Auseinandersetzung eskaliert:Faires Forum droht mit Auflösung

Lesezeit: 3 min

Das Faire Forum in Freising wird am 21. September 2017 entscheiden, ob sich die Agenda-Gruppe auflöst. (Foto: David Ebener/dpa)

Der Streit um die abgelehnte Personalstelle zur Weiterentwicklung Freisings als "Fair Trade"-Stadt könnte ein Nachspiel haben. Die Stadtverwaltung hingegen kann die Kritik nicht nachvollziehen.

Von Gudrun Regelein, Freising

Wenige Wochen nach der Auseinandersetzung um den Fair Trade-Koordinator im Freisinger Rathaus droht das "Faire Forum" jetzt mit seiner Auflösung. Die Verantwortlichen der Agenda 21-Projektgruppe hatten sich die Schaffung der Stelle für die Weiterentwicklung Freisings als "Faire Stadt" gewünscht. Das aber war nach einer emotionalen Debatte und namentlicher Abstimmung vom Stadtrat Ende Juli mit 18 zu 16 Stimmen abgelehnt worden - obwohl diese Personalstelle zu 90 Prozent mit Bundesmitteln gefördert worden wäre.

"Die Stadt stiehlt sich aus ihrer Verantwortung", sagt Jürgen Maguhn, Stadtrat der Grünen und einer der beiden Sprecher des Fairen Forums. Diese Entscheidung, die unter anderem damit begründet wurde, dass es für den Koordinator keinen Platz im Rathaus gebe, zeige sehr deutlich, dass "das Thema Fair Trade keine Priorität hat". Den Verantwortlichen des Fairen Forums dagegen schien der Einsatz eines Koordinators für fairen Handel und faire Beschaffung in der Stadtverwaltung sinnvoll und notwendig. Unter anderem wäre dieser für den Aufbau von Netzwerken und eine Professionalisierung des ehrenamtlichen Forums zuständig gewesen.

Am 21. September will das Forum darüber diskutieren, ob die Agenda-Gruppe aufgelöst wird

Einfach so werde man die Ablehnung nicht akzeptieren, sagt Maguhn. Die beiden Sprecher des Fairen Forums - neben Jürgen Maguhn, dem Co-Sprecher, fungiert Kornelia Schredl als Erste Sprecherin - wollen nun beim kommenden Treffen des Forums am 21. September darüber diskutieren, ob die Agenda-Gruppe aufgelöst und dann in einer anderen Form weitergeführt wird. "Wir sind in dieser Entscheidung von anderen Mitgliedern des Forums bestärkt worden", betont Maguhn - die Ablehnung der gewünschten Personalstelle war dabei aber offenbar nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.

Vorurteilen zum Trotz
:Öko kann auch schick sein

Beim "Fairen Stadtspaziergang" der Grünen staunen der Bundestagsabgeordnete Uwe Kekeritz und die Bundestagskandidatin Kerstin Schnapp über das Angebot in der Stadt Freising

Von Eva Zimmerhof

In einem Weiterbestehen des Forums sehe er derzeit keinen Sinn, so Maguhn. Von Seiten der Stadt zumindest sehe er keine Unterstützung. Er - und auch Schredl - würden künftig auch nicht mehr als Sprecher zur Verfügung stehen, kündigt Maguhn an. "Unser Ziel ist die Stärkung des fairen Handels in der Region", sagt der Mitbegründer des 2015 ins Leben gerufenen Fairen Forums. In Freising tue sich zwar schon einiges: So gebe es den Weltladen und zwei andere Geschäfte mit fair gehandelter Ware; die Kirchen, verschiedene Schulen und seit Kurzem auch die TU engagierten sich. "Aber die Stadt will nicht groß einsteigen", kritisiert Maguhn.

Dabei sei der faire Handel keine Option, sondern eine Verpflichtung - zumindest für eine Fair Trade-Stadt, die Freising seit 2011 ist. Dieses Siegel bedeute nicht nur, die geforderten Mindestanforderungen zu erfüllen - so muss im Rathaus "fairer" Kaffee ausgeschenkt werden, eine Steuerungsgruppe muss gebildet werden, lokale Einzelhändler und die Zivilgesellschaft müssen sich beteiligen. Bereits 2014 sei auch ein Konzept für die Weiterentwicklung als Fair Trade-Stadt erarbeitet und verabschiedet worden, in dem die Koordinatorenstelle aufgelistet sei, so Maguhn.

Freisings Hauptamtsleiter Rupert Widmann zeigt sich über die Aussagen des Forums verwundert

Unter anderem beinhalte das Konzept zudem, dass von der Stadt etwa bei der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen soziale und ökologische Kriterien angewendet werden. "Bislang aber ist nichts passiert", schildert Maguhn. Er habe den Eindruck, dass durch die Stadt alles "sehr stark verzögert wird - beziehungsweise diese gar nicht willig ist, etwas zu tun". Auch den eigentlich zugesagten jährlichen Bericht vom Oberbürgermeister über die Fortschritte, die als Fair Trade-Stadt gemacht werden, habe es nie gegeben.

Freisings Hauptamtsleiter Rupert Widmann kann die Vorwürfe nicht verstehen: "Wir haben von Anfang an viel getan, um den fairen Handel zu fördern", sagt er. Faires Denken und Handeln sei in den Fachämtern implementiert, so gebe es etwa keine Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit. "Wir sind im fairen Handel gut aufgestellt." Allerdings habe eine Stadt eine Vielzahl an Aufgaben, nicht nur die, den Gedanken des fairen Handels umzusetzen. Er sei sehr verwundert, dass die Ablehnung des vom Fairen Forum gewünschten Koordinators nun zur Auflösung der Gruppe führen solle, sagt Widmann. "Vor allem, da es das Förderprogramm länger gibt und ein Koordinator auch zu einem späteren Zeitpunkt noch möglich wäre." Die Stadt würde es bedauern, falls sich das Forum tatsächlich zu diesem Schritt entschließen würde.

Was mit dem Fairen Forum geschehen wird, kann auch Maguhn derzeit nicht sagen. Auch weiß er nicht, ob eine Auflösung der Gruppe rechtlich überhaupt möglich wäre. Dass das nun diskutiert werde, sei zunächst eine politische Entscheidung, "unter Umständen einen härteren Weg zu gehen". Irgendwie scheint er aber Hoffnung zu haben. "Es könnte ja sein, dass noch Lösungsvorschläge kommen", sagt Maguhn.

© SZ vom 07.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: