30 Jahre Grabungstätigkeit, spektakuläre Funde und ein Expertenstreit – die Forschungen zur bronzezeitlichen Befestigung in Bernstorf haben immer wieder Schlagzeilen gemacht und zu hitzigen Kontroversen geführt. In den vergangenen Jahren wurde es etwas ruhiger, 2015 waren die vorerst letzten Ausgrabungen beendet worden. Die umfangreiche Dissertation von Vanessa Bähr an der Goethe-Universität Frankfurt, die nun in gedruckter Form erschienen ist, könnte für neuen Diskussionsstoff sorgen.
Bähr stuft die Gold- und Bernsteinfunde ebenso als echt ein wie Rüdiger Krause, der an der Goethe-Universität die Professur für Vor- und Frühgeschichte innehat, und Rupert Gebhard, Direktor der Archäologischen Staatssammlung in München. Sie alle waren zur Buchpräsentation auf den Pantaleonsberg in Kranzberg gekommen, wo sich auch das Bronzezeit-Museum befindet. Das haben mittlerweile 15 000 Interessierte besucht, bilanzierte Alfons Berger, Vorsitzender des Fördervereins Pantaleonsberg.
Harfenistin Barbara Eckmüller gestaltete den musikalischen Rahmen des Festabends. Anwesend war auch Manfred Moosauer. Der Hobby-Archäologe aus Haimhausen hatte seit 1994 gemeinsam mit Traudl Bachmaier in Bernstorf gegraben, 1998 entdeckten die beiden die ersten sieben der 21 Goldbleche. Auf den ersten Bernstein waren sie ein Jahr zuvor gestoßen. Insgesamt wurden bei mehreren Grabungskampagnen 48 Rohbernsteine und acht bearbeitete Exemplare gefunden.
Die Objekte erregten auch in Fachkreisen Aufsehen. 2010 bis 2012 sowie 2014/15 kam Rüdiger Krause mit einem Team der Goethe-Universität nach Bernstorf, Grabungsleiterin war Vanessa Bähr. 2016 endete das Projekt, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt hatte. In ihrer Dissertation arbeitet Bähr die Ausgrabungen auf. Was in dem Streit um Gold und Bernsteine oftmals vergessen werde: „Bernstorf ist die größte Befestigung der mittleren Bronzezeit nördlich der Alpen“, sagte Krause. „Die Funde kommen von einem prominenten Platz.“ Und sie passten „wunderbar ins Bild der Zeit“. Deshalb verstehe er nicht, woher die Aufregung um sie komme. Mit Mykene und Ägypten habe es damals einen intensiven Austausch gegeben.


Leider sei ein großer Teil der Anlage durch den Kiesabbau zerstört, sagte Bähr. In ihrer Dissertation geht sie auch auf die kleinere Befestigung aus der Hallstattzeit (800 bis 500 v. Chr.) und den mittelalterlichen Wall ein. Mehr als 10 000 Keramikscherben hat das Team geborgen. Es entdeckte verkohlte Hölzer, die auf die Zeit um 1340 v. Chr. datiert werden konnten, zudem Pfostenstandspuren und auch Latrinen oder Müllgruben nahe der bronzezeitlichen Befestigung. Aus dem Inneren ist dagegen fast nichts erhalten.
Auch die Umgebung bezog Bähr in ihre Untersuchungen ein. Blütezeit des Freisinger Dombergs war die frühe Bronzezeit, wie sie erklärte. Wahrscheinlich sei es dann zu einer „Bedeutungsverschiebung“ Richtung Bernstorf gekommen, möglicherweise aufgrund der Verkehrswege. Bernstorf liegt sehr exponiert auf einem Hügel über dem Ampertal. Vanessa Bähr zitierte auch unterhaltsame Anekdoten aus ihrem Grabungsbuch, zum Beispiel, dass Moosauer die Helferinnen und Helfer mit Kuchen, Gebäck und – ganz wichtig – Mückenspray versorgte.
Kein eindeutiges Indiz für eine Fälschung
Rupert Gebhard ging zum Schluss auf den Forscherstreit ein. Zur These, das Feingoldblech stamme aus der Neuzeit und könne im Internet bestellt werden, sagte der Prähistoriker, dass dort Folien der passenden Breite und Dicke nicht in der Länge des in Bernstorf gefundenen Diadems verfügbar seien. Auch die Herstellungstechnik – von der Gegenseite als „Kugelschreiberarbeit“ abgetan – sei in der Antike sehr wohl belegt. Hochreines Gold habe man mit dem damals bekannten Verfahren der Zementation erzeugen können. Gebhard folgert, dass es, anders als von den Kritikern behauptet, weiterhin kein eindeutiges Indiz für eine Fälschung der Goldobjekte gebe. Andererseits sei es aber eben auch „wahnsinnig schwierig“ nachzuweisen, dass etwas original sei.
Das Buch „Die bronzezeitliche Befestigung Bernstorf und ihr Siedlungsumfeld im Ampertal“ von Vanessa Bähr umfasst 497 Seiten plus 76 Tafeln und ist im Rudolf Habelt Verlag erschienen. Es kostet 109 Euro und ist Band 3 der Bernstorf-Forschungen sowie Nummer 48 der Frankfurter Archäologischen Schriften.