Eigentlich war vor zwei Jahren alles klar: Das Gebäude, in dem sich der Kindergarten Maria de la Paz in Au befindet, ist mehr als 100 Jahre alt. Es entspricht nicht mehr modernen Anforderungen, ist nicht barrierefrei und der Keller feucht. Der Marktgemeinderat hatte deshalb beschlossen, eine neue Kindertagesstätte auf dem ehemaligen Grundstück des Bauhofs an der Schlesischen Straße zu errichten. Womit die Gemeinderätinnen und -räte nicht gerechnet hatten, ist die Emotionalität, mit der der Kindergarten besetzt ist. Viele Auerinnen und Auer fühlen sich an ihre Kindheit erinnert. Immer mehr Stimmen erhoben sich mit der Bitte, den Kindergarten zu erhalten. Zuletzt haben 1100 Bürgerinnen und Bürger aus Au den Bürgerantrag „Erhaltet den Kindergarten Maria de la Paz als Kindergarten“ unterschrieben.
Der Vorwurf wurde Anfang des Jahres laut, der Marktgemeinderat habe die Zukunft des Kindergartens Maria de la Paz überwiegend hinter verschlossenen Türen verhandelt und das Ergebnis unzureichend kommuniziert. Das weist Bürgermeister Hans Sailer (FWG) entschieden zurück. Der Gemeinderat hatte sich einstimmig für das vorgeschlagene Konzept ausgesprochen. Er habe dies auf zwei Bürgerversammlungen angesprochen.
Die Initiatoren der Bürgerinitiative fühlten sich dennoch überrumpelt. Hätten sie vielleicht aber nicht müssen, denn Bürgermeister Sailer hatte das Vorhaben im Juli 2022 des langen und breiten in der Gemeinde-Info erklärt. Zum einen wachse der Bedarf an Kindergartenplätzen zunehmend, zum anderen seien die Möglichkeiten im jetzigen Kindergarten „Maria de la Paz“ sehr begrenzt. Die Räumlichkeiten entsprächen bei Weitem nicht mehr den heutigen Anforderungen. „Es fehlen Speiseräume, Sozialräume, ein behindertengerechter Zugang und vieles mehr. Mit der notwendigen Grundsanierung des Kindergartens wären so viele Veränderungen im Gebäude notwendig, dass der innere, historische Charakter des Gebäudes verloren geht.“
Zudem, erklärte Sailer, wäre eine sehr langwierige, aufwendige und kostenintensive Trockenlegung der Grundmauern notwendig, um dem hohen Anspruch an einen zeitgemäßen Kindergarten gerecht zu werden. Gegen eine Erweiterung des Kindergartens spricht auch die Verkehrssituation. Die sei schon jetzt zu den Stoßzeiten, in denen die Kinder morgens gebracht und am Nachmittag wieder abgeholt würden, alles andere als optimal.
Ein Bürgerbegehren soll vermieden werden
Eine Renovierung des historischen Gebäudes ist zwar notwendig, doch könnte es in saniertem Zustand später für soziale oder kulturelle Zwecke genutzt werden. Dafür seien die Anforderungen nicht zu hoch. „Der Marktgemeinderat möchte das schmucke historische Gebäude auf jeden Fall erhalten, für mögliche Nutzungen gibt es schon viele Ideen“, schreibt Sailer im Gemeindeblatt.
Für fast zwei Jahre war das Vorhaben offenbar aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden. Doch im Frühjahr hatte sich eine Bürgerinitiative zum Erhalt des 1902 am Klosterberg erbauten Gebäudes gegründet. Birgit und Karl-Heinz Kodritsch sowie Elternbeiratsvorsitzender Lorenzo Schröer haben Unterschriftenlisten für einen Bürgerantrag zum Erhalt der Tagesstätte im ehemaligen Kloster in Umlauf gebracht. Sie fänden es schade, das Gebäude im schlimmsten Fall leer stehen zu lassen. Das Gebäude könne man durchaus sanieren, auch eine Erweiterung auf dem Grundstück sei möglich.
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Die geplante Abschaffung der Freiflächengestaltungssatzung löst eine Protestwelle aus. Freisings Stadtbaumeisterin hält diese Entscheidung für eine Katastrophe. Der Bund Naturschutz befürchtet eine wachsende Zahl an Schottergärten.
Was der Auslöser für das plötzliche Interesse am Kindergarten Maria de la Paz und die daraus resultierende Unterschriftenliste war, das weiß Sailer nicht. „Da war ich ein bisschen überrascht“, gibt er zu. Und der Bürgermeister hält die Fragestellung für verfänglich. „Sind Sie für den Erhalt des Kindergartens Maria de la Paz? Das hätte ich auch unterschrieben.“ Sailer fragt sich indes, wie er die Informationen an die Leute bringen soll. Die Bürger-Info werde offenbar kaum gelesen, genauso wie sich Bürgerinnen und Bürger in der Marktgemeinde seltener über Zeitungen informierten. Von Gemeinderäten und Gemeinderätinnen, die aktiver als er in den Sozialen Medien unterwegs sind, weiß er, dass „sich dort lange Zeit nichts gerührt hat.“
Im Juni rief der Marktgemeinderat zu einer Informationsveranstaltung zum Kindergarten Maria de la Paz auf. Dazu waren etwa 100 Interessierte in die Hopfenlandhalle gekommen. Kindergarten-Leiterin Anja Brunner schilderte laut Hallertauer Zeitung die Zustände in dem alten Gemäuer. So befinde sich der Turnraum im ersten Stock. Aufgrund des dort eingebauten Fehlbodens wackelten beim Toben der Kinder die Lampen in dem sich darunter befindenden Gruppenraum. Die Räume seien für so viele Kinder nicht ausreichend. Das Personal habe kein eigenes Zimmer, sondern müsse sich auf dem Boden des Turnraums sitzend besprechen.
In einem offenen Brief haben Birgit Kodritsch, Alfred Baur und Elternbeiratsvorsitzender Lorenzo Schröer von der Bürgerinitiative im Juli ihre Argumente noch einmal zusammengefasst. Eine Erweiterung in Modulbauweise sei ihrer Ansicht nach platz- und bautechnisch möglich, auch unter Erhalt des parkähnlichen Gartens. So habe ein in Au wohnender Architekt argumentiert, dass die baulichen Mängel durchaus behoben werden könnten. Auch ein modernes Raumkonzept sei möglich.
Das Gelände Maria de la Paz mit etwa 3750 Quadratmetern Fläche biete viel Potenzial für Erweiterungen, selbst für den Naturkindergarten. Mit möglichen Zukäufen könne dieses auf 9500 Quadratmeter erweitert werden. Auch der Naturkindergarten könnte integriert werden und die in Maria de la Paz vorhandene Infrastruktur nutzen.
Die Argumente sind nun ausgetauscht. Am Dienstag, 17. September, diskutiert der Marktgemeinderat in der Hopfenlandhalle ein weiteres Mal über die Zukunft des Kindergartens und den Bürgerantrag, so wie es sich die Bürgerinnen und Bürger zuletzt gewünscht hatten. Sailer hofft, dann die Zweifelnden von der eingeschlagenen Vorgehensweise überzeugen zu können. Denn sollte es tatsächlich zu einem Bürgerbegehren kommen, dann ginge sehr viel Zeit verloren.
Als „Mädchenschulhaus mit Kleinkinderbewahrungsanstalt“ ist Maria de la Paz am 29. September 1903 eingeweiht und an die Armen Schulschwestern übergeben worden. 1968 erfolgte die Erweiterung um einen 100 Quadratmeter großen Anbau. 1973 wurden zwei Klassenzimmer aufgelöst, dafür zog eine dritte Kindergartengruppe ein. Das Kloster der Armen Schulwestern wurde 1995 aufgelöst, die Räume für fünf Kindergartengruppen erweitert. Seither fanden am und im Gebäude mehrere Sanierungsarbeiten statt.