Aus dem Amtsgericht:Fisch im Gesicht

43-Jähriger provoziert im Supermarkt einen anderen Kunden und schlägt mit seinen Einkäufen zu. Er und seine Frau werden wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

Peter Becker

Ein Schubs mit der Schulter und wüste Beleidigungen haben vor einem Supermarkt an der Bourdonstraße in Freising ein Handgemenge ausgelöst. Dieses gipfelte in einem Schlag mit einem Plastikbeutel voll frischem Fisch ins Gesicht des Opfers, das dabei Zahnverletzungen erlitt. Die Freisinger Amtsgerichtsdirektorin Lore Sprickmann-Kerkerinck verurteilt den Urheber des Streits, einen 43-jährigen Mann, und seine 30-jährige Frau wegen gefährlicher Körperverletzung zu Bewährungsstrafen von neun und sechs Monaten.

Warum der Beschuldigte den 47-jährigen Mann, den er flüchtig kennt, anrempelte, bleibt sein Geheimnis. Offenbar meint er, mit ihm noch eine Rechnung offen zu haben. Rechtsanwalt Gerd Karge erklärt für seinen Mandanten, es habe sich dabei um eine leichte Berührung gehandelt, "wie sie täglich in jedem Supermarkt vorkommt". Gerade in dem an der Bourdonstraße gehe es besonders eng zu. Amtsgerichtsdirektorin Lore Sprickmann-Kerkerinck und die Staatsanwältin sehen dies nicht so. Nach dem Betrachten von Videoaufzeichnungen aus dem Laden kommen beide zu dem Schluss, dass der Beschuldigte eigens zu dem an der Fleischtheke wartenden Mann zurückgekehrt war, um ihn zu provozieren. Erst dann habe er den Supermarkt verlassen.

Ein Begleiter des 47-Jährigen bestätigt dies als Zeuge. Sein Arbeitskollege habe dann den Laden verlassen, um den Geldbeutel zu holen, den er im Auto vergessen hatte. "Plötzlich hörten wir ein Geschrei", berichtet der Zeuge. Als er vor den Laden lief, um der Ursache auf den Grund zu gehen, sah er die beiden Männer, die sich schubsten und miteinander rangelten. Nach Angaben des 47-Jährigen gingen auch sämtliche anderen verbalen und handfesten Attacken vom Beschuldigten aus. Er habe seine Mutter und Frau aufs Übelste beleidigt, sagt er vor Gericht. "Dann hat er mit dem Fisch zugeschlagen."

Dies bestätigt ein weiterer Zeuge. "Er hat ihm die Tüte ins Gesicht geschleudert." Rechtsanwalt Karge bezweifelt dies. Es habe sich um frischen Fisch gehandelt und nicht um gefrorenen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass frischer Fisch solche Verletzungen auslöst." Der 47-Jährige klagte nämlich nach der Attacke über gelockerte Schneidezähne und Prellungen. Dazu sprang der Beschuldigte nach Angaben eines Zeugen in die Luft, um den etwa zehn Zentimeter größeren Kontrahenten mit seiner Stirn einen Kopfstoß gegen die Nase zu versetzen. Auch der Frau des Beschuldigten kam eine unrühmliche Rolle zu. Angaben der Verteidiger Karge und Werner Schöffmann zufolge warf sie nur mit lockerem Schnee. Zwei Zeugen hatten aber beobachtet, dass sie auch Faustschläge verteilte. Außerdem beleidigte sie den Angeklagten mit den Worten, seine Kinder seien behindert. Das sei eine Strafe Gottes. Amtsgerichtsdirektorin und Staatsanwältin waren sich im Strafmaß einig. Die Schuld des Angeklagten stand für sie fest. "Er hat genügend Platz gehabt, um vorbeizugehen", meinen sie einhellig. Um eine gefährliche Körperverletzung handelt es sich deshalb, weil beide Angeklagten gemeinsam gegen ihr Opfer vorgingen. Den Beschuldigten verurteilt die Amtsgerichtsdirektorin überdies zu einer Geldauflage von 2500Euro. Rechtsanwalt Karge wird gegen das Urteil in Berufung gehen.

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