Süddeutsche Zeitung

Busunfall auf der A92:Wertvolle Minuten verloren

Wegen uneinsichtiger Autofahrer gelingt es den Einsatzkräften nur mühsam, zum Unglücksort zu gelangen.

Birgit Goormann-Prugger

FreisingPolizei, Feuerwehr und die Rettungskräfte haben am Mittwochnachmittag alles aufgeboten, um den 30 verletzten Kindern bei dem Busunglück auf der A 92 so schnell wie möglich zu helfen. Ihre Arbeit wurde jedoch massiv von Schaulustigen und uneinsichtigen Autofahrern behindert, die immer wieder die Rettungsgasse versperrten. "Wir haben wertvolle Minuten verloren, weil wir auf dem Weg zum verunglückten Bus alle 50 Meter auf ein neues Hindernis gestoßen sind, es war diesmal wirklich sehr, sehr schlimm", sagte Michael Schmid, Leiter der Verkehrspolizeiinspektion (VPI).

40 Beamte der VPI und der umliegenden Polizeiinspektionen waren am Mittwoch im Einsatz. Unterstützt wurde die VPI durch Einsatzkräfte aus Freising, Neufahrn, vom Flughafen und aus Hohenbrunn. Die Autobahn A 92 war über mehrere Stunden total gesperrt. Es kam zu erheblichen Verkehrsbehinderungen rund um die Unfallstelle, insbesondere im Bereich des Autobahnkreuzes Neufahrn und des Flughafens. Auch die Umleitungsstrecken waren überlastet. Erst gegen 20.45 Uhr, nach Abschluss der Rettungsmaßnahmen, konnte die Autobahn in Richtung München wieder für den Verkehr frei gegeben werden.

Alles hätte womöglich ein wenig schneller gehen können, wenn die Autofahrer die Arbeit der Rettungskräfte nicht immer wieder behindert hätten. "Obwohl die Autobahn an dieser Stelle dreispurig ist, haben wir zusätzlich auch noch die Gegenfahrbahn für den Verkehr sperren müssen, damit die Rettungsfahrzeuge überhaupt zur Unfallstelle gelangen konnten", schilderte VPI-Leiter Schmid die Situation. "Es war teilweise so wenig Platz, dass an mehreren Einsatzfahrzeugen die Spiegel abgefahren wurden". Schmid richtet in diesem Zusammenhang den dringenden Appell an die Autofahrer, in einem solchen Stau stehen zu bleiben und die Rettungsgasse nicht immer wieder zu versperren, indem man ausschert. "Es ist unvorstellbar, ich weiß auch nicht, warum die Autofahrer das machen." Umso unglaublicher sei dann auch das Verhalten vieler gewesen, als zumindest eine Spur wieder für den Verkehr frei gegeben wurde, nachdem alle verletzten Kinder weggebracht worden waren. "Zwischen der Unfallstelle und Freising-Süd waren die Fahrer über zwei Stunden lang einkesselt. Da ging nichts mehr, und das bei der Hitze, das war anstrengend." Da sollte man doch meinen, so Schmid, dass jeder froh gewesen sei, endlich Gas zu geben. "Aber bestimmt jeder Zehnte fährt dann noch extra langsam an der Unfallstelle vorbei und hält mit seinem Fotohandy drauf. Es hätte noch gefehlt, dass sie dafür extra anhalten".

Anton Frankl, Kommandant der Feuerwehr Freising, war an diesem Tag ebenfalls im Einsatz. Ein Kind war unter dem umgestürzten Bus begraben worden und die Feuerwehr hatte die Aufgabe, den Bus mit Luftkissen anzuheben, um das verletzte Kind befreien zu können. Frankl stöhnt nur kurz auf, als er die Frage beantworten soll, wie schwierig es für ihn war, zum Unfallort zu kommen. "Manchmal habe ich den Eindruck, die Autofahrer wissen gar nicht mehr, wie man eine Rettungsgasse ordnungsgemäß bildet. Da stehen sie Stoßstange an Stoßstange im Stau und dann ist kein Platz mehr zum Rangieren, wenn sie nach links und rechts ausweichen sollen", schilderte Frankl seine Erlebnisse. Besonders bei Lastwagen sei das "eine spannende Sache". Außerdem sei die Rettungsgasse an vielen Stellen viel zu eng gewesen. "Das war am Mittwoch wieder Zentimeterarbeit für uns." Die Feuerwehrkräfte wollten ja auch keine Schäden verursachen und müssten sich deshalb langsam vorarbeiten. "Und vorne warten dann verletzte Menschen auf Hilfe."

Natürlich staute sich der Verkehr nach dem Unfall nicht nur auf der Autobahn, sondern auch auf den umliegenden Straßen. "Der ganze Münchner Norden war von diesem Ereignis betroffen, der Verkehr ist zusammengebrochen, es war katastrophal", berichtete VPI-Leiter Michael Schmid. Die A 9 und die A 92 seien schon ohne einen Unfall zu Spitzenzeiten stark belastet. "Und wenn so was passiert, dann sind alle Ausweichstraßen und Schleichwege innerhalb weniger Minuten dicht." Wie das gelöst werden kann, weiß Michael Schmid auch nicht. "Neue Straßen? Wo sollen man die denn noch hinbauen. Ich denke, wir müssen damit leben. Die Autos sind nun mal da", sagte er.

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SZ vom 24.08.2012
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