Bürgerprotest:Rote Karte für die Strabs

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Nur drei Stunden haben Vertreter der BI Freising gebraucht, um 350 Unterschriften für die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung zu sammeln. Nun soll sich Landtagsabgeordneter Florian Herrmann der Sache annehmen.

Von Alexandra Vettori, Freising

Eine ganze Reihe Roter Karten ist schon mit der Post im Freisinger CSU-Büro eingegangen, 350 weitere überreichten am Montagvormittag drei Vertreter der Bürgerinitiative gegen die Straßenausbauverordnung, kurz Strabs genannt. In Empfang genommen hat sie Florian Herrmann, CSU-Landtagsabgeordneter und genau der richtige Mann dafür. Denn Herrmann ist nicht nur der Freisinger Stimmkreisvertreter, sondern auch Vorsitzender des Innenausschusses im Landtag, dem die Strabs so zu verdanken ist, wie sie ist.

Und das ist, so finden immer mehr Menschen im Land, in erster Linie einmal ungerecht, daher die Roten Karten. 130 Bürgerinitiativen haben sich mittlerweile in Bayern dagegen gegründet, und auch die Freisinger hätten am Samstag zuvor nur drei Stunden gebraucht, um 350 Rote Karten von Passanten in der Innenstadt unterschrieben zu bekommen, berichtete Dieter Hillenbrand, Sprecher der Freisinger Initiative. Die hat sich 2015 gegründet, als klar wurde, dass die Hauseigentümer in der Innenstadt mittels Strabs einen erklecklichen Anteil der Sanierung zahlen sollten. Die Sätze von 70 Prozent Umlegung der Kosten sind inzwischen zwar auf 45 Prozent gesenkt worden, doch dafür, schimpft Hillenbrand hätten die exklusiven Wünsche des Stadtrates, von LED-Beleuchtung bis portugiesischem Granit, dafür gesorgt, dass die Summen für einzelne Anwohner weiterhin sehr hoch sind. Die Freisinger Innenstadtsanierung ist das augenfälligste Beispiel im Landkreis für die Widrigkeiten der Strabs. Hillenbrand selbst muss nach aktuellem Stand 18 500 Euro als Beitrag zur Sanierung der Weizengasse zahlen, Robert Peyr, ebenfalls BI-Mitglied, ist doppelt schlecht dran. Weil er ein Eckhaus besitzt, das an zwei zu sanierenden Straßen liegt, sind über 50 000 Euro fällig. "Nur weil wir Hausbesitzer sind, heißt das nicht, dass wir das Geld auf dem Konto haben", schimpft Hillenbrand. Und von dem viel beschworenen Wertzuwachs habe man auch nur etwas, wenn man das Haus verkaufe. "Das will ich aber nicht, ich lebe hier mit meiner Familie, schon immer", so Hillenbrand. Gleich gegenüber sei eine öffentliche Tiefgarage, von der hätten die Anwohner nun wirklich nichts.

All diese Argumente kennt Florian Herrmann, dazu bekommt er, wie er am Montag betonte, auch die andere Seite zu hören. "Was glauben Sie, was die Bürgermeister sagen? Die meisten wollen die Strabs behalten." Nichtsdestotrotz sei das Thema in Bewegung, seit die Freien Wähler im Landtags so "plump vorgeprescht sind", wie er betonte. Man könne, so Herrmann davon ausgehen, dass sich auf der Landesebene etwas ändere, man weiß aber nicht, was."

Ohnehin laufe derzeit eine bayernweite Evaluierung, bei der die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Kommunen abgefragt würden, bis Februar sollen Ergebnisse vorliegen. Durch den Vorstoß der Freien Wähler im Landtag nehme der Lauf der Gesetzgebung parallel dazu Fahrt auf. Er sei überzeugt, dass die CSU einen eigenen Gesetzentwurf einbringen werde. Die Grundsatzfrage, ob es legitim sei, Anlieger zu Beiträgen heranzuziehen, würde er persönlich vom Prinzip her bejahen, allerdings dürfe es nicht zu Überforderungen kommen. "Gerade bei Innenstadtsanierungen ist man sehr schnell beim allgemeinen Nutzen. Die Gesamtverschönerung ist ein politisches Anliegen der Stadt", so Herrmann. Die bloße Abschaffung der Strabs wird es nach seinen Worten aber eher nicht geben, dazu sei das Thema zu komplex. Eher laufe es auf klarere Vorgaben für die Kommunen hinaus.

Im Landkreis haben derzeit nur zwei Kommunen keine Satzung, Hallbergmoos und Paunzhausen. Erstere Gemeinde ist so reich, dass sie nichts auf ihre Bürger umlegen muss, zweitere ist so widerspenstig, dass sie es nicht tut. "Wir haben einfach keine Satzung erlassen, weil, egal, wie ich sie mache, sie ist immer ungerecht", sagte der Paunzhausener Bürgermeister Hans Daniel (Freie Wähler). Allerdings, räumte er ein, habe das Landratsamt Freising bereits Konsequenzen für Bürgermeister und Gemeinderat angedroht, "deswegen fällt mir jetzt schon ein Stein von Herzen, dass da was ins Rollen kommt".

© SZ vom 12.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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