Au in der Hallertau:Angst vor Milben und Gestank

Im Landkreis sind gleich zwei Geflügelmastbetriebe geplant: Gegner und Befürworter diskutieren vor laufenden Kameras

Kerstin Vogel

So richtig aneinander geraten sind die Kontrahenten erst nach der Sendung in privaten Gesprächen - zum Beispiel Josef Popp, der Vorsitzende des Tierschutzvereins, mit Sebastian Hörndl vom Geflügelzüchterverband.

Zuvor hatten Gegner und Befürworter von Hähnchenmastanlagen im Schlossbräukeller der Auer Brauerei eine dreiviertel Stunde lang vor laufenden Kameras des Bayerischen Fernsehens Argumente ausgetauscht - und Moderator Tilmann Schöberl hatte für die Sendung "Bürgerforum live" professionell dafür gesorgt, dass die Auseinandersetzung nicht eskalierte.

Zwei ähnliche Projekte sorgen derzeit im Norden des Landkreises für Aufregung: In Moos bei Zolling plant der Landwirt Martin Felsner eine Geflügelmast mit knapp unter 40000 Hühnern, in Rohregg bei Au ist es die Familie Huber, die so eine Aufzuchtanlage bauen will, mit ebenso vielen Tieren - allerdings versehen mit dem Siegel Bio.

Beide Vorhaben sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie Josef Kapfelsberger vom Landratsamt und der Auer Bürgermeister Karl Ecker bei der Diskussion am Mittwoch einmal mehr bestätigten: Es handelt sich jeweils um privilegierte Vorhaben im Außenbereich, die bei Einhaltung bestimmter Vorgaben genehmigt werden müssen.

Die Gegner fürchten jedoch die Emissionen, die von derartigen Betrieben ausgehen: Ammoniak, Bioaerosole (luftgetragene Mikroorganismen), Milben und - ganz profan - Gestank. Dass die von Schöberl formulierte Vorstellung, in der Hallertau würden Menschen und Tiere noch idyllisch zusammenleben, so wohl schon bald nicht mehr stimmt, diese Auffassung vertrat etwa Margarete Reuschlein.

Sie hat in unmittelbarer Nachbarschaft der geplanten Hühnermast in Au eine Pferdezucht aufgebaut und fürchtet nun um ihre Existenz - auch, weil die "Ausdünstungen" ihre Zuchtstuten samt Fohlen bedrohen könnten. Ähnliche Befürchtungen äußerte Tanja Rübelmann, die in der Nähe des in Moos geplanten Betriebes lebt. Sie berief sich auf eine aktuelle Studie von Ärzten aus Norden, die eine Gesundheitsgefährdung rund 500 Meter um eine Hühnermast belege.

Josef Popp und Wolfgang Waschkowski vom Landesbund für Vogelschutz kritisierten vor allem die tierschutzwidrigen Bedingungen, die in einer derartigen Massentierhaltung herrschten. Tatsächlich ist schwer vorstellbar, wie auf einem einzigen Quadratmeter 24 Hühner artgerecht leben sollen - das Bayerische Fernsehen hatte extra das Modell eines Quadratmeters mit nur einem Huhn darauf mitgebracht.

Bäuerin Franziska Huber aus Rohregg verteidigte ihre Mastanlage trotzdem. Man halte sich an strenge Bio-Richtlinien, betonte sie, die Küken, die geliefert würden, stünden die ersten 18Wochen im Stall auf Stroh, anschließend kämen sie für zehn Wochen in den Wintergarten, wo sie Stroh und Sand zur Verfügung hätten - "das ist ein schönes Aufzuchtverfahren", keine Tierfabrik.

Huber war es auch, die auf einen entscheidenden Punkt in der Auseinandersetzung hinwies: Die Nachfrage nach Hühnerfleisch steigt bundesweit, doch wenn die Bauern mit Hühnern Geld verdienen wollen, brauchen sie eine bestimmte Anzahl: Die "Rentabilitätsschwelle" liegt laut Huber bei 24000 Exemplaren. Gerhard Stock, Kreisgeschäftsführer des Bauernverbands in Freising, argumentierte, dass das Ausland schon einspringen werde, wenn die Hühner aus der Region zu teuer würden. Das könne man doch auch nicht wollen.

Die Verbraucher seien nicht bereit, das Doppelte zu zahlen, nur um Biohühner von kleinen Höfen essen zu können - dieses Argument führte auch Josef Bachmeier von der Firma Wiesenhof, für deren Bedarf die Mastbetriebe gebaut werden, ein ums andere Mal ins Feld. Nur 0,5 Prozent betrage der Anteil von Biohühnern am Gesamtkonsum, so Bachmeier: "Der Verbraucher entscheidet."

Bio-Bauer Toni Wollschläger aus Freising hielt dem allerdings andere Zahlen entgegen: Er sah den Anteil bereits bei fünf Prozent - Moderator Schöberl korrigierte sogar auf 7,3 Prozent. Auch das sei natürlich nicht viel, sagte er - und Wollschläger räumte ein: "Das ist ein langsamer und mühevoller Weg, aber man darf eben nicht nur den monetären Bereich sehen."

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