Trauer bei der Kreis-SPD nach der Bundestagswahl:„Wir haben jetzt keinen Kümmerer mehr“

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Katerstimmung bei der Wahlparty der SPD mit Andreas Mehltretter in Pulling.
Katerstimmung bei der Wahlparty der SPD mit Andreas Mehltretter in Pulling. (Foto: Marco Einfeldt)

Seit über 20 Jahren sind Beate Frommhold-Buhl und Herbert Bengler schon in der SPD. Auf so ein miserables Wahlergebnis blicken sie aber zum ersten Mal. So ist ihre Stimmung am Tag der Wahl.

Von Antonia Grabowski

Nach den historisch schlechten Wahlergebnissen für die SPD ist die Trauer bei den Genossen auch im Wahlkreis Freising groß. Denn der Direktkandidat Andreas Mehltretter zieht nicht wieder in den Bundestag ein. Das Direktmandat im Wahlkreis 213 holte die CSU mit Christian Moser. Andreas Mehltretter steht auf Listenplatz 17 der Bayern-SPD, doch diese darf nur 14 Abgeordnete nach Berlin senden. Für Mehltretter hat es also nicht gereicht.

„Ich war zwar enttäuscht und traurig, aber vorbereitet“, kommentiert Beate Frommhold-Buhl das Ergebnis. Sie sitzt für die SPD im Gemeinderat Neufahrn. Seit 25 Jahren ist sie Sozialdemokratin. Für die Region sei das Ergebnis bedauerlich: „Was mich wirklich betrübt ist, dass unser Abgeordneter Andreas Mehltretter nicht reingekommen ist. Wir haben jetzt keinen Kümmerer mehr.“ In Zukunft übernehme dessen Arbeit ein Betreuungsabgeordneter. Aber so präsent wie Mehltretter werde der- oder diejenige nicht mehr sein, fürchtet Frommhold-Buhl.

Sorge wegen des „eklatanten Rechtsrucks“

Auch Herbert Bengler, langjähriges SPD-Mitglied und Freisinger Kreisrat, bedauert, dass Mehltretter nicht wieder in den Bundestag einzieht. „Klar trifft mich das Ergebnis“, sagt Bengler. Mehltretter habe sich so sehr für die Menschen in seinem Wahlkreis eingesetzt. Die zum großen Teil gute Arbeit der SPD werde einfach nicht anerkannt. Aber der Wähler habe gewählt, ob ihm das gefalle oder nicht, sagt Bengler. Dann fügt er hinzu: „Noch leben wir Gott sei Dank in einer Demokratie.“ Aber wenn er Merz bei seinen Reden zuhöre, denkt er manchmal an „Trump 2.0“.  Mit dessen Entweder-oder-Forderungen funktioniere Politik nicht.

Bei Herbert Bengler bleiben Wut und Unverständnis über das Ergebnis: „Wenn ich in Langenbach sehe, wie viele AfD gewählt haben, ist mir das nicht mehr verständlich. Uns geht es hier gut, wir haben keine großen wirtschaftlichen Probleme, aber trotzdem wählen die Leute Rechtsradikale.“ Der Rechtsruck in Deutschland sei eklatant. Bengler macht sich Sorgen um die Zukunft.

Beate Frommhold-Buhl macht auch die Diskursverschiebung nach rechts für das Ergebnis verantwortlich.
Beate Frommhold-Buhl macht auch die Diskursverschiebung nach rechts für das Ergebnis verantwortlich. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Diskursverschiebung nach rechts sieht auch Beate Frommhold-Buhl als einen Grund für das schlechte Wahlergebnis. Es sei alles überlagert worden, so dass alle – auch die SPD – versucht hätten, dem hinterherzulaufen. Für die Menschen sei nicht mehr klar gewesen, welche Themen wirklich in der Genetik der SPD liegen.

Es braucht klare Aussagen und eine klare Haltung

Für Europa und Deutschland wäre es wünschenswert, dass die SPD wieder stärker würde, so der Kreistagsabgeordnete Herbert Bengler. Im Kreistag werde er oft von Bürgerinnen und Bürgern angesprochen, ob die SPD in ihrer Sache nicht helfen könne: „Sie sind hier unser großer Unterstützer, heißt es dann. Aber mit fünf Leuten im Kreistag? Dann müsst ihr uns in Zukunft vielleicht auch wählen“, so Benglers Appell. Auf Bundesebene brauche die SPD zunächst einen Generationenwechsel, neue Ideen, klare Aussagen und eine klare Haltung.

Beate Frommhold-Buhl bleibt mit Blick auf das Wahlergebnis trotzdem optimistisch. Irgendwann werde sich die Sozialdemokratie schon wieder berappeln. Zumal sie in einer potenziellen Koalition nun auch dringend gebraucht werde, auch von Friedrich Merz. Für eine Koalition mit der SPD brauche es aber ein Entgegenkommen der CDU, so die Gemeinderätin. Die Neubesetzung der SPD-Spitze warte sie nun in Ruhe ab.

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