Betriebsversammlung bei Müller Brot:Müller-Chef lässt seine Mitarbeiter bangen

Wie es nach dem Hygieneskandal weitergehen soll, ist unklar. Die Unternehmensleitung verweist nur auf "sichere Löhne", sagt aber nichts zur Zukunft der 1100 Arbeitsplätze.

Katja Riedel und Bernd Kastner

Die Mitarbeiter von Müller-Brot warten immer noch auf eine klare Antwort der Geschäftsführung, wie es nach dem Hygiene-Skandal in der Neufahrner Großbäckerei weitergehen soll. Bei einer Betriebsversammlung sei die Unternehmensleitung klare Aussagen schuldig geblieben, sagt Mustafa Öz, der bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) die Münchner Bäckereibetriebe betreut. Müller-Mehrheitseigner Klaus Ostendorf kam erst gar nicht zu der Versammlung - dabei hatte er am Freitag noch von einer "großen Verantwortung" für die Mitarbeiter gesprochen.

Entsprechend groß ist nun die Wut der mehr als 500 Mitarbeiter, die sich am Samstag getroffen hatten. Insgesamt beschäftigt Müller-Brot 1100 Menschen - nach dem Hygiene-Skandal bangen sie um ihre Arbeitsplätze. In der vergangenen Woche verschärfte sich die Situation, nachdem mit Lidl ein Großkunde zumindest vorläufig abgesprungen ist und weitere überdenken, ob sie Müller-Brot-Produkte auch künftig in ihren Supermarktregalen anbieten möchten. In den 240 Filialen, die zu etwa zwei Dritteln von Franchise-Nehmern betrieben werden, war der Umsatz um bis zu 75 Prozent eingebrochen. Bei der nicht öffentlichen Betriebsversammlung hätten Mitarbeiter, die Müller-Brot-Produkte verkaufen oder ausfahren, von wütenden Kunden berichtet. Diese hätten Verkäufer beschimpft oder die Lieferwagen beschädigt. Während der Versammlung habe es mehr als zwei Stunden lang hitzige Diskussionen zwischen Mitarbeitern und Geschäftsführung gegeben. Die Löhne seien "aus heutiger Sicht sicher", hieß es nur. Sicher ist jedoch, dass zweieinhalb Wochen ohne Produktion einen Millionenschaden für das Unternehmen bedeutet. Frühestens am Freitag kann in Neufahrn wieder gearbeitet werden.

NGG-Funktionär Öz hatte sich dafür eingesetzt, dass sich Mehrheitseigner Ostendorf den Mitarbeitern persönlich stellt. Ein Müller-Brot-Sprecher hatte aber bereits Anfang der Woche gesagt, dass ein Auftritt Ostendorfs bei einer ordentlichen Betriebsversammlung nicht üblich sei - trotz Fabrikschließung wegen Mäusekot, Schaben und Motten. Hygienemängel sind freilich kein Einzelfall. Im vergangenen Jahr haben nach Informationen der SZ Lebensmittelkontrolleure der Stadt München 18 Betriebe vorübergehend ganz oder teilweise geschlossen. Dabei handelt es sich laut Kreisverwaltungsreferat vor allem um Imbissbuden und Gaststätten. 1200 Mal verhängten die Kontrolleure laut Statistik ein Bußgeld wegen Hygienemängeln. 60 Mal schaltete sich die Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen ein. Insgesamt überwacht das KVR 19 500 Betriebe, die Lebensmittel herstellen, verarbeiten oder verkaufen. Bei 25 000 Prüfungen 2011 habe man in 3800 Fällen schwere oder mittelschwere Mängel beanstandet, berichtet Dieter Felber, der die Kontrolleure koordiniert. Jede siebte der 3000 im Labor untersuchten Lebensmittelproben hätte nicht verkauft werden dürfen, weil sie etwa für den Verzehr ungeeignet gewesen sei. (Kommentar und München)

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