Ausbau des Münchner Flughafens:Der Widerstand wächst

Die Gegner der dritten Startbahn bereiten Klagen gegen den Flughafenausbau vor - und setzen dabei vor allem auf den Natur- und Klimaschutz. Doch bislang ist das Thema gesetzlich kaum geregelt.

Marco Völklein

Exakt 2837 Seiten umfasst der Planfeststellungsbescheid, mit dem die Regierung von Oberbayern Ende Juli den Bau der geplanten dritten Start- und Landebahn am Münchner Flughafen genehmigt hat. Vier Wochen hat Christine Margraf gebraucht, um bis zur Seite 2168 zu kommen. "Bis Ende der Woche bin ich durch", sagt die Frau, die beim Bund Naturschutz den Widerstand gegen den Bau der neuen Bahn koordiniert.

Und dann soll es losgehen: Bis Anfang November müssen die Naturschützer ihre angekündigte Klage einreichen und begründen. Zudem planen sie weitere Aktionen, um den Druck auf die Politiker zu erhöhen. Auch die Anwälte der Anwohner und Anrainergemeinden arbeiten derzeit die Baugenehmigung durch und bereiten Klagen vor.

Die Regierung von Oberbayern als Genehmigungsbehörde hatte den Bescheid Ende Juli veröffentlicht, wird ihn aber offiziell erst Mitte September zustellen. Das war ein Zugeständnis an die Ausbaugegner, von denen derzeit viele im Urlaub sind. Denn erst mit der Zustellung greifen die gesetzlichen Fristen, innerhalb derer Klagen möglich sind. Den Naturschützern um Margraf kommt dabei eine zentrale Rolle zu.

Während die Anrainer vor allem ihre persönlichen Betroffenheiten in den Vordergrund stellen werden, wird der Umweltverband verstärkt auch auf die übergeordneten Streitpunkte hinweisen: Der Schutz der Natur und der Kampf gegen den Klimawandel sollen zwei Hauptpunkte der Klage sein, erläutert Margraf. Vor allem beim Klimaschutz betritt der Verband juristisches Neuland. Denn bislang ist das Thema kaum gesetzlich geregelt, nur in übergeordneten Werken - etwa dem Kyoto-Protokoll oder auch in Bestimmungen der Europäischen Union - finden sich Einlassungen, sagt Margraf.

Nun wollen die Naturschützer klären lassen, welchen Stellenwert diese übergeordneten Bestimmungen für die Planungen des konkreten Großprojektes im Erdinger Moos haben. Der Flughafen wie auch die Genehmigungsbehörde stehen, frei ausgedrückt, auf dem Standpunkt, solche Klimaschutzziele könnten lokalen Vorhaben nicht zugeordnet werden. Klimaschutz sei Aufgabe der Politik. "Das ist Quatsch", entgegnet Margraf: Nur durch das Planen (oder eben auch das Unterlassen) einzelner Projekte könnten die Klimaschutzziele erreicht werden.Schutzgemeinschaft sucht nach möglichen Musterklägern Argumente für mögliche Klagen sammeln zudem die Anwälte der Schutzgemeinschaft, die sich vor allem aus Kommunen rund um den Flughafen zusammensetzt.

Sie wollen Musterkläger ins Rennen schicken - etwa beim Lärmschutz und wenn es darum geht, ob enteignet werden darf. Zudem schreibt die Regierung dem Flughafen zwar vor, Anwohner zu entschädigen, die ihre Häuser räumen sollen. Doch dafür sollen Kaufpreise aus dem Jahr 2007 gelten, einem Jahr also, in dem aus Sicht der Kläger schon lange klar war, dass sich der Flughafen ausdehnen will. Die Werte seien somit zu niedrig angesetzt, argumentieren die Anwälte der Schutzgemeinschaft.

Ihr Ziel: Sollte ein Gericht höhere Preise ansetzen, könnte das den Bau verteuern - und damit vielleicht ganz verhindern. Noch im September will der Vorstand der Schutzgemeinschaft festlegen, wen man nun als Musterkläger in den Kampf gegen die dritte Startbahn schicken will.

Um politisch den Druck zu erhöhen, treffen sich am 8. September zudem die Mitglieder des Aktionsbündnisses "Aufgemuckt". In der Versammlung wollen die Ausbaugegner weitere Protestaktionen beschließen. Eine Großdemo soll es am 29. Oktober auf dem Marienplatz geben. Der Bund Naturschutz plant vorher bereits Infostände, Flugblattaktionen und eine Info-Offensive im Internet, um den Protest verstärkt in die Landeshauptstadt zu tragen. "Auch aus München regen sich bei mir immer mehr Menschen über Fluglärm auf", sagt Margraf. "Denen wollen wir klarmachen, dass die Belastung künftig zunehmen wird."

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