Volksmusik-Happening in Au:Gute Stube der Freiluftmusik

Volksmusik-Happening in Au: Das jüngste Mitglied der sechs Lustigen Fünf durfte bei seinem Auftritt beim Dellnhauser Volksmusikfest im Sitzen spielen.

Das jüngste Mitglied der sechs Lustigen Fünf durfte bei seinem Auftritt beim Dellnhauser Volksmusikfest im Sitzen spielen.

Beim achten Dellnhauser Volksmusikfest erleben mehr als 25 000 Besucher ein Festival der bayerischen Lebensart. Zur frohsinnigen Atmosphäre des Festes tragen die vielen improvisierten Auftritte abseits der Bühnen bei.

Von Christoph Dorner, Au

Musikfestivals werden immer beliebter. Die unweigerliche Trennung zwischen den Stars auf der Bühne und in abgeschirmten Backstage-Bereichen und dem einfachen Publikum, dass sich in der Hitze und im Staub die Beine in den Bauch steht, vermag ein Festival für junge Leute meist nicht aufzulösen. Das Dellnhauser Volksmusikfest, das von Mittwoch bis Sonntag bei hochsommerlichen Temperaturen 70 Musikgruppen und mehr als 25 000 Besucher aus ganz Bayern nach Au in die Hallertau lockte, ist da anders.

Denn es ist im besten Sinne volkstümlich. Die Musiker kommen in Au aus dem Publikum und mischen sich nach ihren Auftritten am Wochenende auf den fünf Bühnen wieder gut gelaunt unter die Leute. Oder sie musizieren gleich inmitten der Biertische im Bierzelt am Marktplatz wie etwa die Blasmusik Hohenkammer. Wie man Volksmusik inszeniert, ohne ständig "ein Prosit der Gemütlichkeit anzustimmen", haben die meisten der Gruppen in Au verstanden. Darum ist das Volksmusikfest mit einem oft etwas steifen Altstadtfest nicht vergleichbar. Es ist vielmehr ein gemütliches und frohsinniges Happening der bayerischen Lebensart in einer überdimensionalen Freiluftmusikstube, bei dem auch abseits der Bühnen viel passiert.

Am Straßenrand trötet ein kleiner Bub die Nationalhymne, nebenan trällern ein paar Burschen Gstanzl

Da spielt also am Samstagnachmittag, quasi zwischen zwei Schluck Bier, eine Blaskapelle mit hochroten Köpfen im Biergarten im Gasthaus Bergsteffl. Auf einer Bierbank vor dem Gasthof Rosenwirt singt das Oberaudorfer Musikkabarett-Duo Mare & Miche zwischen zwei Auftritten einfach so für die Passanten. Auch die Herrschaften des Fördervereins für baierische Sprache und Dialekte haben sich an ihrem Stand vor der Schlossbrauerei am Nachmittag warmgesungen und wollen gar nicht mehr aufhören. Ein paar Burschen trällern derweil an einem Marktstand mit Musikinstrumenten in fast schon übertriebener Feinfühligkeit Gstanzl und bekommen als Dank einen Gläschen Schnaps. Am Straßenrand ein paar hundert Meter weiter trötet ein kleiner Bub in Tracht auf seiner Trompete die Nationalhymne. Er weiß am Ende gar nicht mehr, wohin mit dem ganzen Kleingeld, dass ihm Passanten in seinen Koffer werfen.

Volksmusik-Happening in Au: Wie Süß! Nachwuchstrachtler mit Zuckerwatte.

Wie Süß! Nachwuchstrachtler mit Zuckerwatte.

(Foto: Marco Einfeldt)

Und eine Schweizer Trachtengruppe aus dem Kanton Luzern musiziert und tanzt kurzerhand in der Schmiedgasse, weil vor der Bühne im Biergarten der Weinstube kein Platz für sie ist. Es ist herzerwärmend, ihnen in ihren schweizer Trachten bei ihren fidelen Volkstänzen zuzusehen. Dann packen sie ihre Instrumente auf einen Kinderfahrradanhänger, an dem die Schweizer Fahne hängt, grüßen in die Runde und verabschieden sich bis zu ihrem Auftritt am Sonntag. Ein größeres Publikum gibt es bei diesen improvisierten, unverstärkten Momenten nicht. Aber sie machen das Flair des Festes aus.

Natürlich gibt es am Samstag auch besondere Auftritte. Die Kinder der Grundschule Au führen ein Singspiel auf. Bei der Trachtenmodenschau im Schlossgarten zeigt sich kurz der Wirtschaftsfaktor hinter der Volksmusikbewegung, ehe die Dellnhauser Musikanten mit Tanzmeisterin Katharina Mayer zu bayerischen Paartänzen wie dem Dreher einladen.

Zwei heftig beklatschte Konzerte spielt die Gruppe Neurosenheimer, die mit ihrer "bayerisch neurotischen Lebensmusik", die in ihrer Geschichten Witz und Alltagsmoral kombiniert, sehr gut ankommt. Mit ihrem ironischen "Lied ohne Inhalt" wollen es die vier Musiker aus Rosenheim bis ins Radio schaffen. Das Publikum in Au hätte sicher nichts dagegen.

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