Bundestagswahl im Landkreis Freising:Mehr Handlungsspielraum beim Wohnungsbau

Bundestagswahl im Landkreis Freising: Die Investoren des neuen Wohngebietes an der Angerstraße haben zugesichert, 33 der 650 Wohnungen als geförderten Wohnraum zu erstellen und die Kosten für die integrierte Kindertagesstätte zu übernehmen.

Die Investoren des neuen Wohngebietes an der Angerstraße haben zugesichert, 33 der 650 Wohnungen als geförderten Wohnraum zu erstellen und die Kosten für die integrierte Kindertagesstätte zu übernehmen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Bundesregierung will es mit dem Baulandmobilisierungsgesetz Kommunen erleichtern, Grundstücke für Wohnraum auszuweisen. Die Stadt Freising hat bereits selbst die Weichen in Richtung sozialen Wohnungsbau gestellt.

Von Henrike Adamsen, Freising

Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Diese Entwicklung betrifft längst nicht mehr nur Großstädte, sondern stellt auch Kommunen wie Freising vor große Herausforderungen. Um dem entgegenzuwirken, hat der Bundestag im Mai dieses Jahres das Baulandmobilisierungsgesetz verabschiedet. Das erklärte Ziel: Die Handlungsmöglichkeiten von Gemeinden und Städten sollen gestärkt werden. Aber können die vielen kleinen Änderungen im Baugesetzbuch und in der Baunutzungsverordnung den Wohnungsbau in Freising wirklich beeinflussen? Werden durch das Gesetz tatsächlich mehr Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt?

Wenn man sich die gesetzlichen Stellschrauben anschaut, wird deutlich: Vieles trifft auf eine Stadt wie Freising nicht zu, hängt noch von Entscheidungen des bayerischen Bauministeriums ab oder wurde in umfassenderer Form vom Freisinger Stadtrat schon in Angriff genommen. Als erster Punkt sollen kommunale Vorkaufsrechte ausgeweitet werden. Eine Gemeinde macht dann von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch, wenn sie sich bei einem bestehenden Vertragsabschluss zwischen Eigentümerin und Abnehmer, selbst als Käufer zwischenschaltet und ein Grundstück zum vereinbarten Vertragspreis erwirbt.

Das Vorkaufsrecht soll nun laut Gesetz auch auf Grundstücke zutreffen, die abgesehen von einem Zaun oder "vorläufigen" Bauten, unbebaut sind. Auch Schrottimmobilien schließt das erweiterte Vorkaufsrecht ein. Zudem sollen Gemeinden Grundstücke in Zukunft leichter zum Verkehrswert und nicht zum Marktpreis erwerben können, der durch Immobilienspekulation in die Höhe getrieben werden kann. Christl Steinhart von der Stadt Freising begrüßt diese Stärkung der Vorkaufsrechte - man warte aber noch auf die gesetzliche Umsetzung durch das bayerische Bauministerium.

Hohe Verfahrenshürden

Eine entsprechende Rechtsverordnung durch die bayerische Landesregierung erfordern auch die Erweiterung des Baugebots und die erleichterten Befreiungsmöglichkeiten von Bebauungsplänen, die das Baulandmobilisierungsgesetz beinhaltet. Ersteres räumt Gemeinden das Recht ein, Eigentümern von Grundstücken in angespannten Wohnungsmärkten vorzuschreiben, dort Wohnraum anstelle von gewerblichen oder kulturellen Einrichtungen zu schaffen. Ob dieser Vorstoß wirklich mehr Bauland schaffe, sieht Steinhart skeptisch. Denn das Baugebot bedeute einen starken Eingriff in Grundstückseigentum und sei mit hohen Verfahrenshürden verbunden.

Die Befreiung von Bebauungsplänen sorgt zum Beispiel dafür, dass Gemeinden leichter Anbauten und den Ausbau von Dachgeschossen genehmigen können. Insgesamt soll so Wohnraum auf Grundstücken entstehen, auf denen diese Art der Nutzung eigentlich nicht vorgesehen war.

Dörfliches Wohngebiet

Von der Einführung der neuen Baugebietskategorie "Dörfliches Wohngebiet", verspricht sich die Stadt Freising aus strukturellen Gründen ebenfalls keine nennenswerten Änderungen, weil diese auf eine besser räumliche Vereinbarkeit von Wohnen und Landwirtschaft abzielt. Auch für eine kleine Gemeinde wie Haag erwartet Bürgermeister Anton Geier keine großen Auswirkungen durch das Bundesgesetz. Im Innenbereich seien die verfügbaren Flächen größtenteils schon entwickelt. Ob das dörfliche Wohngebiet im Außenbereich eine Rolle spielen werde, müsse man noch sehen.

Ob das dörfliche Wohngebiet im Außenbereich eine Rolle spielen werde, müsse man noch sehen. Laut dem bayerischen Bauministerium ist indes immer noch unklar, ob Bayern von diesen neuen gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch machen wird und wann dies entschieden würde.

Wahlserie,Teil 4

In einer Serie zur Bundestagswahl am Sonntag, 26. September, wird die Freisinger SZ in den kommenden Tagen nicht nur alle Bundestagskandidatinnen und -kandidaten des Wahlkreises vorstellen. Es soll auch anhand einiger Beispiele beleuchtet werden, wie sich demokratische Entscheidungen auf Bundesebene konkret auf die Kommunalpolitik auswirken. Heute: Das Baulandmobilisierungsgesetz. sz

Teuer wohnen im Zentrum

Bleiben zwei strittige Maßnahmen. In Innenstädten entstehen meist hochpreisige Wohnungen. Mit dem sektoralen Bebauungsplan bekommen Gemeinden durch das Gesetz nun ein neues Planungsinstrument an die Hand, mit dem sie Eigentümern vorgeben können, wie Flächen für den sozialen Wohnungsbau genutzt werden sollen. Für Pressesprecherin Steinhart bleibt offen, welche Gestaltungsräume sich aus der Regelung ergeben, da sich die Grundstückseigentümer gegen das Gesetz wehren könnten. Außerdem sei zu befürchten, dass Investoren aufgrund der zeitlichen Befristung bis Ende 2024 abwarten würden, anstatt bautätig zu werden.

Zuletzt schafft das Baulandmobilisierungsgesetz Grundlagen, um die Umwandlung von Miets- in Eigentumswohnungen zu reduzieren. Diese Maßnahme gilt nur in Regionen, für die die Landesregierung einen angespannten Wohnungsmarkt festgestellt hat und bezieht sich auf Wohngebäude mit mehr als fünf Wohnungen. So betreffe die Regelung vor allem Wohnungsunternehmen und nicht Kleineigentümer. Auch hier sieht Steinhart wenig Anwendungsbezug. Als großstadtspezifisches Thema stufe sie die Maßnahme als "nicht so relevant" ein. 1000 Sozialwohnungen gab es Ende 2020 in der Stadt. Gemessen an den 48 000 Einwohnern der Kreisstadt eine verschwindend geringe Zahl.

Sozialgerechte Bodennutzung

Dennoch versucht die Stadt Freising selbst im Rahmen des Stadtentwicklungsplanes eine sozialgerechte Bodennutzung umzusetzen. Um der Wohnungsknappheit entgegenzuwirken, hat der Stadtrat 2017 den Beschluss über das "Kooperative Baulandmodell" gefasst, durch den bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden soll. Diese kommunale Baulandstrategie umfasst im Kern, dass 30 Prozent der Wohnfläche innerhalb eines Bebauungsplanverfahrens für den sozialen Wohnungsbau verwendet wird. Außerdem verpflichtet der Beschluss die Investoren, genannt Planungsbegünstigte, einen Teil der Infrastrukturkosten zu übernehmen.

Zwei Großprojekte im Stadtgebiet orientieren sich schon an dem kooperativen Baulandmodell. Obwohl die Wohngebäude in dem neuen Baugebiet an der Angerstraße vor dem Beschluss abgesegnet wurden, erklärte sich der Planungsbegünstigte bereit, 33 der 650 Wohnungen als geförderten Wohnraum zu nutzen und die Kosten für die integrierte Kindertagesstätte zu übernehmen. Anders beim Bauprojekt an dem als Erdbeerfeld bekannten Grundstück in Neustift. Hier entstehen entsprechend des Baulandmodells die vollen 30 Prozent geförderter Wohnraum.

Problematik erkannt

Es bleibt der Eindruck, die Stadt Freising habe selbst die Weichen in Richtung sozialen Wohnungsbau gestellt und sei wenig auf die Bundesgesetzgebung angewiesen. Immerhin zeige das Baulandmobilisierungsgesetz, "dass die Problematik beim Bund angekommen ist und ernstgenommen wird", zieht Christl Steinhart ihr Fazit. Für eine Bilanz, wie viel Fläche die Bundesinitiative tatsächlich durch die Kommunen mobilisieren kann, sei es auch laut Eva Zimmerhof vom Freisinger Landratsamt zu früh. Zunächst müssen die bayerischen Landespolitiker aktiv werden.

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