Banküberfälle im Landkreis Freising:"Er hat auf mich sehr abgebrüht gewirkt"

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Im Landshuter Prozess gegen Serien-Bankräuber schildern Zeugen, wie sie die Taten erlebt und verarbeitet haben

Von Alexander Kappen, Landshut

Im Prozess gegen einen 40-jährigen Münchner, der zwischen 2016 und 2018 unter anderem in den Landkreisen Freising und Erding insgesamt neun Banken ausgeraubt und dabei 218 000 Euro erbeutet hat, sind am Mittwoch weitere Zeugen gehört worden. Darunter zwei Mitarbeiter von Banken in Forstern und Tegernbach, die schilderten, wie sie die Taten erlebt und verarbeitet haben.

Der geständige Angeklagte hatte zum Prozessauftakt am Dienstag betont, dass er nie die Absicht hatte, jemanden zu verletzen. Seine Opfer konnten das freilich nicht wissen - sie mussten davon ausgehen, dass es für sie womöglich um Leben oder Tod gehe. Die Mitarbeiterin der Filiale in Forstern berichtete, dass der Räuber sie mit einer "für mich echt erscheinenden Waffe bedroht" hatte. Die Waffe - eine Softairpistole, wie sich später herausstellte - werde von vielen Laien für echt gehalten, sagte Vorsitzender Richter Ralph Reiter. Der Räuber, so die Bankangestellte, habe "immer wieder betont, dass es ein Blutbad gibt, wenn wir nicht tun, was er sagt". Sie war mit zwei Kollegen in der Bank, die der Angeklagte ins Beratungszimmer gebracht hatte. Sie musste zunächst die Eingangstür versperren und sollte dann den Tresor öffnen. Dafür benötigt man jedoch die Fingerabdrücke von zwei Mitarbeitern. Deshalb wurde einer der beiden Kollegen geholt. Wenn beide Fingerabdrücke gescannt worden sind, dauert es fünf Minuten, bis der Tresor sich öffnet. "Das ist in so einer Situation eine elend lange Zeit, das kommt einem bestimmt wie eine Ewigkeit vor", sagte der Richter.

Für den Angeklagten - es war bereits sein sechster Überfall in der Serie - sei die Wartezeit offenbar nichts Besonderes gewesen, stellte die Bankkauffrau fest: "Er hat auf mich sehr abgebrüht gewirkt, einfach so, als wenn er schon wüsste, dass es halt fünf Minuten dauert, bis der Tresor sich öffnet."Erst gegen Ende der Wartezeit sei der Mann etwas nervös geworden.

In der ersten Zeit nach dem Überfall sei es ihr relativ gut gegangen, berichtete die Zeugin auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters. "Erst nach einem guten halben Jahr ist es losgegangen." Die Bankkauffrau kam mit dem Erlebten nicht mehr so gut zurecht und begab sich in Behandlung. "Ich habe eine Therapie gemacht, jetzt geht es wieder", sagte sie: "Aber ohne professionelle Hilfe wäre es nicht gegangen." Der Angeklagte, der sich bereits mit Briefen bei allen Opfern entschuldigt hatte, tat das auch im Gerichtssaal noch einmal persönlich. Auch beim Filialleiter der Bank in Tegernbach, die im November 2017 überfallen wurde. Dieser sprach davon, keine psychischen Schäden davon getragen zu haben: "Ich hatte Glück, dass alles so schnell gegangen ist und ich mental stark bin." Er habe sich "das auch hinterher einfach schön geredet", damit Gras über die Sache wachse. Er hoffe, dass die Entschuldigung des Angeklagten "auch ein bisserl von Herzen kommt und nicht nur so eine Anwaltssache ist - dann akzeptiere ich sie".

Zum Tatzeitpunkt war er der Bankkaufmann mit einem Kunden in der Filiale, der das zunächst für einen Scherz gehalten und gesagt habe: "Halloween ist schon vorbei." Der Räuber, erzählte der Zeuge, habe ihm die Pistole vorgehalten und gesagt, "dass ich zehn Sekunden Zeit habe, das Geld aus dem Tresor zu holen, sonst gibt es ein Blutbad". Obwohl er zwischenzeitlich den Alarmknopf drücken konnte, war der Täter weg, bis die Polizei kam. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 26.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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