Pfettrach ist ein kleiner Ortsteil der Gemeinde Attenkirchen. Das landwirtschaftlich geprägte Dorf ist idyllisch gelegen: nördlich des Hauptorts, abseits der Bundesstraße B 301. Jetzt überlegt die Gemeinde Attenkirchen, dort einen riesigen Solarpark zu genehmigen. 21 Hektar soll er umfassen, das ist den Pfettrachern - Energiewende hin oder her - schlicht zu viel. Denn zwei Freiflächenanlagen befinden sich bereits in Dorfnähe. Während einer Informationsveranstaltung brachten sie jetzt ihre Bedenken gegen das neue Projekt vor. Zu nah am Dorfkern, lautete ein Einwand, Verschandelung der Landschaft durch die Solarpaneele ein anderer.
Stand der Dinge in der Gemeinde ist folgender: Zwei sogenannte Agri-Photovoltaikanlagen sollen auf Attenkirchener Flur entstehen. Das sind Anlagen, unter denen Landwirtschaft möglich ist. Zum Beispiel durch Beweidung, Anbau von Beerensträuchern, Baumschulen oder der Ansiedlung von Bienenvölkern, sagte Projektentwickler Constantin Winkelmann von der Firma Energy Heroes. Eine Anlage soll bei Pfettrach entstehen, die andere bei Roggendorf. Die Gemeinde befindet sich derzeit in einer Sondierungsphase. Prinzipiell, hieß es jüngst während einer Gemeinderatssitzung, wolle man die beiden Projekte weiterverfolgen.

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Bürgermeister Mathias Kern (Wir) will aber nichts über die Köpfe der Bürger hinweg entscheiden. Vor allem möchte er vermeiden, dass ob des kontroversen Themas unter den Dorfbewohnern Zwietracht entsteht. "Man muss dem Nachbarn ja noch in die Augen schauen können", betonte er. Deshalb setzte Kern zwei Informationsveranstaltungen an, eine für Pfettrach, die andere für Roggendorf. Am Dienstagabend kamen im Attenkirchener Bürgersaal die Pfettracher zu Wort.
Prinzipiell hat wohl keiner der etwa fünfzig Anwesenden, unter ihnen viele Dorfbewohner, etwas gegen die Erzeugung von sauberem Strom. Am liebsten aber auf Hausdächern, wo sie als weniger störend empfunden werden als auf freiem Feld. Die Beweidung, etwa mit Schafen, wird durchaus skeptisch beäugt. Winkelmann versicherte, dass bei der Verpachtung der Fläche an Landwirte oder Wanderschäfer durchaus auf das Tierwohl geachtet wird. Er sei sich aber sicher, entgegnete ein Zuhörer, dass es nicht lang dauern werde, bis sich der erste über das Geblöke der Schafe aufregt.
Das "Tor zur Hallertau" darf nicht verschandelt werden
Ein zentrales Anliegen ist der Erhalt Attenkirchens als "südliches Tor zur Hallertau", wie die Gemeinde bisweilen bezeichnet wird. Das heißt, auf der überwiegend landwirtschaftlich genutzten Fläche gedeihen die ersten Hopfengärten des größten Hopfenanbaugebiets der Welt. "Das Tor zur Hallertau wird jetzt verschandelt", kritisierte ein Zuhörer. Doch die Hopfengärten seien seltener geworden, entgegnete eine Landwirtin. Attenkirchen sei ja nur ein Randgebiet der Hallertau. Aber andererseits: Solarparks können vor Erosion schützen.
Dennoch habe der Bau des Solarparks bei Pfettrach mit Landwirtschaft oder Kultur nichts mehr zu tun, lautet ein Einwand. Winkelmann erinnerte aber daran, dass die Monokulturen, in denen Mais und Raps für Biogasgewinnung angebaut werden, nebst den dazugehörigen Anlagen das Landschaftsbild nicht unbedingt gefördert hätten. Solarparks lösen Biogasanlagen ab, sie seien eine neue Form der Energiegewinnung.
Die Pfettracher wollen nicht auf ein Meer von Solarpaneelen blicken
Dennoch: Manche Pfettracher haben heute schon das Gefühl, sie wohnten in einem Paradies für Photovoltaik-Anlagen. Das sei ein "subjektives Empfinden", entgegnete Winkelmann. Viele Dorfbewohner schreckt die Vorstellung, von ihren Häusern aus auf ein Meer von Solarpaneelen zu schauen, ab. Sie bezweifeln, dass die beabsichtigte Anpflanzung von Hecken rund um den Solarpark einen ausreichenden Sichtschutz biete. Diese sind laut Winkelmann gut für die Biodiversität des Geländes. Die Hecken beförderten den Bestand an Vögeln und Insekten; allerdings sind sie im Winter, wenn die Blätter abgefallen sind, kahl.
Für viele ist es ein schwacher Trost, dass die geplanten Solarparks "nur" dreißig Jahre existieren sollen. Viel lieber würden sie weiterhin ihre Blicke über Weizenfelder oder den Kirchturm schweifen lassen. Manche fürchten den Wertverlust ihrer Häuser und Wohnungen. Welchen Weg die Gemeinde bei der Ausweisung von Solarparks beschreitet, wird sich in den kommenden Monaten entscheiden. Und wenn es sein muss, auch über den Weg eines Bürgerentscheids, sagte Bürgermeister Kern. Den Aufwand dafür scheut er nicht.