Ausflug in den Untergrund:Geheimnisse des Veitsbergs

Ausflug in den Untergrund: Auf großes Interesse stießen die Führungen in den alten Bierkellern des Veitsbergs am "Tag des offenen Denkmals".

Auf großes Interesse stießen die Führungen in den alten Bierkellern des Veitsbergs am "Tag des offenen Denkmals".

(Foto: Einfeldt)

In dem Hügel, auf dem der Lindenkeller steht, hat sich zum Kriegsende die SS verschanzt. Einst wurde dort Bier gebraut.

Von Peter Becker, Freising

Vermutlich wissen heute nur noch wenige Freisinger, dass jener Teil des Hügels am westlichen Eingang zur Freisinger Altstadt, auf dem der Lindenkeller steht, den Namen Veitsberg trägt. Er rührt von einer Pfarrkirche her, die zu Beginn der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts dem Erdboden gleich gemacht wurde. Von außen sieht man dem Hügel nicht an, dass er weitgehend ausgehöhlt ist. In seinem Inneren befinden sich einige der ehemaligen Bierkeller der Stadt.

Ältere Freisinger haben diese noch in unangenehmer Erinnerung. In den Gewölben befand sich im Zweiten Weltkrieg der Luftschutzbunker für die obere Altstadt und das Bahnhofsviertel. Auf diese ambivalente Geschichte der Bierkeller machten Stadtarchivar Florian Notter und Braumeister Hermann Bienen das interessierte Publikum bei ihren Führungen am Tag des offenen Denkmals aufmerksam.

Wenige Jahre nach der Säkularisation stieg die Nachfrage nach Bier und das Brauwesen nahm einen ungeahnten Aufschwung. Um insbesondere das Sommerbier einlagern zu können, kamen die Brauereibesitzer auf die Idee, Schächte in den Veitsberg zu treiben, um dort ihr Gebräu einzulagern. Zusätzlich füllten die Brauknechte die Gewölbe mit Eis, das sie an den speziell für diesen Zweck angelegten Weihern vor der Stadt geschlagen hatten. Im Zuge der wachsenden Bevölkerung im 19. Jahrhundert und mit der stärkeren Nachfrage nach Konsumgütern wuchsen auch die Biergewölbe immer tiefer in den Berg hinein.

Noch mehr könnte die Bauforscherin über das Gewölbe herausfinden, sagt Notter

"Vieles ist noch unerforscht", sagte Notter während seiner Führung. Manches aus der Entstehungsgeschichte der Keller ließe sich wohl niemals mehr nachvollziehen. Er fände es aber in jedem Fall lohnend, einmal die Bauforscherin der Stadt Freising in die Gewölbe zu führen. Diese könne an Hand der Ziegel, aus denen die Tonnengewölbe errichtet sind, neue Erkenntnisse über deren Entstehungsgeschichte schließen. Das Prinzip, nach dem sie entstanden, ist bekannt. Notter erläuterte, dass Gänge in den Berg gegraben und zunächst mit Holzpfeilern gestützt wurden. Anschließend fügten Arbeiter das stabilisierende Mauerwerk hinzu. Nach der Erfindung der Kältemaschine ging die Bedeutung der Bierkeller sukzessive zurück.

Im Jahr 1943 übernahmen die Gewölbe im Veitsberg eine neue Funktion. Die Freisinger sollten sich dorthin im Falle von Luftangriffen durch die Bomber der Alliierten zurückziehen. Notter sagte, dass sich einige Bürger in Zeitzeugengesprächen erinnerten, wie sie dort mit einem Köfferchen mit dem Notwendigsten ausgerüstet, Zuflucht gesucht haben. Die SS in Freising hatte sich gegen Kriegsende in den Bierkellen vor den anrückenden Amerikanern verschanzt. Dort suchte sie eine Delegation Freisinger Bürger auf, um sie zur kampflosen Übergabe an die US-Truppen zu überreden, was die Nationalsozialisten allerdings ausschlugen.

Notter sagte, dass die Stadt, der das Areal heute gehört, für dieses Jahr noch 75 000 Euro für die Erschließung der Bierkeller bereit gestellt habe. Das soll künftig mehr Führungen durch die Kellergänge ermöglichen.

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