Auszubildende im Landkreis:Mitsprache im Betrieb

Ausbildung

Für Lehrlinge gibt es die Jugend- und Auszubildendenvertretung, kurz JAV. Momentan laufen hierfür die Wahlen.

(Foto: dpa)

Derzeit finden in den Firmen des Landkreises Freising die Wahlen zur Jugend- und Auszubildendenvertretung statt. An deren Vertreter können sich junge Mitarbeiter wenden, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen.

Von Nadja Tausche, Freising

Was macht ein Auszubildender, wenn er ständig unbezahlte Überstunden schieben muss? Mit dem Chef zu reden traut er sich vielleicht nicht, seine Kollegen können nicht helfen. Für so etwas gibt es in Unternehmen und in öffentlichen Einrichtungen eine sogenannte Jugend- und Auszubildendenvertretung, kurz JAV. Momentan laufen hierfür die Wahlen. Auch Firmen im Landkreis Freising sollen sich an den Wahlen beteiligen, appelliert die Gewerkschaft IG Bau in Oberbayern: Eine JAV sei ein "demokratisches Mitbestimmungstool", erklärt Jugendbildungsreferentin Pina Reinhard, mit dem man die eigenen Arbeitsbedingungen in der Ausbildung mitgestalten könne. Das komme den Firmen auch selbst zu Gute: Bei den rund 3100 Auszubildenden im Landkreis Freising spreche sich herum, wo die Lehre gut sei, heißt es von der Gewerkschaft.

Gewählt wird die JAV alle zwei Jahre, wählen dürfen alle Jugendlichen unter 18 Jahren sowie die Auszubildenden unter 25 Jahren. Eigentlich ist es für Unternehmen Pflicht, eine solche JAV einzurichten, so steht es im Betriebsverfassungsgesetz. Bedingung ist, dass in der Firma mindestens fünf Auszubildende arbeiten und dass es einen Betriebsrat gibt. Wie viele Firmen tatsächlich eine solche Jugendvertretung haben, darüber hat die Freisinger Arbeitsagentur keinen Einblick. Das zu kontrollieren sei nicht Aufgabe der Arbeitsagentur, sagt deren Vorsitzende Karin Weber. Wenn sich ein Unternehmen aber trotz Bemühen der Jugendlichen weigere, eine JAV einzurichten, könne man sogar rechtlich dagegen vorgehen, erklärt die DGB-Jugend.

Was eine JAV genau macht, zeigt sich an der TU Weihenstephan. 46 Azubis gibt es dort momentan, wie der JAV-Beauftragte Martin Felsl berichtet. Die Jugendvertretung beschäftige sich mit praktischen Problemen der Azubis: Etwa wenn in einem der Labore keine Kittel zur Verfügung stehen, erklärt der JAV-Vorsitzende Alexander Carrapeiro. Die JAV kümmere sich aber auch bei ernsten Problemen, zum Beispiel wenn der Chef Sachen verlangt, die eigentlich nicht im Vertrag stehen. "Auch das Zwischenmenschliche ist eine große Schiene", sagt Felsl: Wenn ein junger Mensch mit einem Chef oder Kollegen nicht klarkommt, könne die JAV vermitteln.

In Schulungen erfahren angehende JAV-Mitglieder ihre Rechte und Pflichten

Wer sich in einer Jugendvertretung engagieren will, nimmt meist an speziellen Schulungen teil. Angeboten werden sie von Gewerkschaften und privaten Unternehmen. Christine Völker-Albert ist Seminarplanerin am Institut zur Fortbildung von Betriebsräten (ifb), sie findet die Schulungen vor allem wegen der juristischen Inhalte wichtig: Die Jugendvertreter müssen erst einmal ihre Aufgaben und Rechte kennenlernen, sagt sie. Diese sind gesetzlich geregelt. Auch den richtigen Umgang mit Konfliktsituationen lernen die jungen Leute im Seminar. Denn Jugendvertreter kämen oft mit Konflikten in Berührung, weil das wichtig sei, um ihre Anliegen durchzubringen, so Völker-Albert. Vor allem aber könnten sich die jungen Leute bei den Schulungen untereinander austauschen: "Das ist ein relevanter Punkt, der sie in vielen Punkten noch weiterbringt als die Theorie." Billig sind die Schulungen allerdings nicht. Rund 2700 Euro für fünf Teilnehmer kostet ein solches Seminar beim ifb. Die Kosten dafür übernimmt der Arbeitgeber.

Auch das Landratsamt Freising hat eine JAV. Sie besteht aus drei Mitgliedern für insgesamt 32 junge Leute. In den Sitzungen des Personalrats, der dem Betriebsrat in Unternehmen entspricht, habe ein JAV-Mitglied eine beratende Stimme, berichtet Robert Stangl von der Pressestelle des Landratsamtes. "Bei Themen, die die Jugendlichen und die Auszubildenden betreffen, hat die gesamte JAV ein Stimmrecht."

Noch bis Ende November können Jugendliche in ihren Betrieben eine JAV wählen. Dass sie auch tatsächlich zur Wahl gehen, findet Carrapeiro von der TU Weihenstephan wichtig. Die JAV habe einfach einen besseren Draht zu den jungen Leuten, sagt er: "Es ist leichter mit jemandem zu reden, der in der gleichen Lage ist."

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