Beschwerden beim Deutschen Werberat:Dekolleté im Schaufenster

Eine Freisinger Immobilienfirma muss sich für ein umstrittenes Werbeplakat rechtfertigen, das hauptsächlich Brüste in einer Dirndlbluse zeigt.

Von Petra Schnirch, Freising

Wann ist Werbung noch originell, wann wird sie geschmacklos und sexistisch? Das Plakat eines Freisinger Immobilienbüros hat diese Grenze nach Auffassung mehrerer Bürger eindeutig überschritten - sie haben deshalb den Deutschen Werberat in Berlin eingeschaltet. Denn auf dem Aushang im Schaufenster eines leer stehenden Ladens an der Münchner Straße sind lediglich das ausladende Dekolleté einer jungen Frau im Dirndl und ein Teil der Oberarme zu sehen, nicht aber Gesicht und restlicher Körper. Darunter steht in großen Lettern: "Räume für Präsentationen!".

Peter Stanglmaier findet die Idee nach wie vor witzig. Wegen der großen Schaufenster eigne sich das Geschäft, in dem bisher Matratzen verkauft wurden, auch als Showroom einer Firma, denn sie erlaubten "tiefe Einblicke" von außen. Die Werbung mit einem Dekolleté sei da naheliegend gewesen. Auch die Frauen in seinem Team hätten nichts Anstößiges darin gesehen. Die Beschwerden hätten ihn ziemlich überrascht, gibt er zu. In der Münchner Fußgängerzone habe er allein am Donnerstag vier, fünf Werbungen entdeckt, die er als deutlich drastischer empfindet, etwa eine junge Frau, die nichts als eine Jeans trägt.

Laut dem Immobilienmakler, handelt es sich "keineswegs um eine übertriebene Hervorhebung der Brüste"

Seine Stellungnahme an den Werberat hat er bereits verfasst. Er argumentiert darin, dass es sich keineswegs um eine "übertriebene Hervorhebung der Brüste handelt". Im Gegenteil. Das könne jeder sehen, der das Oktoberfest oder ein anderes Volksfest besuche. Viele Dirndlträgerinnen betonten ihr Dekolleté sogar mit Push-up-BHs. Keine von ihnen fühle sich dabei auf ihre Sexualität reduziert.

Gegen ein Dirndl mit Ausschnitt hat auch Barbara Gelhaus, die sich in Freising seit vielen Jahren für Fraueninteressen einsetzt, nichts einzuwenden. "Hier aber sieht man vor lauter Busen keine Frau", sagt sie. "Das ist schon heftig." Diese Reduzierung, zumal mit dem Schriftzug, ist für sie ganz klar sexistisch. Sie glaubt, dass die Beschwerdeführer gute Chancen haben werden.

Das Plakat ist nicht "unkritisch", sagt der Deutsche Werberat

In einer ersten Einschätzung sieht auch Anne Grote, Sprecherin des Deutschen Werberats, das Plakat nicht "unkritisch", zumal hier weder für Dirndl noch für BHs, sondern für eine Immobilie geworben werde. Vermutlich bereits in den nächsten Tagen, sobald die Stellungnahme Stanglmaiers eingegangen ist, werde sich das 15-köpfige Expertengremium mit den Beschwerden befassen. Falls es die Werbung tatsächlich beanstandet, setzt der Werberat eine Frist, bis wann das Plakat entfernt werden soll.

Noch hängt es im Schaufenster, Peter Stanglmaier rechnet aber damit, dass der Laden demnächst vermietet ist. Und normalerweise verwende er keine Kampagne zweimal. "Werbung muss schon auffällig sein", sagt er noch. Künftig aber werde er einen etwas anderen Blickwinkel haben.

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