Süddeutsche Zeitung

Ausgehen in Freising:Drinks mit Reisschnaps, Lychee und Tropenmedizin

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Folge 13 der SZ-Kolumne "Bar-Hocker": Das Hop Sing ist Freisings Quell der Tiefenentspannung und guter Cocktails.

Kolumne von Eva Zimmerhof, Freising

Überall ist Buddha und nirgendwo. So unaufdringlich, doch allgegenwärtig ist er im Hop Sing. Pausbäckig lacht er etwa von der Wand herunter, Rubens hätte sich gefreut über ihn. Er ist ein stummer Beobachter dieser Bar, für die inmitten von Tischen, wo vietnamesische Speisen serviert werden, das nötige schummrige Licht herrscht. Bedächtig lächelnd mixen die Mitarbeiter Cocktails. Ein paar der Polsterhocker an der L-förmigen Bar sind leicht abgeschabt. Stammplätze? Darüber hängen schicke Deckenlampen in leicht kühlem Rot, Violett und Grün, in Szene gesetzt auch die vielen Glasflaschen mit leuchtenden Flüssigkeiten. Der Barbereich hebt sich klar ab in dem Restaurant mit seinen erdig rot gestrichenen Wänden und lauschigem Innenhof, und doch ist es nicht unüblich, dass Gäste hier direkt am Tresen essen. Dahinter entsteht schließlich die passende Nachspeise.

Allein die Cocktailkarte mit den "Hop Sing Specials" ist schon lang. "Geisha", "Cuba Limo", "Rice Tea", "Kalashnikov" oder "Agent Orange" gibt es für 5,55 Euro. Neben Zitrusfrüchten kommen exotische Zutaten wie Reisschnaps, Lycheesaft, Banana Likör und Angostura hinein. Letzteres wurde im 19. Jahrhunderts einmal als Medizin gegen Tropenkrankheiten entwickelt. "Drivers" haben gleich sieben Cocktails ohne Alkohol (4,90 Euro) zur Auswahl. Weiterhin gibt es "Hard Drinks" (7,90 Euro) und "Long Drinks" (6,90 Euro), "Whiskey und Whisky", acht Sorten, bis hin zum 16 Jahre alten Lagavulin Island.

Etwas versteckt und doch im Zentrum: der kleine in rotes Licht getauchte Hausaltar unten im Tresen

Zu den Füßen der Gäste ein Hausaltar, ganz unten in den Tresen ist er integriert, so dass er kaum auffällt und sich doch im Zentrum des Ganzen befindet. Ins schwache Licht roter Glühbirnchen getaucht hat jemand kleine Gegenstände deponiert. In der Nische vor vietnamesischen Schriftzeichen steht eine Espressotasse. Die Bar ist das Kernstück des Hop Sing. Hop Sing - warum dieser Name? Im Netz finden sich Hinweise zur TV-Serie "Bonanza", wo der chinesischen Koch eben so hieß, eigentlich ein rücksichtsvoller Mann, der gelegentlich grantig wurde und seinen Job kündigte, um dann doch zu bleiben.

Anscheinend gibt es in Freisings Hop Sing einen "Bonanza"-Fan, die eigene Webseite verrät schließlich, dass besagter Koch tatsächlich Inspirationsquelle war. Grantig wirkt unter den Mitarbeitern niemand, rücksichtsvoll viel eher, und so fragen sie die Gäste höflich nach ihrer Meinung zu Essen und Getränken. Einer summt vor sich hin. Allgemein herrscht eine entspannte Atmosphäre, und doch ist das Hop Sing auch ein Art Hop-on-Hop-off-Bus. Buddha sieht so einige für eine Weile mitfahren, für eine leichte Mahlzeit und einen guten Cocktail auf ihrer nächtlichen Vergnügungsreise durch Freisings Kneipen. Andere aber bleiben hier hängen und bis tief in die Nacht.

Lucky Buddha lacht breit, grinst verschmitzt. Mitten auf der Bar sitzt er, winzig, aus Porzellan mit einem Ausdruck absoluter Unbeschwertheit und als habe er gerade etwas unglaublich Lustiges gehört. Sicherheitshalber ist der Winzling auf dem Holz festgeklebt, damit er nicht als Souvenir in irgendeiner Tasche verschwindet. Er gehört einfach hier. Bleib gelassen und genieß dein Leben scheint das unausgesprochene Mantra des Hop Sing zu sein, das auf Mitarbeiter und Gäste zu wirken scheint. Seit 2011 gibt es das Hop Sing, bleibt zu hoffen, dass dieser Quell der Tiefenentspannung und guter Cocktails Freising so treu bleibt wie der Koch in der Fernsehserie.

Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag von 11.30 bis 14.30 Uhr und 17 bis 0 Uhr, Freitag von 11.30 bis 14.30 Uhr und von 17 bis 1 Uhr, Samstag von 17 bis 1 Uhr , Sonntag von 17 bis 0 Uhr. Barrierefreiheit: Der Zugang zu Bar und Restaurant ist barrierefrei.

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Quelle:
SZ vom 03.05.2018
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