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Kunst auf dem meditativen Isarweg:Symbolträchtige Kette der Religionen

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Eine interaktive Skulptur des Künstlers Nico Kiese lädt ein, über die Bedeutung von Frieden nachzudenken. Sieben weitere landschaftsarchitektonische Installationen folgen.

Von Kerstin Vogel, Freising

Dass manch einem Nutzer der Isarauen ein wenig meditative Ruhe gut tun würde, stellte ein junger Mann auf seinem Mountainbike am Freitag gleich einmal unter Beweis: Nur unwillig bremste er seine rasante Fahrt ab und drängelte sich maulend an der Menschengruppe vorbei, die sich dort versammelt hatte, um das erste Kunstwerk auf dem neuen, meditativen Isarweg der Freisinger zu enthüllen.

Die Installation stammt von dem Münchner Künstler Nico Kiese, der sich damit des Stationsthemas "Frieden" angenommen hat.

Neun solcher Stationen, die jeweils mit einem leeren Metallrahmen ausgestattet wurden, finden sich bereits seit einigen Monaten auf beiden Seiten der Isar entlang des neuen Rundwegs. Ihre Themen sind Begriffe wie "Gemeinschaft", "Kreislauf", "Zuflucht" oder "Versuchung", abzulesen auf Bänken, die zum Verweilen einladen - und langfristig eben auch zur Betrachtung einer landschaftskünstlerischen Inszenierung, wie sie nun nach und nach in den Rahmen installiert werden sollen.

Initiiert wurde das Projekt 2012 von der katholischen Pfarrgemeinde St. Georg, der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde und der Islamischen Gemeinde in Freising - und auch die Buddhisten aus dem Kloster Bodhi Vihara haben sich angeschlossen.

Die Isar sei ohnehin "ein meditativer Grünzug mitten im urbanen Trubel der Stadt", sagte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher bei der Eröffnung: "Um da noch etwas draufzusetzen, haben sich die Religionen zusammengetan." Die Stadt Freising habe das mit an die 30 000 Euro unterstützt, gut angelegtes Geld, wie Eschenbacher findet, schließlich würden mit dem Projekt interkulturelle Kontakte geknüpft.

Begeistert zeigte sich auch Hubert Linseisen vom Landwirtschaftsamt in Ingolstadt. 22 000 Euro an Mitteln aus den Leader-Töpfen der EU wurden von dieser Seite zur Finanzierung beigesteuert - für Linseisen "das schönste Projekt, das ich in Oberbayern Nord betreuen durfte".

Nico Kiese hatte zur Enthüllung seines Kunstwerks keine Rede vorbereitet, doch das war auch gar nicht nötig - die Idee dahinter war auch ohne Notizen leicht erklärt. Die Skulptur stellt eine aus flachen Metallringen abstrahierte Weltkugel dar, geneigt wie die Erde in einem Winkel von 23,5 Grad und mit den eingravierten Wörtern "finden", "schließen", "halten" und "leben" versehen - was sich mit den Begriff "Frieden" eben alles verbinden lässt.

Verbindend auch die an den Brauch der Liebesschlösser angelehnte weiterführende Idee des Künstlers, seine Installation an den inneren Rändern der Ringe mit Löchern zu versehen. Hier können die Betrachter Vorhängeschlösser anbringen, sich damit zum Frieden bekennen und zu einem wachsenden Geflecht aus Schlössern beitragen.

Die Skulptur werde damit interaktiv, sagte Kiese, jeder Besucher könne zu ihrem Wachsen, ihrer Veränderung beitragen. Im Innenraum der Kugel entstehe etwas, "das nicht kontrolliert werden kann". Gleichzeitig wäre es aber auch möglich, das Kunstwerk wieder aufzulösen: "Es liegt also an jedem Einzelnen den Frieden zu bewahren."

Das erste Schloss durfte in diesem Sinne Oberbürgermeister Eschenbacher einhängen, der sich ebenso angetan von der Idee zeigte, wie die Vertreter der Freisinger Religionsgemeinschaften. Sie hatten ebenfalls Schlösser bekommen und sogleich zu einer symbolträchtigen Kette an der Skulptur verbunden, bevor man sich gemeinsam auf den Weg zur Station "Gemeinschaft" machte um dort ein ökumenisches Gebet zu sprechen.

Ebenfalls bereits mit einem Kunstwerk versehen ist die Station "Freiheit" , wo an dem Rahmen seit kurzem eine in Bronze gestaltete Skulptur des Freisinger Künstlers Alexis Dworsky hängt. Sie stellt eine Überwachungskamera dar, die für ihre Erschaffer zum einen die zunehmende Kontrolle und damit eine Einschränkung der Freiheit symbolisiert. Weil sie aber dank des Materials wie ein Artefakt aus einer vergangenen Zeit wirke, "verweist sie auf eine Zukunft, in der es hoffentlich gar keine Überwachungskameras mehr braucht".

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SZ vom 28.07.2015
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