Aufregung in Weihenstephan:Jobs in Gefahr

Der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie droht die Insolvenz. Obwohl die Staatsanwaltschaft wegen Betrugs und Untreue ermittelt, hofft man jedoch, die Arbeit fortführen zu können.

Von Petra Schnirch, Freising

Für die etwa 70 Mitarbeiter, darunter 25 Doktoranden, ist es eine schwierige Zeit - sie bangen um ihre Jobs. Da Freistaat und Bund die finanzielle Förderung der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie (DFA) in Weihenstephan vorerst eingestellt haben, ordnete das Amtsgericht Landshut mit Beschluss vom 18. August die vorläufige Insolvenz wegen drohender Zahlungsunfähigkeit an.

Als Grund nennt das bayerische Wirtschaftsministerium "zuwendungs- und steuerrechtlich problematische Sachverhalte". Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt nach einer Durchsuchung des Instituts am 15. Dezember 2015 gegen den bisherigen Direktor der DFA und seinen Stellvertreter sowie den ehemaligen Verwaltungsleiter wegen Betrugs und Untreue in mindestens fünf Fällen.

Drei Monate lang erhalten die Mitarbeiter nun über das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit ihren vollen Nettolohn, solange kann die DFA in jedem Fall weiterarbeiten. Der langjährige Direktor ist abgelöst worden, seine Aufgabe hat kommissarisch Anna-Maria Reichlmayr-Lais übernommen. Sie ist Beauftragte des Präsidenten der TU München (TUM) für Weihenstephan und Hochschulmedizin und hat dort bereits an einigen Reformkonzepten mitgewirkt. Sie zeigt sich genauso wie der vorläufige Insolvenzverwalter Marcus Göbel optimistisch, dass die DFA in Weihenstephan eine Zukunft hat. Zumal auch ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums versichert, dass man "die größten Anstrengungen" unternehmen werde, die Arbeitsplätze zu sichern. Denn an der fachlichen Kompetenz gibt es keine Zweifel. Der bisherige Direktor ist ein international anerkannter Wissenschaftler, der auch einen Lehrstuhl an der TUM inne hat, er wird im kommenden Jahr in den Ruhestand gehen.

Präsident Herrmann denkt unterdessen an eine Erweiterung des Zentrums

Der Senat der Leibniz-Gesellschaft, der die DFA angegliedert ist, hob bei einer Evaluierung im vergangenen Jahr die Leistungen der einzigen auf die Lebensmittelchemie fokussierten außeruniversitären Einrichtung in Deutschland hervor. TUM und DFA arbeiten im Zentrum für Lebensmittelchemie an der Lise-Meitner-Straße, im ehemaligen Degussa-Gebäude, eng zusammen. 2011 fand die offizielle Einweihung statt. Forschungsanstalt und Universität nutzen die 3000 Quadratmeter etwa je zur Hälfte. Mit inzwischen drei Lehrstühlen hat die TUM die Lebensmittelchemie nach deren Umzug von Garching nach Weihenstephan stark ausgebaut. Und Präsident Wolfgang Herrmann schwebt bereits eine Erweiterung des Zentrums durch einen zusätzlichen Neubau vor, er möchte den Bereich Sensorik ausbauen. Auch er zeigt sich zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit mit der Deutschen Forschungsanstalt fortgesetzt werden kann. Auf die Arbeit an den TUM-Lehrstühlen haben die Schwierigkeiten der DFA nach seinen Worten keine Auswirkungen.

Wie geht es nun konkret für die DFA weier? Die Ermittlungen sind nach Auskunft der Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossen. Wann dies der Fall sein wird, lasse sich noch nicht prognostizieren. Marcus Göbel will in den kommenden Wochen einen Insolvenzplan aufstellen und die Voraussetzungen schaffen, dass die staatliche Förderung, insgesamt 3,6 Millionen Euro im Jahr von Bund und Land, wieder fließt. Wenn dies gelinge, könne die Arbeit "uneingeschränkt" fortgeführt werden, mit allen Mitarbeitern. Knackpunkt ist offenkundig, dass die Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie in einigen Fällen nicht nachweisen konnte, dass Förderauflagen eingehalten wurden. Die Konsequenzen für ein Institut, das von öffentlich-rechtlichen Zahlungen abhängt, sagt Göbel, seien in einem solchen Fall gravierend.

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