert amerikanische Rapper, die mit einem jungen Mädel und einer Flasche Schampus auf der Rückbank sitzen, oder bedeutende Politiker, die in seinem Auto Weltpolitik aushandeln: Alexander Guß chauffiert mit seinem Limousinenservice Prominente.

Sophie Burfeind

"Was sagt Michael Schuhmacher zu seinem Chauffeur? Sie können ruhig ein bisschen schneller fahren", sagt Alexander Guß und lacht. Das hat der Rennfahrer tatsächlich zu ihm gesagt. Ansonsten hält sich Guß jedoch bedeckt, was die Erlebnisse mit namhaften Kunden in seinen luxuriösen Limousinen betrifft. Schließlich ist Diskretion das Wichtigste. Die Fahrgäste müssen ihm vertrauen: Was sich im Auto abspielt, bleibt auch dort. Auch wenn es noch so skandalös ist.

Chauffeur Alexander Guß: Besser informiert als mancher Boulevardreporter: Alexander Guß vor einem seiner Wagen, mit denen er namhafte Kunden fährt.

Besser informiert als mancher Boulevardreporter: Alexander Guß vor einem seiner Wagen, mit denen er namhafte Kunden fährt.

(Foto: Robert Haas)

Ein paar Anekdoten sind dem 34-jährigen Münchner, der im Nadelstreifenanzug und mit Kopfhörer im Ohr die 100.000 Euro teure Luxuslimousine durch die Straßen steuert, dann aber doch zu entlocken, ohne Namen natürlich. Da gibt es etwa einen Banker, der regelmäßig bei Wutanfällen sein Handy aus dem Fenster schmeißt. Oder einen korpulenten Schauspieler, der den Gurt nicht allein zumachen kann. "I mach mi a bissl schlank", sage der dann immer, ziehe den Bauch ein, und dann muss Guß handeln - also den Gurt schnell schließen.

Einem amerikanischen Rapper musste Guß nachts um drei Uhr auf der Leopoldstraße mal den Joint wegnehmen. Der saß - wie man sich das eben vorstellt - mit einem jungen Mädel und einer Flasche Schampus auf der Rückbank.

Der durchtrainierte Mann erzählt unaufgeregt, mit weicher Stimme. Die meisten Menschen hören von solchen Geschichten im Fernsehen, für ihn sind sie Alltag. Während er spricht, lenkt Guß seinen Wagen an einem Vormittag durch den hektischen Verkehr der Münchner Innenstadt.

Und das, ohne dass auf den beigen Ledersitzen auch nur ein Ruckeln zu spüren wäre. Damit verdient er sein Geld: Personen durch München, Deutschland und manchmal von Paris nach Prag zu fahren, am besten so, dass sie gar nicht merken, in einem Auto zu sitzen. Vor allem fährt Guß Prominente, von "Henry Kissinger bis Xzibit", sagt er nur, um keine weiteren Namen nennen zu müssen.

Der 34-Jährige ist in Sachen Klatsch besser informiert als mancher Boulevardreporter. Schließlich fährt er manche Promis nachts zu ihren Liebhabern. Auch was in den Abendnachrichten an politischen Themen besprochen wird, hat er oft schon im Auto gehört. Das macht für ihn den Reiz seines Jobs aus: "Ich habe mit sehr vielen unterschiedlichen, sehr interessanten Leuten zu tun."

Je erfolgreicher, desto entspannter

Den Berufswunsch hatte Guß als Teenager. "Ich war mit 18 mal auf einem Konzert und hab' gesehen, dass die Security ganz vorne stehen darf und dafür noch Geld bekommt." Er lächelt. "Das fand ich gut." Der gebürtige Münchner begann im Sicherheitsbereich zu arbeiten - auf Parkplätzen, Konzerten, Messen und in Diskotheken. Und irgendwann wurde er von einem Kollegen aus dem Sicherheitsbereich gefragt, ob er nicht auch Personen fahren würde. "Mit 22 habe ich damit dann richtig angefangen", sagt er. Zwischendurch habe er BWL studiert - das Studium aber nie abgeschlossen.

Das Geschäft lief, und er rief seinen eigenen Limousinenservice "G&P GmbH" ins Leben. Zunächst mit einem Partner, doch der stieg vor sechs Jahren aus. Guß folgt dabei den Spuren seines Urgroßvaters: Der hatte nach dem Ersten Weltkrieg eines der ersten Taxiunternehmen in München, mit Kurbelautos.

Guß bietet auch Personenschutz an. Auf Wunsch mit geladener Waffe. "Wir sind eine der wenigen Firmen, die bewaffnet arbeiten dürfen", erklärt er. Zum Einsatz kam seine Waffe jedoch noch nicht.

Fahren und schützen. Dazu kommen kleinere Besorgungen. Ab und an muss Guß ein Geschenk für die Gattin eines wichtigen Wirtschaftsbosses organisieren, einen Strauß Blumen, einen schön verpackten Champagner kaufen. Oder auch mal den Hund Gassi führen, solange der Kunde in einer Besprechung sitzt. Dafür gibt es Trinkgeld, manchmal 500 Euro. Das komme dann meist von Leuten, die in den Hotelsuiten Lagerfeuer machten oder Telefonanlagen herausrissen - "finanziell absolut schmerzfrei". Sie sind aber die Ausnahme, die meisten Mitfahrer seien zurückhaltend und oft sogar sehr schüchterne Menschen.

Je erfolgreicher die Person, desto entspannter sei sie in der Regel. Am nervigsten seien die "Möchtegernpromis", die sich für besonders wichtig hielten.

Was man sonst in dem Beruf noch können muss? Perfekt Deutsch und Englisch sprechen, ein Gefühl für die Bedürfnisse der Kunden haben und über Münchner Sehenswürdigkeiten und das aktuelle politische Geschehen informiert sein. Für den Small Talk. Und das Allerwichtigste sind Flexibilität und Fleiß.

Zu jeder Zeit muss Alexander Guß bereit sein, sich hinter das Steuer einer seiner vier Limousinen zu schwingen und zu fahren. Selten weiß er, wann er am Abend wieder nach Hause kommt. Zeit für eine Beziehung und viel Freizeit bleibt da nicht.

Doch das scheint den Mann nicht zu stören. Er ist ein ruhiger Typ. Das sei auch wichtig, sagt er: Sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Und wenn wieder ein Handy aus dem Fenster fliegt, einfach kurz danach anhalten, aussteigen und aufheben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: