Aus dem Ruder gelaufener Einbruch in Kranzberg:Teilgeständnis und eine geplatzte Zeugenaussage

Der Prozess gegen ein Brüderpaar wegen eines versuchten Mordes auf einem Reiterhof ist eine zähe Angelegenheit

Von Alexander Kappen, Landshut/Kranzberg

Der seit März andauernden Prozess gegen ein Brüderpaar, das sich wegen eines versuchten Mordes auf einem Kranzberger Reiterhof am Landgericht Landshut verantworten muss, ist eine zähe Angelegenheit. Am Donnerstag ist die Jugendkammer unter Vorsitz von Richter Andreas Wiedemann nun ein weiteres Mal ausgebremst worden. Die lange erwartete und seit Wochen vorbereitete Video-Vernehmung eines Zeugen in Rumänien platzte kurzfristig. Dafür wartete die Verteidigerin des älteren Angeklagten, 23, mit einer Überraschung auf. Ihr Mandant, der seit Prozessbeginn eine Tatbeteiligung abgestritten hatte, legte durch eine Erklärung der Anwältin ein Teilgeständnis ab.

Als die Verhandlung am Donnerstagmorgen fortgesetzt wurde, sah es zunächst gar nicht schlecht aus. Die Videoleitung nach Rumänien stand, auch eine Richterin sowie eine Staatsanwältin waren dort bereit. Und als sich die Verteidiger der beiden Angeklagten den Weg durch den morgendlichen Verkehr gebahnt hatten und mit etwas Verspätung in Landshut eintrafen, konnte es mit der Vernehmung des Zeugen in Rumänien losgehen - dachte man zumindest. Die rumänische Richterin ließ über den eigens einbestellten Dolmetscher mitteilen, dass der Zeuge nicht da sei. Die Polizei habe den Mann, der nach Aussage des jüngeren Angeklagten, 18, an der Tat beteilig gewesen sein soll, an seiner Wohnanschrift nicht antreffen können. Die besondere Pointe: Von Nachbarn habe man erfahren, dass er sich seit zwei Monaten in Deutschland befinde.

Daher, so die rumänische Richterin, könne man die europäische Ermittlungsanordnung nicht ausführen. Da sich der Zeuge vermutlich also im Bundesgebiet aufhalte, "werden Sie ihn hoffentlich dort ausfindig machen". Der Vorsitzende kündigte anschließend an, dass man sofort alles veranlassen werde, um den Zeugen in Deutschland zu finden und wenn möglich auch in der Hauptverhandlung aussagen zu lassen. Dem Vernehmen nach habe der Zeuge einen Onkel in Deutschland, womöglich könne man über diesen etwas erreichen.

Als der Richter den Verhandlungstag schon schließen wollte, gab die Verteidigerin des 23-jährigen Angeklagten überraschend eine Erklärung für ihren Mandanten ab. Demnach war er bei der Tat doch dabei - wenn auch nur als Fahrer. Während sein jüngerer Bruder von Anfang an gestanden hatte, bei dem Einbruch im Februar 2020 dabei gewesen zu sein, bei dem der 51-jährige Reiterhofbesitzer durch einen Schlag auf den Kopf lebensgefährlich verletzt wurde, hatte der 23-Jährige bislang angegeben, mit der Tat nichts zu tun zu haben. Die Version der beiden Brüder ging so, dass der genannte, zwischenzeitlich in Rumänien untergetauchte Zeuge mit dem jüngeren Angeklagten die Tat verübt hat. Laut des 18-Jährigen hat der Zeuge auch den Schlag auf den Kopf ausgeführt.

Auch wenn es etwas spät komme, wolle sie nun eine ergänzenden Einlassung ihres Mandanten vortragen, so die Verteidigerin. Demnach hat dieser von Anfang an gewusst, was der 18-Jährige und sein Kumpel, also besagter Zeuge, vorhatten. Der 18-Jährige, der früher auf dem Reiterhof gearbeitet hatte, habe gewusst, wo dort Geld zu finden sei. Das habe er sich holen wollen, als Ausgleich für angeblich noch ausstehenden Lohn. Der 23-Jährige, so die Anwältin, habe die beiden anderen zum Reiterhof gefahren. Man habe vermutet, der Besitzer sei nicht da. "Er hat im Auto auf einem Feldweg gewartet. Die beiden anderen sind ins Haus." Der 18-Jährige habe am Tattag eine helle Jacke getragen und sich im Auto die dunkle seines älteren Bruders für die Tat ausgeliehen. "Was im Haus passiert ist, weiß er nicht", so die Verteidigerin. Die frühere Verlobte des 23-Jährigen hatte Ende Juli vor Gericht jedoch ausgesagt, ihr Ex-Freund habe ihr gegenüber zugegeben, den Reitstallbesitzer niedergeschlagen zu haben. Der Prozess wird fortgesetzt.

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