Bundestagswahl im Landkreis Freising:Kontrollierter Stimmenfang

Bundestagswahl im Landkreis Freising: Eine Verordnung gibt vor, wie viele Plakate im Wahlkampf aufgehängt und geklebt werden dürfen. Das wird auch beobachtet.

Eine Verordnung gibt vor, wie viele Plakate im Wahlkampf aufgehängt und geklebt werden dürfen. Das wird auch beobachtet.

(Foto: Marco Einfeldt)

Nicht alles ist im Wahlkampf erlaubt, die politischen Gegner beobachten sich gegenseitig argwöhnisch und melden Verfehlungen auch schon mal der Kommunalaufsicht. Die muss diesen Beschwerden nachgehen.

Von Thilo Schröder, Freising

Ein Bundestagsabgeordneter, der sein Wahlkreisbüro verbotenerweise um Erststimmen werben lasse; eine Gemeinde, die Parteien mit Kommunalmandaten bei der Vergabe von Wahlkampfplakaten bevorzuge; Parteien, die mehr Plakate als erlaubt aufhängen würden, ohne dass die Gemeindeverwaltung einschreite: Diese Vorwürfe werden im laufenden Bundestagswahlkampf im Landkreis Freising erhoben. Was ist dran? Die Freisinger SZ hat Beschuldigte mit der Kritik konfrontiert und bei der Kommunalaufsicht nachgefragt. Teilweise wurden auch Wahlplakate heruntergerissen oder verunstaltet.

Briefe an Erstwähler zu schicken und so um ihre Stimme zu werben, ist vor Wahlen eigentlich nichts Ungewöhnliches. Die dafür benötigten Daten dürfen Bewerber bei den Behörden temporär erwerben. Das hat auch der Freisinger Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer (CSU) getan; eines seiner Schreiben vom 11. September liegt der Freisinger SZ vor. Problematisch an dem Dokument scheint hinsichtlich der Aufmachung jedoch, dass es aus Irlstorfers Wahlkreisbüro in Gammelsdorf verschickt wurde.

Irreführende Angaben und fehlende Datenschutzhinweise in Irlstorfers Erstwählerbriefen

Laut Abgeordnetengesetz, § 12, müssen sich die dort Beschäftigten nämlich im Wahlkampf raushalten: "Ausgeschlossen ist die Erstattung (von Aufwendungen, Anm. d. Red.) für Tätigkeiten der Mitarbeiter, die nicht der Unterstützung bei der Erledigung der parlamentarischen Arbeit dienen und deshalb nicht in der Arbeitszeit ausgeübt werden dürfen." In dem Schreiben finden sich zudem keine Informationen darüber, woher die Daten der adressierten Person stammen, wie diese verarbeitet werden und wie man dem künftig widersprechen kann. Genau das fordert allerdings Artikel 14 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Haben Sie da geschlampt, Herr Irlstorfer, oder war das Absicht? "Das ist alles ordentlich bezahlt, nicht aus Bundestags-Geldern, sondern aus dem Wahlkampfbudget", betont der 51-Jährige auf Nachfrage. Man habe "alles überprüft", vermutlich sei "ein Schreibfehler" passiert. Er übernehme dafür die Verantwortung. "Ich bedaure das." Und der fehlende Datenschutz-Hinweis? "Das hätte man mit Sicherheit machen können, auch wenn Mitbewerber das auch nicht machen - das ist aber keine Rechtfertigung."

Ungleiche Zuteilung von Plakatflächen in Hallbergmoos: "nachvollziebare Rüge"

Beschwerden gibt es auch an anderer Stelle im Wahlkampf. Kritisiert wird, dass die Gemeinde Hallbergmoos auf einer Plakatwand für Wahlwerbung zunächst jenen Gruppierungen mit Gemeinderatsmandaten je zwei Plakatplätze zugeschrieben habe, anderen Gruppierungen aber nur je eine. Landratsamtssprecher Robert Stangl bestätigt, dass der Kommunalaufsicht am Landratsamt "eine Beschwerde hinsichtlich der Plakatierungspraxis in der Gemeinde Hallbergmoos" vorgelegen habe. Man habe die Gemeinde darauf hingewiesen, dass das Vorgehen nicht ihrer Plakatierungsordnung entspreche. Die Gemeinde habe daraufhin am 7. September versichert, "dass die nicht rechtmäßige doppelte Plakatierung beseitigt worden" sei. Weitere Beschwerden seien nicht bekannt.

Die Hallbergmooser Gemeindeverwaltung bestätigt den Vorfall, hinter dem "kein böser Wille" stehe, wie Pressesprecherin Julia Hollmer betont. Der Wahlleiter habe, da auf der Wand noch Platz gewesen sei, weitere Plakate aufgehängt. Die Rüge der Kommunalaufsicht sei "nachvollziehbar", der Bauhof habe die doppelten Plakate umgehend abgehängt beziehungsweise überklebt.

Wahlplakate der Freisinger Linke beschädigt und mit Aufklebern verunstaltet

Ein weiterer Vorwurf betreffend die Plakatierung im Wahlkampf richtet sich an die Gemeinde Kirchdorf. Die CSU, so wird moniert, habe vor Ort deutlich mehr als die erlaubten zwei Plakate pro Gruppierung aufgehängt. Von solchen Vorgängen von Überplakatierung hat die Kommunalaufsicht "keine Kenntnis", wie das Landratsamt mitteilt. Die Gemeinde Kirchdorf bestätigt indes auf Nachfrage die Beschwerde "einer konkurrierenden Partei" und die Aufforderung an die CSU, überzählige Plakate zu entfernen. "Dem wurde dann auch nachgekommen." Erfahrungsgemäß kontrollierten sich Parteien gegenseitig.

In Freising kämpft die Linke derweil mit beschädigten Wahlplakaten. Wie Rosemarie Eberhard aus dem Kreisvorstand der Partei berichtet, hat der Verband Anzeige gegen Unbekannt erstattet "wegen der akuten Zerstörung unserer Plakate". In ihrer Mitteilung samt Beweisfotos an die Polizei heißt es, dass neben heruntergerissenen Plakaten ab Mitte August auch etwa 20 Exemplare mit Aufklebern verunstaltet worden seien. Sie spielen auf den früheren DDR-Staatschef Erich Honecker und den Sozialismus an. Der Schaden beläuft sich laut Eberhard auf rund 350 Euro.

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