Schüler sind geschockt:Nach dem Fachabitur ist Schluss

Schüler sind geschockt: Weil es zu wenig Schüler gibt, wird an der Freisinger Berufsoberschule im neuen Schuljahr keine 13. Klasse gebildet.

Weil es zu wenig Schüler gibt, wird an der Freisinger Berufsoberschule im neuen Schuljahr keine 13. Klasse gebildet.

(Foto: Marco Einfeldt)

Weil es zu wenig Interessenten gibt, bietet die BOS in Freising im neuen Schuljahr erstmals keine 13. Klasse mehr an.

Von Florian Beck, Freising

"Viele Wege führen zum Abitur": Mit Sätzen wie diesen loben Politiker oft die Durchlässigkeit des Bayerischen Schulsystems. Einer dieser Wege zum Abitur ist die Berufsoberschule, kurz BOS. Auf dieser können all jene, die im Besitz der mittleren Reife sind und bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen oder fünf Jahre Berufserfahrung gesammelt haben, nach der 12. Klasse ihre Fachhochschulreife und nach einem weiteren Jahr auch ihre allgemeine Hochschulreife erwerben. Zumindest in den vergangenen Jahren war das auch an der Freisinger BOS möglich, für das kommende Schuljahr wird diese allerdings erstmals keine 13. Klasse mehr anbieten, nach dem Fachabitur ist dort für die Schüler also Schluss.

"Mitte Februar kam ein Mitglied der Schulleitung zu uns und erklärte uns, dass es nächstes Jahr keine 13. Klasse geben wird", erinnert sich Sofian Achour, einer der neun Schüler, die im Moment die zwölfte Klasse der BOS besuchen und daher direkt betroffen sind. "Wir waren eigentlich alle erst mal total geschockt", sagt Sarah Jankowski, die die selbe Klasse besucht. Besonders ärgerlich: Viele der betroffenen Schüler haben sich überhaupt erst an der Freisinger BOS angemeldet, um am Ende auch ihre allgemeine Hochschulreife in den Händen halten zu können. So auch Achim Bestehorn, ein weiterer Klassenkamerad von Achour und Jankowski. "Bei meiner Anmeldung hieß es, das wäre alles gegeben", erinnert sich der 26-Jährige.

Schüler sind geschockt: Weil es zu wenig Schüler gibt, wird an der Freisinger Berufsoberschule im neuen Schuljahr keine 13. Klasse gebildet.

Weil es zu wenig Schüler gibt, wird an der Freisinger Berufsoberschule im neuen Schuljahr keine 13. Klasse gebildet.

(Foto: Marco Einfeldt)

Strenge Regeln aus dem Ministerium

Die Schüler hatten sich daher gemeinsam mit einigen ihrer Lehrer bei der Schulleitung über die Entscheidung beschwert. Diese habe ihnen geantwortet, derart kleine Klassen würden das Budget der Schule sprengen und überhaupt könne man eine sechsköpfige Klasse vor dem Steuerzahler schlecht rechtfertigen. Auf Nachfrage der SZ erklärt Jörg Matthes, der stellvertretende Schulleiter, natürlich bedeuteten kleinere Klassen, dass man anderswo Geld sparen müsste. Das Hauptproblem seien aber die strengen Regeln zur Klassenbildung aus dem Kultusministerium. Um je eine eigenständige 13. BOS- und 13. FOS-Klasse zu stemmen, müsste die Zahl der Schüler nämlich im Durchschnitt mindestens 16 pro Klasse betragen. Es sei abzusehen, so Matthes, dass dieser Grenzwert nicht erreicht wird.

Schüler sind geschockt: Sofian Achourist enttäuscht.

Sofian Achourist enttäuscht.

(Foto: Marco Einfeldt)

Eine weitere Möglichkeit wäre es, eine sogenannte "Kombi-Klasse" zu bilden, die BOS- und FOS-Schüler gleichermaßen besuchen könnten. In den allgemeinen Fächern wie etwa Deutsch und Englisch könnten die Schüler so gemeinsam unterrichtet werden, für einige spezifische Fächer müsste man die Klasse aber wieder in FOS- und BOS-Richtung trennen. Um so eine Kombi-Klasse bilden zu können, wie es die Freisinger Schule in der Vergangenheit bereits öfter getan hat, müssten allerdings mindestens acht Schüler aus der BOS- und acht aus der FOS-Richtung diese Klasse besuchen. Die acht FOS-Schüler sind meist leicht zu gewinnen, bei den BOS-Schülern wird es da schon schwieriger: "Dieses Jahr sind neun BOS-Schüler in der 13. Klasse", erklärt Matthes, "wir konnten also gerade so eine Kombi-Klasse bilden." Für das kommende Schuljahr sind allerdings eher sechs bis sieben Schüler zu erwarten, da erfahrungsgemäß bei Weitem nicht alle, die eine Absichtserklärung zum Vorrücken in die 13. Klasse abgeben, diese dann auch wirklich besuchen. "Viele Schüler fahren zweigleisig und sehen die 13. Klasse nur als Alternative zu einem Fachhochschul-Studium", so Matthes. Aus diesen Gründen würden gerade einmal 60 Prozent aller angemeldeten Schüler dann auch tatsächlich das Schuljahr antreten. Da man deshalb den Grenzwert von mindestens acht BOS-Schülern pro Kombi-Klasse in der Vergangenheit schon einmal nicht einhalten konnte und deswegen vom Kultusministerium gerügt wurde, ist man an der FOS/BOS-Freising nun vorsichtiger geworden: "Seitdem halten wir uns da penibel dran", so Matthes.

Wechsel empfohlen

Aus diesen Gründen dürfte es wohl die beste Option für die betroffenen Schüler sein, auf eine andere Berufsoberschule zu wechseln, beispielsweise nach Erding, Scheyern oder München, und dort die 13. Klasse zu absolvieren. Das brächte ihnen allerdings - ganz zu schweigen von dem zusätzlichen Zeitaufwand - nicht unerhebliche Mehrkosten ein. Außerdem müssten die meisten von ihnen wohl mit dem Auto pendeln, da die öffentliche Anbindung über die Landkreisgrenzen hinaus oft zu schlecht ist, insbesondere für Schüler, die nicht in Freising leben, sondern etwa wie Sarah Jankowski in Mauern, knapp 25 Kilometer außerhalb. Dies sei "gerade in der heutigen Zeit, wo wir alle auf die Umwelt achten wollen", so Achim Bestehorn, nun wirklich nicht der optimale Weg. Dazu kommen noch die Probleme, die ein Klassenwechsel mit sich bringen kann: "Durch einen Wechsel würden wir neue Lehrer bekommen, die wahrscheinlich andere Schwerpunkte setzen und deren Klasse vermutlich auf einem ganz anderen Stand ist", erklärt Sofian Achour. "Das alles finden wir unfair und sehr enttäuschend."

Um den Schülern doch noch eine Möglichkeit zu geben, ihre allgemeine Hochschulreife in Freising zu erlangen, hat ihnen die Schule das Angebot gemacht, in die 13. Klasse der FOS zu wechseln. Das Problem dabei: Laut BAföG-Regelung sind alle Schüler in einer gemeinsamen Klasse förderungsrechtlich gleich zu behandeln. Bei einem Wechsel würden die bisherigen BOS-Schüler also ihren Anspruch auf erlternunabhängiges BAföG verlieren. Da viele der betroffenen Schüler allerdings bereits allein leben, sind sie auf diese Unterstützung angewiesen. "Ohne BAföG müsste ich mir neben der Schule einen Job suchen", sagt etwa Achim Bestehorn. "Das ist neben der Abiturvorbereitung zeitlich schlecht machbar."

Im Kultusministerium ist das Problem der Freisinger Schüler derweil nicht unbekannt. Eine Sprecherin des Ministeriums erklärt, die Klassenbildung in der 13. Jahrgangsstufe stelle "aufgrund der allgemeinen Schülerrückgänge an den Berufsoberschulen" an "vielen Standorten eine besondere Herausforderung" dar. Dennoch sei man bemüht, so die Sprecherin weiter, "allen Schülerinnen und Schülern einen Besuch der 13. Klasse zu ermöglichen und dafür auch passende Rahmenbedingungen zu schaffen." Ein Besuch der BOS in Erding dürfe dabei als eine "gute Option" gelten. Die betroffenen Schüler sehen das allerdings anders: "Man hört immer überall, dass es so viele Möglichkeiten zum Abitur gibt", beklagt sich etwa Sarah Jankowski, "da ist diese Situation schon ziemlich enttäuschend."

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