Aus dem Freisinger Amtsgericht:Leichtfertig in Geldwäsche verwickelt

Der Angeklagte wird für Kurierdienste angeworben und schöpft keinen Verdacht - der Richter spricht eine Geldstrafe aus.

Peter Becker

Opfer einer organisierten kriminellen Bande ist eine 41-jährige Frau aus dem Landkreis geworden. Sie tritt allerdings vor dem Freisinger Amtsgericht nicht als Zeugin auf, sondern sitzt selbst auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Geldwäsche vor, weil sie für eine estnische Firma Kurierdienste verrichtet hat. Die Ware, die sie in Form von Paketen ins Baltikum übermittelte, stammte nämlich aus Kreditkartenbetrug. Ein Freispruch oder eine Einstellung des Verfahrens ist laut Richter Wanderer aus generalpräventiven Gründen nicht möglich. Er verhängt eine Geldstrafe von 600Euro. Für ihre Dienste hat die 41-Jährige nie Geld erhalten, sondern sich nur Ärger eingehandelt.

Die Frau hat aus guter Absicht gehandelt. Sie war auf der Suche nach Arbeit. Im Internet stieß sie auf eine Firma mit Sitz in Estland. Diese suchte jemanden, der Pakete entgegennehmen und weiterleiten sollte. "Ich habe nur die Adresse aus dem Internet ausgedruckt und auf die Päckchen geklebt", sagt die Beschuldigte. Dann habe sie diese zur Post gebracht und sich eine Bestätigung geben lassen. Später sollte sie auch den Inhalt auf Defekte überprüfen.

Was die Frau nicht wusste: Die Handys, Notebooks und Navis, die sie verschickte, hatten Betrüger gekauft, die Kontonummern aus dem Internet gefischt hatten. Richter und Staatsanwältin warfen der Frau Leichtfertigkeit vor. Ihr habe auffallen müssen, dass diese Kurierdienste "totaler Unsinn" gewesen seien. Die Kunden hätten die Ware bei den Händlern direkt bestellen können, ohne dass sie eine zusätzliche Gebühr von 20Euro für Zustelldienste hätten bezahlen müssen. Der Frau hätten auch die wechselnden Bankverbindungen auffallen müssen, obwohl doch eigentlich sie als Empfängerin angegeben war. Außerdem sei vor einem guten Jahr in allen Medien über diese Form von Betrügerei berichtet worden. "Ich hab mir nichts gedacht", entschuldigt sich die Frau. Lohn hat sie nie erhalten. Auf einmal bekam sie auch keine Aufträge mehr.

Die Frau befindet sich nun in einer verzwickten Lage. Eine Einstellung des Verfahrens oder gar einen Freispruch gibt es bei Geldwäsche nicht. Der Gesetzgeber hat dies so vorgesehen, um die Machenschaften des organisierten Verbrechens einzuschränken - eben generalpräventive Gründe. Die Geldstrafe, sagt Richter Jakob Wanderer, befindet sich von der Tagessatzhöhe von 15Euro her im Bereich der Sozialhilfe. Die Frau gilt trotz der Verurteilung als nicht vorbestraft. Sie muss diese bei Bewerbungsgesprächen nicht angeben.

Allerdings hat sie vor, sich bei einem Gastronomiebetrieb am Flughafen zu bewerben. Sollte sie im Sicherheitsbereich arbeiten müssen, würde sie "einen roten Ausweis" benötigen. Der könnte ihr aber unter Umständen vom Luftfahrtamt Süd verweigert werden. Als "klassische Leichtfertigkeit" bezeichnet Richter Jakob Wanderer das Verhalten der Frau. Leichtfertigkeit deutet im juristischen Sinn grobe Fahrlässigkeit. Diese wiederum könnte das Luftfahrtamt als Unzuverlässigkeit deuten.

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