Bundestagswahl im Landkreis Freising:Schockierte Sieger

Die CSU holt mit Erich Irlstorfer zwar erneut das Direktmandat im Wahlkreis 214, muss aber teilweise erdrutschartige Verluste hinnehmen. Gewinner ist vor allem die AfD, die noch vor der SPD zweitstärkste Kraft wird.

Von Petra Schnirch, Freising

Ein strahlender Sieger sieht anders aus: Zwar hat CSU-Bundestagsabgeordneter Erich Irlstorfer sein Direktmandat wie erwartet klar verteidigt. Schon das Ergebnis aus der bisherigen CSU-Hochburg Gammelsdorf, die am Sonntagabend um 19.25 Uhr als erste Landkreis-Gemeinde ihre Zahlen ins Landratsamt übermittelte, deutete an, dass die CSU erdrutschartige Verluste in der Region hinnehmen musste. In Gammelsdorf sind es 16,6 Prozentpunkte. Gewinner dort sind - wie im gesamten Landkreis - AfD und FDP.

Landkreisweit rutschten die Christsozialen mit 36,8 Prozent sogar unter die 40-Prozent-Marke, das sind etwa elf Prozentpunkte weniger als vor vier Jahren. Auf Platz zwei folgt die AfD mit 12,35 Prozent, knapp vor der SPD mit 12,27 - damit hatte wohl niemand gerechnet. AfD-Direktkandidat Johannes Huber schafft über die Liste seiner Partei aller Voraussicht nach auch den Einzug in den Bundestag - als 13. von 14 Abgeordneten aus Bayern, wie er der SZ am späten Sonntagabend mitteilte.

AfD-Direktkandidat Johannes Huber schafft vorraussichtlich den Einzug in den Bundestag

Auf die Auszählungsergebnisse aus den 24 Landkreisgemeinden mussten Politiker und interessierte Bürger, die in den großen Saal des Landratsamts gekommen waren, lange warten. Versteinerte Gesichter gab es aber schon, als die bundes- und bayernweiten Hochrechnungen um 18 Uhr über den Bildschirm im Saal flimmerten. "Erschreckend" und "schockiert" waren die häufigsten Kommentare - quer durch alle Parteien. AfD-Vertreter waren nicht anwesend.

Es sei erschreckend, sagte SPD-Kreisvorsitzender Peter Warlimont an diesem denkwürdigen Wahlabend, dass eine "Partei des Hassens im Landkreis so einen Rückhalt hat". Im Markt Nandlstadt, Wohnort von Johannes Huber, erzielte der AfD-Direktkandidat mit 19,05 Prozent der Erststimmen sein bestes Ergebnis.

Der CSU sei es nicht gelungen "klare Kante" zu zeigen, kommentierte Kreisvorsitzender Florian Herrmann den Verlauf des Wahlabends. Bei den Themen Sicherheit und Flüchtlinge habe man sich offensichtlich nicht genug von den anderen Parteien abgrenzen können. Landrat Josef Hauner (CSU) warnte nun vor Schnellschüssen. Das Ergebnis müsse in den kommenden Tagen in Ruhe analysiert werden. "Es gibt sicher nicht nur eine Ursache." Er sei schon so lange in der Politik aktiv, er habe sowohl Höhen als auch Tiefen miterlebt - diesmal hat die CSU an den Ergebnissen schwer zu knabbern. In der Stadt Freising, wegen der Startbahn-Debatte ein besonders schwieriges Terrain für die Christsozialen, kam die Partei sogar nur auf 29,08 Prozent, noch einmal weniger als vor vier Jahren.

SPD-Direktkandidat Andreas Mehltretter hoffte bis zuletzt, dass die Sozialdemokraten die AfD im Landkreis noch überflügeln und wie 2013 zweitstärkste Kraft bleiben würden. Gelungen ist der Landkreis-SPD dies nur bei den Erststimmen - hier holt Mehltretter 14,08 Prozent und liegt somit hinter Irlstorfer (39,53 Prozent) auf Platz zwei. Landkreisweit verlor die SPD bei den Zweitstimmen etwa vier Prozentpunkte. "Für mich die einzig gute Nachricht ist", sagte der Stadtverbandsvorsitzende der SPD, Markus Grill, dass die große Koalition in Berlin "zu Ende ist". Das Abschneiden der Sozialdemokraten nannte er "traurig".

"Wir müssen uns gut überlegen, wie wir in den nächsten Jahren damit umgehen und dagegen halten"

Selbst in der Stadt Freising, in der die Grünen mit 18,32 Prozent wieder erwartet gut abschnitten, holte die Alternative für Deutschland noch 10,27 Prozent. "Wir müssen uns gut überlegen, wie wir in den nächsten Jahren damit umgehen und dagegen halten", kommentierte SPD-Kandidat Mehltretter das Abschneiden der Rechten. Es sei vor allem schwierig, dies den jungen Leuten zu erklären, die sich im Wahlkampf für die SPD stark engagiert hätten, und sie bei der Stange zu halten, damit sie sich auch weiterhin politisch engagieren würden.

Bundestagswahl im Landkreis Freising: Der Wahlkreisabgeordnete Erich Irlstorfer wird für die CSU auch weiterhin im Bundestag sitzen. Richtig glücklich kann er mit seinem Wahlergebnis jedoch nicht sein.

Der Wahlkreisabgeordnete Erich Irlstorfer wird für die CSU auch weiterhin im Bundestag sitzen. Richtig glücklich kann er mit seinem Wahlergebnis jedoch nicht sein.

(Foto: Marco Einfeldt)

Dem bundesweiten Trend entspricht auch der Wiederaufstieg der FDP im Landkreis Freising. Sie ist hier zwar nur fünftstärkste Partei, erzielte aber beachtliche 11,04 Prozent - nach 4,7 vor vier Jahren, als die Freien Demokraten den Einzug in den Bundestag verpassten. Die Grünen liegen knapp hinter AfD und SPD mit 12,07 Prozent. Das entspricht bei den Zweitstimmen in etwa den Zahlen von 2013.

Damit zeigte sich Freisings Bürgermeisterin Eva Bönig bei einer ersten Analyse zwar zufrieden - auch dass die Grünen auf Bundesebene besser abgeschnitten haben als in vielen Umfragen vor der Wahl. Nicht glücklich ist sie aber darüber, dass im Bund nun alles auf eine Jamaika-Koalition mit Union und FDP hinauslaufen wird, nachdem die SPD schon erklärt hat, dass sie für eine große Koalition nicht mehr zur Verfügung steht. Das sei "eine Kröte", die man vermutlich schlucken müsse. Sie betonte aber: "Wir müssen das nicht machen." Die Bundeskanzlerin müsse nun auf die Grünen zukommen und diesen etwas anbieten.

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