Seit 1. April dürfen Autos mit einem „E“ am Ende des Kennzeichens auf allen öffentlichen Parkplätzen in Bayern bis zu drei Stunden kostenlos parken. Das Innenministerium will damit einen Anreiz schaffen für den Umstieg auf elektrisch betriebene Fahrzeuge – als Beitrag zum Umweltschutz und zur Verkehrswende. Die Bürgermeister und Stadträte in den Landkreisen Freising und Erding sehen das anders, sie fühlen sich übergangen.
Erdings Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) zeigte sich in einem BR-Beitrag der Sendung „Quer“ überhaupt nicht begeistert von der Maßnahme der bayerischen Staatsregierung. Im Filmbeitrag kritisiert er, dass es sich bei der Parkplatzbewirtschaftung um ein Hoheitsgebiet der Kommunen handle – der „Eingriff“ sei ohne Absprache mit den Städten und Gemeinden erfolgt. Zudem würden der Großen Kreisstadt durch das Gratis-Parken „mit Sicherheit etliche tausend Euro im Jahr“ an Parkgebühren entgehen.
Er habe sich gar nicht so auf die Einnahmen fokussieren wollen, sagt Max Gotz am Montag am Telefon. Er sehe vielmehr eine andere Schwierigkeit und die betreffe die Arbeit der kommunalen Verkehrsüberwachung. Wie ist das denn nun mit Hybrid-Autos oder E-Autos, die nicht mit „E“ gekennzeichnet sind? Die Stadt Erding hat dazu eine Anfrage bei der Rechtsaufsicht der Regierung gestellt. Die Antwort, so Gotz, lautete, dass derzeit keine rechtsverbindlichen Angaben zum Verfahren der Verwaltung gemacht werden könnten. „Bitter“, sagt der Erdinger OB.
Laut der Unteren Straßenverkehrsbehörde der Stadt Erding sollten Fahrer und Fahrerinnen von E-Autos folgende Aspekte beachten: Auch wenn laut Regierung bis zu drei Stunden gratis sind, müssen sich die E-Autofahrer an die jeweils zulässige Höchstparkdauer auf den Parkplätzen halten. Davon betroffen sind in Erding in erster Linie die Parkzone 1 in der Innenstadt (bis zu eine Stunde) und die Parkzone 2 im Innenstadt-Randbereich (bis zu zwei Stunden).
In Dorfen gibt es Gratisparkplätze für E-Autos bereits seit 2017. Drei Stunden und 20 Minuten sind für die mit „E“ gekennzeichneten Fahrzeuge mit sichtbar gesetzter Parkscheibe auf öffentlichen Stellplätzen frei, hat die Kommune damals beschlossen. Grundsätzlich hält Dorfens Bürgermeister Heinz Grundner (CSU) diese Regelung auch für eine gute Idee – nur stört ihn bei der aktuellen Maßnahme der Regierung, dass hier ohne Absprache „in die kommunale Selbstverwaltung hineingepfuscht wird“. Die „Übergriffigkeit“ gegen die kommunale Planungshoheit sei ihm „ein Dorn im Auge“.
Der Moosburger Stadtrat und Landtagsabgeordnete Johannes Becher spricht von einer „Schwachsinnsidee“
Ähnlich sieht man es in Moosburg, wo der Stadtrat kürzlich eine Änderung der Parkplatzsatzung beschlossen hat, um den Vorgaben der Staatsregierung gerecht zu werden. „Verhindern können wir es eh nicht, also sollten wir es in die Satzung aufnehmen, um wenigstens die Möglichkeit zu haben, gegen Verstöße vorzugehen“, sagte Aicke Morgenstern, der im Moosburger Rathaus für die Parkraumbewirtschaftung zuständig ist. Letztlich stimmte das Gremium auch mehrheitlich zu – allerdings unter Protest.
Dieser Protest wurde in einem Zusatzbeschluss festgehalten, in dem die Staatsregierung aufgefordert wird, die durch die neue Regelung verursachten Einnahmeverluste der Stadt auf unbürokratischem Weg auszugleichen. Es sei „wie so oft: Der Bund oder das Land schafft an und die Kommunen baden es aus“, kritisierte Dritter Bürgermeister Michael Stanglmaier (Grüne), der den Ergänzungsbeschluss beantragt hatte.
Dem Grünen-Stadtrat und Landtagsabgeordneten Johannes Becher war es wichtig, zu betonen, dass auf „diese Schwachsinnsidee“ nicht der Landtag gekommen sei, sondern die Staatsregierung. Zudem zweifelte Becher die Wirksamkeit der Maßnahme an: „Ich glaube nicht, dass sich wegen 50 Cent Parkgebühr irgendwer ein E-Auto zulegt.“
Martin Pschorr (SPD) störte sich an der Zweiklassengesellschaft, die man durch die neue Vorschrift schaffe: „Man teilt die Autofahrer in brave und nicht so brave Autofahrer ein.“ Noch dazu seien es bei den nicht so braven Autofahrern, die mit Verbrennern unterwegs sind, oft „die finanziellen Verhältnisse, die dazu führen, dass sich unter den jetzigen Bedingungen noch nicht alle ein E-Auto leisten können“.
In Freising hält man die neue Regelung für „schwierig“
Auch in Freising bringt die fehlende Beteiligung der Gemeinden bei dieser Entscheidung eine „leichte Wehmut“ mit sich. Der Geschäftsleitende Beamte des Freisinger Rathauses, Karl Raster, empfindet sowohl die Einschränkung der kommunalen Planungshoheit als auch die neue Regelung selbst als „schwierig“. Es bräuchte zwar eine Mobilitätswende und Anreize, um E-Mobilität attraktiver zu gestalten. Ob die kostenlosen Parkplätze für E-Autos die gewünschten Erfolge bringen würden, sei jedoch zweifelhaft.
„In den Kommunen hätten wir andere Ideen“, erklärt Karl Raster. Als Beispiele für passende Maßnahmen nennt er die Ausgestaltung des Radverkehrs und die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. Während des Ladevorgangs könne man in Freising sowieso schon kostenlos parken. Nach Ansicht von Karl Raster wäre es sinnvoller, wenn Anreize an die Situation der jeweiligen Kommune angepasst würden. Mit Dominik Fuchs gebe es in Freising dafür auch einen Mobilitätsmanager.
Einen logistischen Aufwand habe es bisher nicht gegeben. In Freising laufe es über das „E“ auf dem Kennzeichen und die Parkscheibe. Freising als Touristenstadt würden zukünftig jedoch auf jeden Fall Einnahmen wegfallen. Wie viel genau, das sei im Moment noch nicht zu berechnen, da nicht klar sei, wie viele der Touristen mit einem E-Auto kämen und auch nicht, wie viele E-Autos in Freising selbst zugelassen seien.