Bewährung:Drei Polizisten verletzt

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Richter fällt mildes Urteil über Frau mit psychischen Problemen

Von Alexander Kappen, Freising

Die junge Frau saß mit gesenktem Blick auf der Anklagebank. Ihr war die Sache sichtlich unangenehm. Es tue ihr leid, dass sie bei einem Polizeieinsatz im Februar drei Beamten Schmerzen zugefügt habe, sagte die 25-Jährige am Freisinger Amtsgericht. Sie entschuldigte sich im Gerichtssaal persönlich bei den drei Polizisten. Die Beamten waren damals von einem 68-jährigen Freisinger gerufen worden, weil er die Angeklagte in einem unversperrt abgestellten Auto seiner Familie erwischt undeinen Diebstahlversuch vermutet hatte. Für Letzteren sah Richter Michael Geltl keinen Anhaltspunkt, er verurteilte die psychisch kranke Frau jedoch wegen eines tätlichen Angriffs auf einen Polizisten sowie vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einem halben Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Die 25-jährige Angeklagte aus dem südlichen Landkreis hatte früher ein massives Alkoholproblem. Am Tatabend hatte sie "einiges getrunken und viele Filmrisse", erzählte sie. Auf dem Weg durch Freising sei ihr kalt gewesen: "Dann habe ich geschaut, ob irgendwo ein Auto offen ist - ich wollte mich reinsetzen und mich aufwärmen." Der Pensionist, der die Angeklagte in seinem Wagen erwischte, meinte: "In einem kalten Auto aufwärmen ist ein bisserl schlecht." Andererseits habe er nicht gesehen, was die junge Frau gemacht habe, "und im Auto hat nichts gefehlt", sagte er. Als er die Angeklagte entdeckte, versuchte er, sie festzuhalten, "aber sie ist mir entwischt". Der Mann verfolgte sie und rief die Polizei. Er und seine Kollegin seien uniformiert und klar als Polizisten zu erkennen gewesen, zumal es dunkel gewesen und das Blaulicht am Streifenwagen deutlich zu sehen gewesen sei, berichtete ein Beamter als Zeuge. Er habe sich der Angeklagten von hinten genähert "und wollte die Dame ansprechen - dann hat sie sich sofort umgedreht, mit der Faust zugeschlagen und mich auf der Stirn getroffen". Der Polizist trugeine Platzwunde davon und eine kleine blutende Wunde an der Hand, als er versuchte, die Angeklagte zusammen mit seiner Kollegin zu fixieren. "Wir haben sie zu Boden gebracht, aber sie hat geschrien, getreten, gespuckt und gekratzt", so der Beamte. Als eine weitere Streife kam, konnte die Frau schließlich fixiert und zur Dienststelle gebracht werden. Allerdings erlitten dabei zwei weitere Beamte leichte Verletzungen.

Eine Alkoholkontrolle ergab später rund 1,6 Promille. Außerdem hatte die Frau, die laut eines Gutachtens bereits mit 14 Jahren erstmals psychische Auffälligkeiten gezeigt hatte, zur Tatzeit ohne Absprache mit ihrem Arzt ihre Medikamente abgesetzt. Zusätzlich belastet war sie wegen einer Beziehungskrise. Der Landshuter Landgerichtsarzt Huber Näger attestierte eine paranoide Schizophrenie, Alkoholmissbrauch und eine Borderline-Persönlichkeitsstörung. Schuldunfähig sei die 25-Jährige bei der Tat nicht gewesen, aber vermindert schuldfähig.

Die Frau ist nach eigenen Angaben seit Juli trocken, hat sich in Therapie begeben und wird in einer Tagesklinik behandelt. Sie bemüht sich um einen Platz in einer therapeutischen Wohngemeinschaft. "Es ist ersichtlich, dass es bergauf geht mit Ihnen und Sie Fortschritte machen", sagte der Richter zur Angeklagten, die als Bewährungsauflage die Behandlung fortsetzen muss. "Ich möchte sehen, dass Sie durchhalten und diesen Weg weiter beschreiten", so der Richter.

© SZ vom 14.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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