Artenvielfalt:Wildblumen im Acker erwünscht

Artenvielfalt: Ein Herz für das, was da blüht und kreucht, hat Biobauer Toni Wollschläger, deshalb hegt er Wildkräuter im Dienst der Wissenschaft.

Ein Herz für das, was da blüht und kreucht, hat Biobauer Toni Wollschläger, deshalb hegt er Wildkräuter im Dienst der Wissenschaft.

(Foto: Marco Einfeldt)

Auf den Feldern von Biobauer Toni Wollschläger dürfen Unkräuter wachsen, die Bodenbearbeitung hat er wegen der empfindlichen Pflanzen etwas reduziert. Das Ergebnis begeistert auch Wissenschaftler der TU München

Von Alexandra Vettori, Moosburg

"Artenvielfalt kann jeder", unter diesem Motto stellt die SZ in den nächsten Wochen Menschen vor, die es nicht beim Klagen und Schimpfen belassen, sondern selbst aktiv werden. Im eigenen Garten, auf dem Balkon, am Haus schaffen sie kleine Naturinseln, in denen Insekten, Vögel und Kleingetier Lebensraum finden.

"Seit 29 Jahren komplett bio", so beschreibt Anton Wollschläger, Landwirt aus Langenpreising bei Moosburg, seine Wirtschaftsweise, mittlerweile auf über 100 Hektar. Hauptsächlich baut er Weizen für die Hofpfisterei an, dazu Hafer für den Müslihersteller Barnhouse, Kartoffeln, und im Stall stehen Ochsen, die über Tagwerk vermarktet werden.

So weit, so normal für einen Biobauern, doch was Toni Wollschläger, auch bekannt als Grünen-Fraktionssprecher im Freisinger Kreistag, seit mittlerweile fünf Jahren betreibt, geht darüber hinaus. Denn er baut auch Ackerwildkräuter im Dienst der Wissenschaft an, früher hätte man Unkräuter gesagt, doch das wird langsam zum Unwort. "Wir reden da nicht von irgendwelchen Disteln, die tatsächlich Ernteeinbußen verursachen. Es sind zehn Zielarten von Wildkräutern, die stören keinen und trotzdem gibt es sie eigentlich nicht mehr, weil sie die Intensivlandwirtschaft nicht aushalten", erklärt Wollschläger. Der gemeine Frauenspiegel ist so eine Blume, "wunderschön", sagt Wollschläger, der Acker-Rittersporn oder der Steinsame. Der Samen für die fast ausgestorbenen Wildblumen, die ihrerseits Voraussetzung für das Vorkommen bestimmter Insekten sind, kommt von der Pullinger Firma Krimmer.

Damit die Wildkräuter im Acker auch wachsen, hat Toni Wollschläger ein wenig umdenken müssen. Pestizide und andere Chemikalien kommen ohnehin nicht aufs Feld, doch damit die empfindlichen Wildkräuter überleben, musste er auch die Bodenbearbeitung etwas zurück nehmen. Auf zwei Hektar erstreckt sich der Versuch, mit dem die Technische Universität München die Entwicklung der Pflanzen und des Artenspektrums erforscht. Die federführende Wissenschaftlerin, erzählt Wollschläger, sei beim Anblick des Feldes, in dem auch die Blümchen prächtig gedeihen, ganz aus dem Häuschen gewesen. "Sie hat das zum ersten Mal in der Fläche gesehen und kannte bisher nur Fotos." Dass es in dem Feld jetzt wieder viele Käfer und Insekten gibt, habe sie auch bestätigt, welche, da muss Wollschläger passen: "Sein's mir nicht böse, aber die beschäftigen da auch extra einen Biologen."

Ertragseinbußen, das kann der Biobauer sicher sagen, hat er durch die zehn Zielarten jedenfalls keine. Und selbst wenn, da kommt er auf ein Thema, das den 56-Jährigen umtreibt: "Wenn ich nur noch den Geldbeutel im Kopf habe, da fahren wir doch gegen die Wand." Auch er müsse eine Familie ernähren, aber Ziel sei es doch, den Spagat zwischen allgemeinem und eigenem finanziellen Interesse hinzubekommen. "Ich kann doch nicht hergehen, nur weil ich ein Wirtschaftsbetrieb bin, und alles meinem Gewinnstreben unterwerfen." Das gelte auch für Landwirte. Sauberes Trinkwasser, eine intakte Umwelt, Artenvielfalt, das seien ebenfalls wichtige Anliegen, die nicht hinter dem Gewinnstreben Einzelner stehen dürften.

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