Kommunalwahl in AuEine Gemeinde sortiert sich neu

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24 Jahre lang lenkte Karl Ecker als Bürgermeister die Geschicke der Marktgemeinde im Auer Rathaus. Nach dem 15. März ist es damit vorbei. Ecker tritt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Wahl an. Drei Kandidaten wollen ihn beerben.
24 Jahre lang lenkte Karl Ecker als Bürgermeister die Geschicke der Marktgemeinde im Auer Rathaus. Nach dem 15. März ist es damit vorbei. Ecker tritt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Wahl an. Drei Kandidaten wollen ihn beerben. (Foto: Marco Einfeldt)

Weil Karl Ecker nach 24 Jahren als Bürgermeister aufhört, bedeutet die Wahl am 15. März eine Zäsur für die Marktgemeinde. Barbara Prügl, Hans Sailer und Michael Hillebrand wollen die Nachfolge antreten.

Von Peter Becker, Au

Es ist eine Zäsur für die Marktgemeinde Au. 24 Jahre lang lenkte Karl Ecker als Bürgermeister ihre Geschicke, im August hat er angekündigt, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zu kandidieren. Die Marktgemeinde muss sich neu sortieren. Drei Kandidaten stehen bereit, die Nachfolge Eckers anzutreten: Barbara Prügl von der Grünen offenen Liste (GoL), der Zweite Bürgermeister Hans Sailer von der Freien Wählergemeinschaft (FWG) und Michael Hillebrand (CSU/PfW), der in den vergangenen Jahren politisch nicht in Erscheinung getreten ist. Kein Wunder, dass die jeweiligen Wahlkampfauftaktveranstaltungen von Neugierigen überlaufen wurden.

Der Marktgemeinderat selbst besteht aus 20 Räten, aktuell sind es fünf Frauen und 15 Männer. Vier davon stellt die GoL, sie stellen sich alle zur Wiederwahl. Auf der neuen Liste stehen sieben Frauen. Fünf Markträte stellt derzeit die CSU/PfW. Sie haben sich ebenfalls zur Wiederwahl angeboten. Auf der Liste stehen vier Frauen. Definitiv verändern wird sich das der Gesicht der FWG im Marktgemeinderat. Die Fraktion stellt derzeit zehn Mandatsträger und den Bürgermeister. Ecker kandidiert nicht mehr, ihm tun es Heiner Barth, Gerhard Stock und Josef Zellner gleich. Auf der Liste der FWG bewerben sich sechs Frauen um einen Sitz.

Die Schulthemen sind erst einmal abgearbeitet

Abgearbeitet sind im Marktgemeinderat fürs Erste die Schulthemen. Die Realschule steht, ihre Sanierung und der Erweiterungsbau lagen in der Hand des Landkreises. Gleichwohl hat ihre Verwirklichung die Gemüter in der Hallertau bewegt. Initiiert wurde sie noch vom Kreistag unter Regie des damaligen Landrats Michael Schwaiger. Die frohe Botschaft, dass die Regierung dem Projekt zustimmt, durfte aber dessen Nachfolger Josef Hauner überbringen. Im letzten Drittel der Amtszeit von Ecker hat die Marktgemeinde viel Arbeit in die Sanierung der Grundschule gesteckt. Ein Vorhaben in ähnlicher Dimension steht jetzt dem Kindergarten Maria de la Paz bevor.

Zwei Mail-Adresse

Barbara Prügl ist 58 Jahre alt. Es ist bereits ihr zweiter Versuch, Bürgermeisterin der Gemeinde Au zu werden. Seit 2014 sitzt die Medizin-Ökonomin für die Grüne offene Liste Au im Marktgemeinderat. Früher war Barbara Prügl Orts- und Kreisvorsitzende in Freising, derzeit ist sie Vorsitzende des Ortsverbandes Holledau. Für die Grünen ist sie derzeit auch noch im Kreistag aktiv. Lange Jahre schon musiziert Barbara Prügl bei der Auer Geigenmusi und singt im Kirchenchor. Sollte sie Bürgermeisterin werden, wird sie für ihr Unternehmen eine Vertriebsleiterin einstellen. Für ihren ersten Tag als mögliche Bürgermeisterin hat sie sich zwei Dinge vorgenommen: Sie würde als erste Maßnahme zwei E-Mail-Adressen einrichten. Eine davon würde lauten: buergerservice@markt-au.de, die andere firmenservice@markt-au.de.

Eine Rathaus-App

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(Foto: Privat)

Michael Hillebrand (CSU) ist 50 Jahre alt und stammt aus Günzenhausen. Er absolvierte eine Lehre zum Elektriker und arbeitet am Bauhof der Gemeinde Au. Von 2001 bis 2013 war Hillebrand Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr in Günzenhausen. In diese Zeit fiel der Neubau des Gerätehauses. Seit 2013 ist Hillebrand Zweiter Vorsitzender der Günzenhausener Feuerwehr. Zusätzlich ist er Mitglied bei der Auer Feuerwehr, der Narrhalla und weiteren Vereinen. Ehrenamtlich engagiert sich Hillebrand seit acht Jahren im Franziskuswerk in Schönbrunn als Begleiter für behinderte Kinder und Jugendliche. Sollte er Bürgermeister werden, würde er als Erstes eine Rathaus-App installieren lassen. Über diese könnten Auer Bürger sofort Missstände melden und die Beschlüsse der Gemeinderatssitzungen könnten zeitnah veröffentlicht werden.

Viele Gespräche

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(Foto: Marco Einfeldt)

Hans Sailer ist 62 Jahre alt und in Freising geboren. Seit 28 Jahren wohnt er in Au. Er arbeitet als Lehrer für berufliche Schulen an der Fachoberschule/Berufsoberschule in Freising. Sailer sitzt seit 2002 im Marktgemeinderat. Dort ist er Mitglied des Bauausschusses und leitet den Arbeitskreis Schule, Kultur und Sport. 2014 hat er das Amt des Zweiten Bürgermeisters übernommen. Seit 2008 sitzt Sailer auch im Kreistag und ist Mitglied des Ausschusses für Schule, Kultur und Sport. Er ist seit dem vergangenen Jahr als "Marktstrawanza" unterwegs und vermittelt Interessenten die Geschichte der Marktgemeinde. Wird Sailer nicht gewählt, steht er nicht mehr als Zweiter Bürgermeister zur Verfügung. Erste Amtshandlung als Bürgermeister wäre, Gespräche mit den Anwohnern zur Gestaltung der Ortsmitte sowie zum Radweg nach Haslach zu führen.

Dem Wohlstand der Marktgemeinde zum Trotz, herrscht in Au, was die Freizeitgestaltung anbelangt, ein gewisses Unbehagen. Ein triftiger Grund dafür ist, dass in der Ortsmitte jüngst zwei Wirtschaften geschlossen haben: die Pizzeria "Pinocchio" im einstigen Oberwirt und natürlich das Herzstück von Au, der Schlossbräukeller. Kein Wunder also, dass sich Gemeinderatskandidaten aus allen Gruppierungen zum Ziel setzen, die Gastronomie am Ort zu stärken. Schloss und Schlossbrauerei sind seit vergangenem Jahr in der Hand chinesischer Investoren. Über deren Pläne in Au ist bislang nichts bekannt. Fest steht nur, dass sie den Schlossbräukeller geschlossen haben. Ein Folge davon: Au verliert das beliebte Dellhauser Volksmusik-Festival, das 2021 in Wolnzach stattfinden soll.

Unter Ecker hat die Planung für die Neugestaltung der Ortsmitte begonnen. So richtig starten soll sie in diesem Jahr. Sie zu begleiten, ist eine der wichtigsten Aufgaben für den neuen Bürgermeister und seinen Gemeinderat. Denn wer gedacht hatte, mit der Verlegung der Bundesstraße B 301 aus der Ortsmitte sei es getan, der hat sich getäuscht. Es gibt immer noch viel Leerstand in Au. Den Schlüssel dazu, Au wieder zum Leben zu erwecken, sieht nicht nur GoL-Kandidatin Ticen Genc in der Wiederbelebung der Ortsmitte. Die Wirtshauskultur zu erhalten, ist das eine, leer stehende Häuser mit Leben zu erfüllen, das andere.

Barbara Prügl will auf die Hausbesitzer zugehen und sie nach ihren Plänen fragen. Einladend, familienfreundlich und behindertengerecht soll der Ortskern nach Vorstellungen der FWG werden. Einige ihrer Kandidaten versprechen den Hausbesitzern, auf der Suche nach Fördermitteln behilflich zu sein. Was den Oberwirt anbelangt, ist dies ein Spezialfall. Er ist verkauft, dort sollen Arbeiterwohnungen entstehen. Weil das Gebäude aber im Sanierungsgebiet liegt, hat der Marktgemeinderat sein Veto eingelegt. "Die Gemeinde will das Gebäude kaufen", sagte Martin Hellerbrand (CSU/PfW) bei einer Wahlkampfveranstaltung. Arbeiterwohnungen füllten den Ortskern nicht mit Leben. "Wir haben genügend Bedarf, von der Jugend bis zu den Senioren." Beispielsweise könne dort eine Theaterbühne entstehen.

Fast zwingend etwas passieren muss bei der Hopfenhalle

Im wahrsten Sinn des Wortes ein dicker Brocken ist die Hopfenhalle in Au. Das Gebäude ist marode, was damit geschehen soll ist, ungewiss. Wohl oder übel wird sich der Marktgemeinderat in den kommenden sechs Jahren ein Konzept ausdenken müssen, bevor das Gemäuer zusammenfällt. Was manchem recht wäre. "Der Erhalt ist nicht sinnvoll", denkt Hellerbrand. Eine Sanierung würde die Marktgemeinde Millionen kosten. Ein Investor müsste ins Boot geholt werden, wobei sich Barbara Prügl gut vorstellen könnte, dort einen Busbahnhof zu bauen, wenn einmal ein Expressbus von Mainburg nach Freising und die Zubringerbusse aus den Ortsteilen dort hielten. Sie ist gegen einen Abriss, weil die Hopfenhalle ein Markenzeichen von Au sei. Sailer könnte sich vorstellen, die alte Hopfenhalle für den kommunalen Wohnungsbau zu verwenden. Dann allerdings am besten ohne Investor, weil der Wohnraum sonst wieder zu teuer werden würde.

Wie sich die Marktgemeinde in Zukunft entwickeln soll, darüber machen sich die Kandidaten natürlich auch Gedanken. Michael Hagl und die GoL setzten auf einen Gemeindeentwicklungsplan für die nächsten 25 Jahre. Sie stören sich an der ihrer Ansicht nach fleckerlweisen Ausweisung von Bauland in der Vergangenheit. Auf maßvolles Wachstum setzt die FWG in dem Bewusstsein, dass auch Au dem Siedlungsdruck in der Region ausgesetzt ist. "Mit Fingerspitzengefühl", wie Marktrat Stefan Grünberger betonte. Die FWG will zunächst den Leerstand im Ortskern für die Schaffung von Wohnraum nutzen. "Eine lebenswerte Heimat und kein 0815-Schlafort" solle Au bleiben, forderte Martin Linseisen (CSU/PfW). Darum lehne man den Bau einer dritten Startbahn am Flughafen ab. Diese würde nur noch mehr Leute wegen der Arbeitsplätze in die Region locken.

Vision von Sailer und der FWG ist es, wieder ein Freibad in Au zu bauen. Da werden noch einige Jahre ins Land ziehen. Kurzfristig will der Bürgermeisterkandidat der CSU/PfW, Michael Hillebrand, die Rathausverwaltung effektiver gestalten und Aufgaben delegieren. "Es muss nicht alles der Bürgermeister machen", sagt er. In Bälde muss sich der Marktgemeinderat mit der Frage beschäftigen, ob er den Vertrag mit der Jugendreferentin Veronika Hartl und dem Kreisjugendring verlängern will. Manch aktueller Gemeinderat ist der Auffassung, dass die Jugendarbeit bei den ortsansässigen Vereinen, wie etwa bei der Kolpingsfamilie, genauso gut aufgehoben sei. Einen Jugendraum wünscht sich die GoL. Sailer erteilt einem Jugendzentrum eine klare Absage. Ein solches gehöre nicht in eine Ortschaft wie Au, sondern in eine Stadt.

Um vor der Kommunalwahl ein wenig Orientierung zu liefern, berichtet die Freisinger SZ täglich über den Wahlkampf in einer Gemeinde, die örtlichen Themen und die unterschiedlichen Kandidaten. Alle Berichte, Reportagen und Analysen zur Kommunalwahl 2020 finden sich auch online: www.sueddeutsche.de/thema/Kommunalwahl_in_Freising.

© SZ vom 05.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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