Außergewöhnlich:Leben auf dem Land

Außergewöhnlich: Schön neu: Peter Schied (v. r.), Betriebsleiter der Gärtnerei, Ewa Krügel, stellvertretende Hausleitung, und Bewohnerin Christine Fredl im Wohn-Essbereich.

Schön neu: Peter Schied (v. r.), Betriebsleiter der Gärtnerei, Ewa Krügel, stellvertretende Hausleitung, und Bewohnerin Christine Fredl im Wohn-Essbereich.

(Foto: Marco Einfeldt)

Am Hollerner Geflügelhof können Menschen mit Behinderung seit kurzem nicht nur arbeiten, sondern auch wohnen

Von Klaus Bachhuber, Eching

Eine außergewöhnliche Arbeitsstätte ist die Gärtnerei am Hollerner Geflügelhof nun schon seit 40 Jahren. Neuerdings ist das Ensemble auch noch beste Wohnlage. Das Heilpädagogische Centrum Augustinum (HPCA) hat dort bei seiner Werkstätte für Menschen mit Behinderung ein Wohnheim mit 39 Plätzen errichtet und am Freitag bei der Jubiläumsparty für die Gärtnerei gleich mit eingeweiht. Kein Wunder, dass sich bei so vielen Besonderheiten gleich zwei Bürgermeister um die neuen Einwohner rissen.

Echings Bürgermeister Sebastian Thaler begrüßte die neuen Gemeindebürger, die meisten sind aus dem HPCA-Wohnheim an der Sondermeierstraße in München herausgezogen; formal gehört der Geflügelhof zur Echinger Flur. Sein Unterschleißheimer Kollege Christoph Böck reklamierte die Neubürger freilich postwendend für seinen Ort, der einen Steinwurf von der Gärtnerei entfernt unmittelbar jenseits der Bundesstraße B 13 beginnt. "Sie sind hier bei der Stadt Unterschleißheim", scherzte Böck in Richtung Eching, "nicht auf dem Land . . ."

Das neue Wohnheim ist die größte der 16 Wohnstätten des Augustinums im Münchner Norden, in denen zusammen rund 200 Erwachsene mit einer geistigen Behinderung oder anderen Einschränkungen leben. Die 39 Appartements am Geflügelhof sind in kleinere Wohngruppen für je sechs bis sieben Bewohner unterteilt, "um ein familiäres Miteinander zu sichern", wie Matthias Heidler, der Geschäftsführer des Augustinums, betonte. Jedes Appartement hat ein eigenes, barrierefreies Bad und ist individuell und nach den Wünschen der Bewohner gestaltet.

Ziel der Wohnstätten sei "ein Leben in Selbstbestimmtheit mit individueller Unterstützung", sagte Heidler. Das Leben in der Gemeinschaft in Hollern biete "Sicherheit, vielfältige soziale Kontakte und eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung". Mit ihren Betreuern erledigen die Bewohner den Alltag mit Einkaufen oder Kochen selbständig. Und tagsüber arbeiten sie überwiegend in einer der HPCA-Werkstätten, von denen einige in Oberschleißheim oder in anderen Orten im Norden der Landeshauptstadt liegen - oder etwa in der Gärtnerei Hollern vor der Haustüre.

Menschen mit Behinderung arbeiten dort im Garten- und Landschaftsbau, der Innenraumbegrünung und im biologischen Gemüseanbau. Die Gärtnerei erledigt auch diverse externe Aufträge, so zum Beispiel die Pflege von Büropflanzen, wobei man zahlreiche Münchner Großbetriebe als Kunden hat. "Bis hinauf in die Vorstandsbüros" kommen die HPCA-Mitarbeiter so rum, schwärmte Heidler. Damit werde das Credo des Augustinums gelebt, "dass sich jeder in die Gesellschaft mit seinen Fähigkeiten einbringen kann".

Die Gärtnerei war vor 40 Jahren in einem gepachteten ehemaligen Geflügelhof aufgebaut worden. Seit der Weiler Hollern westlich der B 13 in den Neunzigerjahren von Eching nach Unterschleißheim umgemeindet worden war, gab der Hof der bei Eching verbliebenen Siedlung östlich der B 13 ihren Namen. Über sechs Millionen Euro hat das HPCA in die Anlage gesteckt.

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