Bundestagswahl im Landkreis Freising:"Das Wichtigste ist Zuhören"

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Nach 24 Jahren als Rathauschef in der Marktgemeinde Au hat sich Karl Ecker eine Auszeit genommen. Jetzt will er wieder neu durchstarten. (Foto: Marco Einfeldt)

Bei seiner Kandidatur für den Bundestag setzt der 58-jährige Karl Ecker auf seine langjährige kommunalpolitische Erfahrung. Schon als 20-Jähriger hat er sein erstes politisches Amt übernommen. In Berlin will er die Interessen der Kommunen vertreten.

Von Peter Becker, Freising

Bürgermeister Kobel scheint einen Blick für politische Talente gehabt zu haben. Das ehemalige Oberhaupt der Marktgemeinde Au verfiel auf die Idee, Karl Ecker zu fragen, ob er nicht auf der Liste der Freien Wähler für den Gemeinderat kandidieren möchte. Dieser war ihm aufgrund seiner Aktivitäten in der Kolpingjugend und später im Pfarrgemeinderat aufgefallen. "Politisch war ich schon immer interessiert", sagt Karl Ecker, der jetzt gerne für die Freien Wähler in den Bundestag einziehen möchte. Er fragte seine Eltern um Rat. Und weil es damals noch eine Ehre war, wenn einen der Bürgermeister bat, doch für den Gemeinderat zu kandidieren, rieten ihm diese zu. Und so übernahm Ecker als 20-Jähriger sein erstes politisches Amt.

Der Vater wird diesen Augenblick Jahre später bereut haben. Sein Sohn hatte mittlerweile eine Ausbildung zum Holzbearbeitungsmechaniker mit Auszeichnung abgeschlossen und sollte das Sägewerk übernehmen. Der Vater hatte tüchtig investiert und den Familienbetrieb modernisiert. Umso enttäuschter war er, als sich Karl Ecker entschloss, 1996 für das Bürgermeisteramt zu kandidieren. Dieser wurde mit 57 Prozent der Stimmen zum Auer Bürgermeister gewählt.

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"Die Leute wollen reden, aber nicht mit Programmen zugedröhnt werden"

Seine kommunalpolitische Erfahrung ist durchaus ein Pfund, mit dem der heute 58-jährige, ehemalige Bürgermeister bei seiner Bewerbung für den Bundestag wuchern kann. "Das Wichtigste ist Zuhören", sagt Ecker. Eine Eigenschaft, die er zu seinen Stärken zählt. Er persönlich habe stets ein offenes Ohr und orientiere sich an den Menschen. "Die Leute wollen reden", beschreibt er eine der Erfahrungen, die er in den vergangenen Wochen an den Wahlständen gemacht hat. "Aber sie wollen nicht mit Programmen zugedröhnt werden." Und bisweilen sind kommunal- und bundespolitische Themen eng verzahnt. Beispielsweise, was das Schaffen von Wohnraum anbelangt oder den Bau von Umgehungsstraßen. Ecker hat da als Bürgermeister so seine Erfahrungen gemacht.

24 Jahre als Rathauschef haben aber Spuren hinterlassen. Für viele überraschend hat Ecker bei den Kommunalwahlen 2020 nicht mehr kandidiert. "Ich war ausgelaugt bis zum Letzten", gesteht er. Die langen Jahre als Bürgermeister waren nicht immer ein Zuckerschlecken für ihn. Zu seinen weiteren Tugenden zählt Ecker, dass er sich Pläne in den Kopf setzen kann, um diese anschließend mit Nachdruck zu verfolgen. Wie zum Beispiel bei der Umsetzung des Auer Marktplatzes oder der Realschule. Damit hat er sich nicht überall Freunde geschaffen. Es hagelte Kritik, bisweilen unsachgemäß. "Das geht an die Substanz", sagt Ecker. Das habe Narben hinterlassen, die immer wieder aufgebrochen seien.

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Damit hat der Bezirksvorstand die Voraussetzungen geschaffen, dass der langjährige Auer Bürgermeister auf der Landesliste einen der vorderen Plätze erhält.

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Praktischen Sachverstand in die Parteienlandschaft einbringen

Für manch einen passt diese Auszeit, die sich Ecker genommen hat, um sich dann für den Bundestag zu bewerben, nicht zusammen. Kritiker finden dies unglaubwürdig. "Ich habe aber diese Auszeit gebraucht", beteuert Ecker. Er verordnete sich mehr Bewegung und stellte seine Ernährung um. Langsam besserte sich sein Befinden. Und ganz von der politischen Bühne war er nicht verschwunden. Ecker hatte ja den Einzug in den Kreistag geschafft. So ganz versteht er deshalb diese Kritik nicht. "Eigentlich sollte man sich freuen, wenn jemand aus seinem Tief rauskommt", findet er. Zusätzlichen Auftrieb hat ihn die Unterstützung im Wahlkampf gegeben. Auch aus den Landkreisen Pfaffenhofen und Neuburg an der Donau, die zum Wahlkreis gehören. Dort habe er schnell Fuß gefasst. "Die kämpfen für mich. Das erinnert mich an die Zeit, als ich als Bürgermeister kandidiert habe."

Ja braucht's denn eigentlich Freie Wähler in Berlin?", fragt sich manche Wählerin und mancher Wähler. Sehr wohl, meinte Eckers Parteifreund Benno Zierer kürzlich während der Jahreshauptversammlung der Gruppierung. Sie würden endlich mal wieder praktischen Sachverstand in die Parteienlandschaft einbringen. Ecker bestätigt dies aus Sicht der Kommunen. Viele hätten das Gefühl, diese würden in der großen Politik außen vor gelassen. Dies habe er aus Gesprächen mit Bürgermeistern herausgehört. Sie hätten das Gefühl, Vieles werde ihnen nur übergestülpt. Von diesen Bürgermeistern bekam Ecker im Falle seiner Wahl auf den Weg mit, "die Interessen der Kommunen von unten nach oben zu tragen".

Ecker will überbordende Bürokratie reduzieren

Als ehemaliger Bürgermeister weiß Ecker selbst, wo viele Gemeinden "der Schuh drückt." Das sei vor allem die überbordende Bürokratie. "Die frisst viel Zeit und Geld." Als Beispiel nennt Ecker die Ausstattung für digitale Klassenzimmer. Der Papierkrieg, um an Zuschüsse zu kommen, sei überzogen sagt Ecker. Die Reduzierung der Bürokratie liegt ihm am Herzen.

Im Gegensatz zum Bundesvorsitzenden der Freien Wähler Hubert Aiwanger hat Ecker sich impfen lassen. Dies sei die beste Möglichkeit, die Pandemie zurückzudrängen, sagt er. Er selbst würde das Impfangebot niemandem aufdrängen wollen. Ecker findet es schade, dass das Thema so ausgeschlachtet wurde. Ob sich das zu Lasten der Freien Wähler auswirkt, werde sich am Wahlergebnis zeigen.

Im Fall eines Wahlsiegs gelte es überparteilich zusammenzuarbeiten

Die Jahreshauptversammlung der Freien Wähler vor gut einer Woche war noch getragen von der Euphorie über das gute Abschneiden bei den Kommunalwahlen. Seitdem stellt die Gruppierung 15 Bürgermeister in den 24 Kommunen des Landkreises. Dieses Ergebnis ein zu eins auf die Bundestagswahl umzumünzen, funktioniere aber nicht, sagt Ecker. Andererseits hat er an den Konstellationen im Nachbarlandkreis Pfaffenhofen abgelesen, dass die CSU nicht unbedingt mehr ein "Mehrheitsbeschaffer" ist. Die Partei musste dort bei den Kommunalwahlen Federn lassen.

"Es geht aber nicht um das Wohl der Partei, sondern um das der Wählerinnen und Wähler", betont Ecker. Sein Ziel sei es, im Falle eines Wahlsiegs überparteilich zusammenzuarbeiten. "Heute ist nichts mehr unmöglich", sagt Ecker. In der Folge also auch nicht, dass er Erich Irlstorfer das Direktmandat abspenstig machen könnte. Schließlich hat er als ehemaliger Bürgermeister einen gewissen Bekanntheitsgrad. Dass politisches Talent und kommunalpolitische Erfahrung nicht brach liegen dürfen, das haben Landrat Helmut Petz und Maria Scharlach, Kreisvorsitzende der Freien Wähler erkannt. Sie überzeugten Ecker davon, dass er der richtige Bundestagskandidat für die Gruppierung sei. Viel Überredungskunst mussten sie dazu nicht aufbringen.

© SZ vom 17.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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