Wiesenbrüterschutz im Landkreis Freising:Rasenmäher auf vier Beinen

Wiesenbrüterschutz im Landkreis Freising: Die Schafe von Martin Bartl sind Rasenmäher auf vier Beinen.

Die Schafe von Martin Bartl sind Rasenmäher auf vier Beinen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Bei einem besonderen Projekt des Landschaftspflegeverbandes Freising im Bachinger Moos sorgen die seltenen Bergschafe von Landwirt Martin Bartl nicht nur dafür, dass das Gras schön kurz bleibt. Ihr Einsatz schafft auch einen optimalen Lebensraum für die Vögel während der Brutzeit.

Von Gudrun Regelein, Freising

Die Schafe grasen unbeirrt weiter, sie lassen sich von der Besucherin nicht stören. Die kleine Herde von 30 in Deutschland sehr seltenen Bergschafen auf einer Wiese im Bachinger Moos sorgt damit aber nicht nur für ihre Nahrungsaufnahme. Die Schafe haben noch eine andere Aufgabe, die sie beim Fressen erfüllen: sie sind - salopp formuliert - Rasenmäher auf vier Beinen. Seit Mitte Mai sind die Tiere des Nebenerwerbslandwirts und Schafzüchters aus Leidenschaft, Martin Bartl, hier auf einem eingezäunten Feld im Einsatz.

Das Bachinger Moos nämlich zählt im Landkreis zu den Wiesenbrütergebieten - der Brachvogel oder der Kiebitz nutzen den ökologisch wertvollen Raum während der Brutsaison und ziehen hier ihren Nachwuchs auf. Die Zahl der Bodenbrüter aber hat sich in den vergangenen Jahren drastisch reduziert. Das soll sich nun mithilfe eines Wiesenbrüter-Schutzprojektes und der Schafe wieder ändern.

Schuld an dem Rückgang gab man zunächst vor allem der intensiven Landwirtschaft, berichtet Martin Bartl, der hauptberuflich Geschäftsführer des Landesverbandes Bayerischer Schafhalter ist. Im Freisinger Moos sei es daneben die großflächige Entwässerung und das sehr hohe Gras gewesen, was den Vögeln Probleme bereitet habe. Gerade in den nebeligen Moorgebieten würden Grashalme nämlich hohe Feuchtigkeit aufnehmen. Dadurch komme es dann zu extremen Temperaturunterschieden, die den Jungtieren am Boden zu schaffen machen. Daneben habe die Trockenlegung des Mooses zu einer Ausbreitung von Kleintieren wie Mäusen gesorgt - und das wiederum locke den Fuchs an. Für den seien die Jungvögel eine willkommene Nahrung.

Wiesenbrüterschutz im Landkreis Freising: Martin Bartl und seine Schafe.

Martin Bartl und seine Schafe.

(Foto: Marco Einfeldt)
Wiesenbrüterschutz im Landkreis Freising: Die Bergschafe werden immer gut versorgt.

Die Bergschafe werden immer gut versorgt.

(Foto: Marco Einfeldt)

"Um die Bedingungen zu verbessern, musste also das Gras kürzer werden", erklärt Bartl. Hier kommen nun seine Schafe ins Spiel, wahre Experten beim Thema Mähen. Hinter mobilen Zäunen beweiden diese eine weitläufige Fläche, bis sie abgegrast ist - dann wird die Umzäunung verlagert - so lange, bis eine Schneise durch das gesamte gepachtete Areal entstanden ist. "So kann variabel auf das Brutverhalten der Vögel reagiert werden", sagt Bartl.

Der offizielle Startschuss für das vom Landschaftspflegeverband koordinierte Wiesenbrüter-Schutzprojekt mit den Freisinger Stadtwerken als Hauptsponsor fiel bereits im vergangenen Oktober. Eine extensive Beweidung soll hier nun praktiziert werden, initiiert wurde das Projekt, das über fünf Jahre hinweg läuft, über die Online-Plattform Agora-Natura. Insgesamt 1,5 Hektar umfasst die gepachtete Fläche im Bachinger Moos, die abgesteckten Weideflächen sind jeweils zwischen 2000 und 4000 Quadratmeter groß. Offiziell sind die Schafe von Bartl, der die Fläche gepachtet hat und für deren Bewirtschaftung zuständig ist, also in diesem Frühjahr das erste Mal im Einsatz. Der 38-jährige Schafzüchter hatte im Jahr zuvor aber in Eigeninitiative bereits einen Probelauf gestartet - mit Erfolg, wie er erzählt.

2022 gab es kein gutes Ende: Der Nachwuchs wurde geräubert

Damals brütete in der Nähe der von den Schafen beweideten Fläche ein Brachvogelpaar, die abgegraste Wiese diente als Nahrungsquelle. Die Schafe mähen nämlich nicht nur das hohe Gras, sie haben nebenbei noch einen anderen nützlichen Effekt: Ihr Kot lockt Insekten an, Nahrung für die Brutvögel. "Das ist ein ideales Angebot, nicht nur für den Brachvogel und Kiebitz, sondern auch für andere wertvolle Arten wie die Feldlerche", berichtet Bartl. Die jungen Brachvögel im vergangenen Jahr zumindest nahmen die Fläche gut an, sagt er. Das Ganze nahm aber dennoch kein gutes Ende, der Nachwuchs wurde vom Fuchs oder einer Krähe geräubert. Bartl hofft, dass es in diesem Jahr besser läuft, ein Brachvogelnest zumindest gebe es in der Nähe.

Inzwischen wurden im gesamten Gebiet auch Schilder aufgestellt, auf denen darauf hingewiesen wird, dass man sich in einem Wiesenbrütergebiet aufhält. Der Freizeitdruck nämlich nehme im Bachinger Moos zu, immer mehr Radfahrer, Spaziergänger oder Hundebesitzer seien hier unterwegs. "Es ist aber unglaublich wichtig, auf den Wegen zu bleiben, um die Vögel nicht zu stören. Auch die Hunde sollten nicht in die Wiesen gelassen werden, ", betont Bartl.

Wiesenbrüterschutz im Landkreis Freising: Für die Beweidung gibt es kein Geld. "Wir machen das aus Idealismus", sagt Martin Bartl.

Für die Beweidung gibt es kein Geld. "Wir machen das aus Idealismus", sagt Martin Bartl.

(Foto: Marco Einfeldt)

Für die Beweidung bekomme er kein Geld, sagt er. "Wir machen das aus Idealismus." Das Sponsorengeld werde für die Pacht der Fläche verwendet. Zudem will Bartl davon spezielle Zäune kaufen, die dann auch verwendet werden sollen, um die Brutgehege zu schützen. "Das Ganze hier ist ein Leuchtturmprojekt, ein Feldversuch, um zu sehen, ob es tatsächlich funktioniert", sagt er. Ziel sei es, Grünlandfläche so entwickeln, dass Vogelarten, die in einer intensiv genutzten Agrarlandschaft kaum noch Lebensmöglichkeiten haben, zumindest gute Brutbedingungen finden. Das Projekt solle Orientierung für eventuelle Nachahmer bieten

Sicher ist aber schon jetzt, dass ein noch deutlich größeres Gebiet - nämlich eine zehn Hektar große Ausgleichsfläche der Deutschen Bahn in der Gemeinde Pulling - zum idealen Brutplatz für Brachvögel werden soll. "Dieses Mal aber mit einer Kombibeweidung von meinen Schafen und Rindern", berichtet Bartl. Abgestimmt wurde das Unterfangen bereits mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Landschaftspflegeverband Freising. Er hoffe, dass sein Engagement eine Signalwirkung zeige, sagt Bartl. "Dass auch endlich auf politischer Seite das Potenzial einer extensiven Flächenbewirtschaftung mit dem Ziel Wiesenbrüterschutz wahrgenommen wird. Und es dafür Fördermittel von staatlicher oder kommunaler Seite geben wird."

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