Bundestagswahl im Landkreis Freising:Freisinger Quartett

Bundestagswahl im Landkreis Freising: Neben Erich Irlstorfer (CSU, von links oben im Uhrzeigersinn) ziehen über die Landeslisten ihrer Parteien auch Andreas Mehltretter (SPD), Johannes Huber (AfD) und Leon Eckert (Grüne) in den Bundestag ein.

Neben Erich Irlstorfer (CSU, von links oben im Uhrzeigersinn) ziehen über die Landeslisten ihrer Parteien auch Andreas Mehltretter (SPD), Johannes Huber (AfD) und Leon Eckert (Grüne) in den Bundestag ein.

(Foto: Marco Einfeldt, Privat)

Erstmals ist der Landkreis mit gleich vier Abgeordneten im Bundestag vertreten. Nach Erich Irlstorfer (CSU), Johannes Huber (AfD) und Andreas Mehltretter (SPD) wusste Leon Eckert (Grüne) erst am Montagmorgen sicher, dass auch er es geschafft hat.

Von Petra Schnirch, Birgit Goormann-Prugger, Alexander Kappen und Alexandra Vettori, Freising

Die Sensation ist perfekt: Der Landkreis Freising ist künftig tatsächlich mit vier Abgeordneten im Deutschen Bundestag vertreten. Nachdem sich Erich Irlstorfer (CSU) am Sonntag erneut das Direktmandat im Wahlkreis 214 gesichert hat und Johannes Huber als Sechster auf der Landesliste der AfD auch schnell feststellte, dass er wieder dabei sein wird, war es für Andreas Mehltretter (SPD) und Leon Eckert (Grüne) eine lange Nacht: Erst gegen Mitternacht konnten beide einigermaßen sicher sein, dass sie es ebenfalls über die Listen ihrer Parteien geschafft haben. Besonders Eckert musste zittern: Die bayerischen Grünen werden 18 Abgeordnete in den neuen Bundestag entsenden, der junge Echinger stand auf Listenplatz 18.

Bundestagswahl im Landkreis Freising: Erich Irlstorfer hat für die CSU erneut das Direktmandat errungen.

Erich Irlstorfer hat für die CSU erneut das Direktmandat errungen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Erich Irlstorfer hatte am Sonntagabend schon gesagt, dass ihn das Ergebnis der Union nicht sonderlich freue. "Das ist nicht unser Anspruch. Das muss man analysieren und schauen, was falsch gemacht wurde und das Vertrauen zurückholen", kommentierte er das Ergebnis. Auch am Morgen nach der Wahl geht es Irlstorfer in erster Linie um die Analyse, auch was sein persönliches Abschneiden betrifft. "Ich werde mich zunächst mit meinem Team intern zusammensetzen und besprechen", sagte er. Am Montagnachmittag stand dann für Irlstorfer eine Sitzung des CSU-Bezirksvorstand mit Ilse Aigner an und am Abend eine Sitzung der drei CSU-Kreisverbände.

"Am Dienstag kommt am Mittag dann die CSU-Landesgruppe zusammen und am Nachmittag ist Fraktionssitzung, da werden wir besprechen, was gut gelaufen ist und was weniger gut gelaufen ist, das werden wir reflektieren und dann schauen wir weiter". Natürlich habe ihn die Kandidatur von Karl Ecker für die Freien Wähler auch einige Stimmen gekostet, so Irlstorfer. "Da, wo der ehemalige Auer Bürgermeister einen gewissen Bekanntheitsgrad hat, hat er natürlich punkten können. Das sind Achtungserfolge, die mich in meinem Fundament aber nicht durcheinandergebracht haben", so Irlstorfer. Grundsätzlich hätten die Freien Wähler bei dieser Wahl aber nur eine untergeordnete Rolle gespielt

Johannes Huber

Johannes Huber wird für die AfD Parlamentarier.

(Foto: privat)

Johannes Huber: Mit Platz sechs auf der Landesliste kann sich Johannes Huber, Kandidat der AfD, über den Wiedereinzug in den Bundestag freuen. Landkreisweit sind auf ihn 9,4 Prozent der Erststimmen entfallen. Nicht so glücklich war er mit dem generellen Abschneiden seiner Partei, "da wird man schon noch mal die Ursachen analysieren müssen". In Bayern, schätzte Huber, lag es auch an den Freien Wählern, die hätten Stimmen gekostet. Mit seinem persönlichen Ergebnis ist Huber dagegen sehr zufrieden, im Gegensatz zur vorigen Bundestagswahl habe die AfD im Wahlbezirk 14 diesmal mehr Erst- als Zweitstimmen bekommen. "Da sieht man, dass ich auch von nicht traditionellen AfD-Wählern die Stimme bekommen habe. Das sehe ich als Auftrag für meine Arbeit: Die Interessen der kritischen Bürger zu vertreten, die, wie ich, der Meinung sind, dass die bisherige Regierung keine gute Arbeit gemacht hat."

Am kommenden Mittwoch werde sich die neue AfD-Fraktion konstituieren, dann werde auch der Vorstand gewählt. "Da habe ich keine Ambitionen", betonte Huber, "ich sehe mich als Mann der Basis. Da macht Politik auch Spaß."

Bundestagswahl im Landkreis Freising: Andreas Mehltretter zieht über die Landesliste für die Sozialdemokraten in den Bundestag ein.

Andreas Mehltretter zieht über die Landesliste für die Sozialdemokraten in den Bundestag ein.

(Foto: Marco Einfeldt)

Andreas Mehltretter: Dass Andreas Mehltretter über die Liste in den Bundestag einzieht, kommt nach den Umfrage-Ergebnissen der SPD in den vergangenen Wochen nicht ganz überraschend. "Die ungefähre Richtung war schon absehbar", sagte Mehltretter am Montagvormittag. Bei 23 SPD-Abgeordneten aus Bayern schaffte Mehltretter als 15. auf der Liste den Sprung nach Berlin letztlich recht souverän. Am Montagnachmittag brach er schon mit dem Zug Richtung Bundeshauptstadt auf. An diesem Dienstag steht die erste Fraktionssitzung auf dem Plan. "Derweil laufen auch andere Dinge, die man so organisieren muss, ich schaue schon nach einer Zweitwohnung, weil ich ja 20 Wochen im Jahr in Berlin sein werde", so Mehltretter.

Mit seinem Abschneiden im Landkreis Freising, wo der 29-Jährige bei den Direktkandidaten mit 13,9 Prozent ebenso dritte Kraft ist wie die SPD mit 15,4 Prozent bei den Zweitstimmen, ist er zwar zufrieden. "Aber es hätte schon noch ein bisschen besser sein können." Allerdings müsse man auch "gewisse Sondereffekte" beachten. Etwa, "dass die Grünen bei uns im Landkreis grundsätzlich sehr stark sind und dass Karl Ecker von den Freien Wählern viele Jahre Bürgermeister war und ein besonderes Standing hat". Auf dem Ergebnis könne man aufbauen, "im gesamten Wahlkreis sind wir ja auf Platz zwei".

Mit Blick auf das Bundesergebnis findet es Mehltretter befremdlich, dass die Union Ansprüche stellt, die neue Regierung zu bilden. "Am Anfang, als es geheißen hat, dass SPD und Union gleichauf liegen, war das ja noch okay", sagt er, "aber später war das dann echt unmöglich: Die Union hat über acht Prozent verloren und hat fast zwei Prozent weniger als die SPD, da sollte man sich mal höflich zurückhalten und die SPD die Regierung bilden lassen".

Beim Bestreben, eine Ampel-Koalition mit FDP und Grünen zu bilden und nach Schnittmengen zu suchen, "werden die Verhandlungen nicht einfach sein", meint Mehltretter, "gerade bei der Wirtschafts- und Sozialpolitik". Dass die FDP das Ampel-Bündnis platzen lassen und auf eine schwarz-grün-gelbe Koalition ohne den Wahlsieger SPD setzen könnte, befürchtet der neue Abgeordnete nicht. "Passieren kann alles, aber ich glaube nicht, dass es sich die FDP noch mal leisten kann wegzulaufen." Als sie vor vier Jahren die Verhandlungen mit Union und Grünen abgebrochen habe, "war das schon grenzwertig, dass Herr Lindner noch mal so einen Stunt bringen kann, glaube ich nicht".

Bundestagswahl im Landkreis Freising: Trat für die Grünen an und bekam das Mandat dank seines Landeslistenplatzes: Leon Eckert.

Trat für die Grünen an und bekam das Mandat dank seines Landeslistenplatzes: Leon Eckert.

(Foto: Marco Einfeldt)

Leon Eckert: Am Morgen nach dem langen Wahltag klang Leon Eckert noch sehr müde und fast ein wenig sprachlos. Gegen Mitternacht zeichnete sich bereits ab, dass das Ergebnis der Grünen reichen könnte, damit er in den Bundestag einzieht. Ganz in der Früh hatte er dann Gewissheit, als die Nachricht eintraf. "Es war eine richtige Achterbahnfahrt, ich bin total geflasht", sagte er. Er könne das noch gar nicht richtig in Worte fassen. Die bayerischen Grünen werden im neuen Bundestag 18 Abgeordnete stellen - Leon Eckert schaffte mit Platz 18 auf der Landesliste gerade noch den Sprung in den Bundestag. Wach war er bereits, als die Nachricht einging, denn ein Feueralarm hatte den aktiven Feuerwehrmann geweckt. Er habe dann aber nicht ausrücken können, weil er in der Wahlnacht seinen Fahrradschlüssel vermutlich bei der Wahlparty verloren habe, erzählt er. Noch am Vormittag brach er Richtung Berlin auf.

Trotz seines persönlichen Erfolgs - wirklich zufrieden ist er mit dem bundesweiten Wahlergebnis nicht, "weil die Kräfte, die für Veränderung stehen, nicht genügend Stimmen bekommen haben", sagte er. "Ich habe mir mehr erhofft", gibt er zu. Es werde die Herausforderung sein, diese Kräfte in der Regierung zu bündeln. Das 1,5-Grad-Ziel einhalten zu können, der Kampf gegen eine weitere Erderwärmung, sei die große Klammer. Chancen, etwas zu verändern, sieht er eher in einer Koalition mit SPD und FDP als mit der Union. Die habe gesagt, dass sie eigentlich nichts verändern wolle, sagte Eckert und spielt damit auf eine entsprechende Äußerung von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet nach der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und im Ahrtal an.

Obwohl er sich für seine Partei mehr erhofft hatte, verweist er darauf, dass die Grünen ihr bisher bestes Ergebnis erzielt haben. Eckert selbst kam im Landkreis mit 15,3 Prozent auf Platz zwei, hinter Erich Irlstorfer. Bei den Zweitstimmen rangiert die Partei mit 16,2 Prozent ebenfalls auf Rang zwei - und über dem Bundesergebnis von 14,8 Prozent. Im Wahlkampf seien die Grünen im Wahlkreis auch "in die Fläche" gegangen, sagt Eckert. Drei neue Ortsverbände sprächen für sich.

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