Corona-bedingt kein Schwimmunterricht:Lieber Schwimmen als Basketball

Corona-bedingt kein Schwimmunterricht: Dana und Oliver Fischer-Lauchenbach aus Thalhausen genießen das Schwimmen an der Stoibermühle. Immer mehr Menschen gehen zum Baden lieber an den See als ins Schwimmbad - auch wenn das laut Wasserwacht gefährlicher ist.

Dana und Oliver Fischer-Lauchenbach aus Thalhausen genießen das Schwimmen an der Stoibermühle. Immer mehr Menschen gehen zum Baden lieber an den See als ins Schwimmbad - auch wenn das laut Wasserwacht gefährlicher ist.

(Foto: Marco Einfeldt)

Wegen Corona gibt es seit über einem Jahr keinen Schwimmunterricht. Ein Badeunfall im "Fresch", bei dem ein Zwölfjähriger in letzter Sekunde gerettet wird, entfacht die Debatte über dessen Notwendigkeit.

Von Melanie Glinicke, Freising

Im Freizeitbecken des Freisinger Kombibads Fresch ist am Sonntag gegen 14.15 Uhr ein zwölfjähriger Junge untergegangen. Laut Alexander Frederking, dem Leiter der Freisinger Bäderbetriebe, schaffte der Junge es aus eigenem Antrieb nicht mehr, das Becken zu verlassen. So wurde sofort der Notarzt alarmiert. Ersthelfer waren die Mitarbeiter des Fresch, welche den Jungen erfolgreich reanimieren konnten. "Ich bin sehr stolz auf meine Mitarbeiter, die wirklich sofort und vorbildlich gehandelt haben", so Frederking. Der Junge war daher bereits wieder ansprechbar, als die Notärzte eintrafen. Mit dem Hubschrauber wurde er in das Klinikum in Schwabing geflogen. Über die Ursache konnte Alexander Frederking noch nichts sagen. "Ich bin erst einmal sehr froh, dass es dem Jungen wieder besser geht."

Badeunfälle ereignen sich immer wieder, ein Hauptfaktor dafür ist laut Andreas Dörner von der Wasserwacht Freising die mangelnde oder fehlende Fähigkeit zu schwimmen. Nun mussten seit Beginn der Pandemie alle Schwimmkurse für Kinder ausfallen, was laut Frederking problematisch werden könnte. "Wir haben jetzt natürlich einen Kinderjahrgang dabei, der keinen Schwimmunterricht nehmen konnte, was aber für die Sicherheit der Kinder sehr wichtig ist." Im Schwimmbad Fresch dürfen die Schwimmkurse seit dieser Woche wieder stattfinden. "Wir machen alles, um noch mehr Angebote zu schaffen", sagt Frederking.

Erst in den Sommerferien gibt es erste Schwimmkurse

Nicht nur im Freisinger Fresch, auch bei der Wasserwacht war Schwimmunterricht nicht möglich, erst in den Sommerferien kann es wieder losgehen. "Mit so umfassenden Hygieneregeln und 1,5 Meter Abstand, wie es in der Pandemie gefordert wurde, da konnte man keinem Kind das Schwimmen beibringen, das ist unmöglich", so Andreas Dörner, 3. Vorsitzender der Freisinger Wasserwacht. Problematisch an der Sache: "Wenn man als Kind nicht richtig schwimmen lernt, dann ist das kaum wieder aufzuholen", so Dörner. Für ihn ist das aber nicht erst seit der Corona-Pandemie ein Problem. Zum einen ist der Schwimmunterricht aufgrund des Neubaus des Schwimmbads in Freising bereits ein Jahr vor der Pandemie ausgefallen. Zum anderen sieht er aber besonders die Schulen in der Pflicht. "Ich persönlich finde einfach, dass es in der Grundschule Schwimmunterricht geben sollte. Die Kinder sollen lieber Schwimmen statt Basketball lernen, das eine rettet ihnen im Zweifelsfall das Leben", so Dörner. Außerdem kritisiert er, dass Schwimmkurse teilweise recht teuer sein können, Kinder aus sozialen Randgruppen seien dadurch benachteiligt. In Zusammenarbeit mit der Stadt bietet die Wasserwacht daher Schwimmkurse zu einem verminderten Preis an.

Corona-bedingt kein Schwimmunterricht: Die fünfjährige Luise und ihre Schwester Maja, 4, haben im vergangenen Jahr einen Schwimmkurs gemacht, der wegen Corona unterbrochen werden musste. Demnächst geht es weiter - und obwohl es mit dem Schwimmen auch jetzt schon gut klappt, tragen sie im "Fresch" zur Sicherheit Schwimmflügel.

Die fünfjährige Luise und ihre Schwester Maja, 4, haben im vergangenen Jahr einen Schwimmkurs gemacht, der wegen Corona unterbrochen werden musste. Demnächst geht es weiter - und obwohl es mit dem Schwimmen auch jetzt schon gut klappt, tragen sie im "Fresch" zur Sicherheit Schwimmflügel.

(Foto: Marco Einfeldt)

Auch Verena Kuch, Sportreferentin aus Moosburg, sieht es als Problem, "dass schon vor Corona immer mehr Kinder nicht schwimmen konnten". Für sie verschärft sich das Problem aufgrund der Pandemie jetzt noch. Daher stellte sie einen Antrag an den Moosburger Stadtrat, dass Kinder bis zwölf Jahren freien Eintritt im Freibad erhalten sollen. "Kinder brauchen ein sicheres Umfeld wie in unserem Freibad, um sich ans Wasser zu gewöhnen und Schwimmen zu lernen", so Kuch. Mit 11:7 Stimmen wurde ihr Antrag angenommen.

Vielleicht sieht man die Probleme erst später

Auch Dörner betont, dass das Schwimmen in freien Gewässern gefährlicher ist als in Freibädern. Problematischerweise gehe der Trend für ihn aber dahin, dass immer mehr Leute an den See gingen. Für ihn werden sich die Probleme der wegen Corona ausgefallenen Schwimmkurse erst in ein paar Jahren herauskristallisieren. "Kinder, die jetzt nicht schwimmen lernen konnten, sind noch recht klein, da stehen meistens die Eltern noch dabei. Das ist aber nicht mehr der Fall, wenn sie älter werden. Da kann so was wie am Sonntag im Freisinger Schwimmbad, dann schon eher passieren. Die ausgefallenen Schwimmkurse sind jetzt noch nicht zu bemerken, könnten aber einen Rattenschwanz nach sich ziehen", so Andreas Dörner.

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